Die hundert Stühle im Bürgersaal des Öhninger Rathauses reichten bei der Podiumsdiskussion zum Augustiner Chorherrenstifts nicht aus: Es mussten mehr Sitzgelegenheiten her und am Ende standen interessierte Bürger sogar, um etwas über die Zukunft des bedeutenden historischen Gebäudes in ihrer Gemeinde zu erfahren. Um es vorwegzunehmen: Sie wurden enttäuscht.
Denn die wichtigen Fragen der zukünftigen Gesamtnutzung, der ungeklärten Eigentumsverhältnisse und der weiteren Finanzierung der nötigen Sanierung blieben ungeklärt.
Pfarrer kann nur wenig sagen
Barbara Paul übernahm bei der Veranstaltung die Moderation, stellte Leitfragen in den Raum und trug Gedanken zusammen. Während die Kommune ihrem Part, der Fertigstellung eines Hotels mit zehn Zimmern und Gastronomie im Ostflügel, in Kürze entgegensieht, ist es unklar, wie die Kirche ihre Räume nutzen will. Pfarrer Heinz Vogel, erst seit kurzem auf der Höri im Amt, sah sich außerstande, hierzu Aussagen zu machen. Denn ein Vertreter der Erzdiözese Freiburg hatte sich ebenso wie Sieglinde Neyer-Bedenk vom Amt für Vermögen und Bau Konstanz am Veranstaltungstag abgemeldet.
So blieben Statements hoffnungsvoll, aber auch kritisch und zu vage, um verlässliche Aussagen für die Zukunft treffen zu können. Pfarrer Heinz Vogel ließ durchblicken, dass die Kirchengemeinde, die immer involviert war, durchaus Räume benötige. Für welche Nutzung, ließ er aber offen.
Große Herausforderung
Landrat Zeno Danner schlug vor, dass Land und Kirche sich zusammenraufen müssten: „Es muss nicht jeder Meter definiert werden, wem was gehört. Als Baugenehmigungsbehörde sind wir da, wenn es etwas zu unterschreiben gibt.“ Und Nese Erikli, Landtagsabgeordnete der Grünen, versicherte, dass Baden-Württemberg bereits viel Geld in das Augustiner Chorherrenstift gesteckt habe: „Das Land wird das Chorherrenstift nach bestmöglichem Können wieder beleben.“
Es bleibe aber eine große Herausforderung. Sie verwies darauf, wie erfolgreich die Höri Musiktage und das Kultur Konvent Öhningen gezeigt hätten, wie das Stift wieder genutzt werden könne. Hierzu gab es Anschub-Finanzierungen sowie institutionelle Förderung und Projekt-Förderung.
Ärger der Bürger
Hilde von Massow, die seit 2017 mit ihrem Team erfolgreich daran arbeitet, das Chorherrenstift mit kulturellem Leben zu füllen, sprach den Öhninger Bürgern aus der Seele: „Sie verlieren das Interesse und empfinden es als großes Ärgernis, dass die jahrelangen Verhandlungen zu keinem Ende führen. Bei Nachfragen werde jedes Mal gesagt: Wir stehen kurz vor einem Abschluss. Das Chorherrenstift ist naturgemäß ein Ort für Kultur. Wir haben gezeigt, dass Kultur auch andere Nutzungen aufwerten kann.“
Auch die Mitglieder des Gemeinderates, Michael Otto und René Zimmermann, bekräftigen, dass endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden müssen: „Wir wünschen uns, dass alle Aktivitäten miteinander verknüpft werden und die Bürger nach zwölf Jahren endlich Erfolge sehen.“
Workshop vorgeschlagen
Die sich anschließenden Aussagen und Fragen aus den Reihen der Zuhörer zeigten, wie groß die Frustration ist, dass das Baudenkmal in ihrem Ort nicht umfänglich genutzt werden kann. Es sei fraglich, ob die Kirchengemeinde das Gebäude überhaupt nutzen werde, konstatierte ein Bürger. Man könne ein Kulturzentrum etablieren, wurde vorgeschlagen, aber das Land sei in der Verpflichtung. Oder könne, wer bezahle, auch die Nutzung bestimmen?
Der Vorschlag von Nese Erikli, einen Bürgerdialog und Workshops zu etablieren, um die Bevölkerung mit einzubeziehen und Vorschläge für die Nutzung zu gewinnen, ließ auf Realisierung hoffen.