Kaum sind die Kälberboxen geöffnet, springen Sissi, Sofi und Sunny lebhaft über die Wiese vor dem Kuhstall des Sonnhofs in Güttingen. Die drei orange-weißen Kälber sind voller Energie und für Ulrich Aichem, seiner Partnerin Tabea Honstetter und ihre beiden Kinder Magdalena und Ella nur schwer zu bändigen. Doch bei Sissi, Sofi und Sunny handelt es sich nicht um irgendein Kälber-Trio, sondern um Geschwister – und damit sehr seltene Drillinge.
Sie hätten schon am Morgen des 19. Juni so eine Ahnung gehabt, dass die Mutterkuh Sassy bald kalben wird, erinnert sich die Landwirtin Tabea Honstetter. „Wir haben am Frühstückstisch noch darüber gesprochen“, erzählt sie.
Erfreuliche Überraschung
Wenig später war es tatsächlich so weit: Am Vormittag seien die drei Fleckvieh-Kälber dann im Stall zur Welt gekommen, berichtet Ulrich Aichem. Er sei zu diesem Zeitpunkt dort gewesen und habe somit die Geburt beaufsichtigen können. „Ich habe schon beim ersten Kalb gesehen, dass es sehr klein war“, sagt er. Ein Anzeichen für eine Zwillingsgeburt, erklärt der Landwirt. Mit Drillingen habe er da aber noch nicht gerechnet. Denn vor der Geburt könne man noch nicht genau sagen, wie viele Kälber eine trächtige Kuh gebären wird.
Nach der Geburt des zweiten Kalbs, bei der er etwas habe helfen müssen, dann die Überraschung: „Da war noch ein drittes“, schildert Ulrich Aichem. Ein unerwartetes und ungewöhnliches Ereignis. Denn auf dem Hof der Familie Aichem werden jedes Jahr zwar rund 90 Kälber geboren, berichtet der Landwirt. Und darunter seien jedes Jahr auch mehrere Zwillingsgeburten. Doch Drillinge seien im Gegensatz dazu deutlich seltener – vor allem gesund und munter. „Es ist nicht selbstverständlich, dass alle leben“, so Ulrich Aichem. Eine Drillingsgeburt, bei der auch alle Kälber überlebt hätten, habe es bei ihnen auf dem Hof zuletzt vor mehr als 20 Jahren gegeben, schätzt er.
Niedrige Überlebenswahrscheinlichkeit bei Drillingsgeburten
Doch wie selten sind Drillingen bei Kühen tatsächlich? Im Südwesten kamen laut dem Jahresbericht 2023 des Landesverbands Baden-Württemberg für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht über 250.000 Kälber zur Welt. Hans-Jürgen Seeger, Tierarzt vom Rindergesundheitsdienst in Aulendrof, schätzt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Drillingsgeburt bei etwa 1 zu 10.000 liegt.
Dass dabei auch alle Kälber überleben, sei nochmal deutlich seltener. Bei Drillingsgeburten gebe es häufiger mal Totgeburten. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Kälber überleben, liege schätzungsweise unter 50 Prozent, womöglich sogar nur bei 25 Prozent, vermutet Seeger.
Doch bei der Geburt der drei Kälber auf dem Sonnhof in Güttingen sei zum Glück alles relativ problemlos verlaufen, berichtet Aichem. Eines der Kälber sei zwar eine Steißgeburt gewesen, so der Landwirt, doch das sei nichts Schlimmes. Bei einer Steißgeburt liegt der Nachwuchs verkehrt herum in der Gebärmutter.
Nicht die erste Mehrfachgeburt
Es ist nicht das erste Mal, dass es auf dem Sonnhof in Güttingen zu einer besonderen Mehrfachgeburt kam – zuletzt geschah das vor etwa fünf Jahren. Damals waren es nicht drei, sondern gleich vier Kälber, die das Licht der Welt erblickten. „Ein Lottogewinn ist wahrscheinlicher als Vierlinge“, scherzt Tabea Honstetter. Die Vierlinge seien in vielen Medien gewesen, selbst bis in die USA hätte es die Nachricht über die Mehrfachgeburt geschafft.
Im Gegensatz zur diesjährigen Drillingsgeburt hatte die Vierlingsgeburt im Jahr 2018 aber auch eine traurige Seite. Zwar hatten damals alle vier Kälber überlebt, doch die Mutterkuh Ella hatte die Strapazen der Geburt nicht überstanden. Sie war trotz aller medizinischen Bemühungen wenige Tage danach verstorben.
Wie geht es den Kälbern und der Mutter?
Diesmal scheint alles besser zu verlaufen. „Alle Kälber waren von Anfang an topfit“, erzählt der Landwirt aus Güttingen. Auch der Mutterkuh Sassy gehe es gut. Die Geburt habe sie nicht so stark belastet – sie sei ebenfalls bei bester Gesundheit. „Man ist immer glücklich über so einen Verlauf“, sagt er. Seine Lebensgefährtin pflichtet ihm bei: „Wenn es allen gut geht, ist das wirklich ein Glücksfall.“
Besonders erfreulich sei, dass alle drei Kälbchen weiblich seien – gerade, weil die Mutterkuh Sassy eine gute Milchkuh sei und die Zuchtlinie damit nun gleich dreifach fortgeführt werde. „Das ist das i-Tüpfelchen“, sagt die Landwirtin. Denn männliche Kälber behalten die Landwirte vom Sonnhof nicht bei sich, weibliche schon.
Doch wie geht es mit den drei munteren Damen weiter, deren Namen sich die Landwirtstochter Magdalena ausgedacht hat? Noch seien die rund vier Wochen alten Kälber aus Gesundheitsgründen getrennt untergebracht – zur Reduzierung der Ansteckungsgefahr bei Krankheiten. „Das ist generell immer so“, erklärt die Landwirtin vom Sonnhof. Doch nun sollen die drei gemeinsam mit den anderen Kälbern in den Kuhstall kommen.