Viele Branchen sind von der Corona-Pandemie betroffen. Aber kaum einen Geschäftszweig trifft es so hart wie die Veranstaltungsbranche. Dabei bangen nicht nur Künstler und Musiker um ihre Zukunft, sondern auch jene, die im Hintergrund dafür sorgen, dass die Bühne steht und Ton und Licht stimmen. Veranstaltungstechniker sind seit März praktisch arbeitslos. Wie empfinden sie die Situation? Und was geschieht hinter den Kulissen? Wir haben mit Christopher Kasa (32), dem Geschäftsinhaber von M&C Veranstaltungs- und Medientechnik in Radolfzell, gesprochen.
Herr Kasa, wo wären Sie gerade und an welchen Projekten säßen Sie, wenn es Corona nicht gäbe?
Unser Alltag bestand aus dem Aufbau und der Betreuung von Technik für Veranstaltungen. So waren wir etwa an Betriebsversammlungen, am Hausherren- und Altstadtfest und auch an der Fasnacht beteiligt. Dort haben wir Bühnen gestellt und uns um die Licht- und Tontechnik gekümmert. Das ist natürlich alles weggebrochen, aber wir haben das mittelgroße Glück, dass wir uns nicht nur auf Eventtechnik spezialisiert haben. Wir kümmern uns auch um die Ausstattung von Konferenzräumen und Klassenzimmern mit Medientechnik. Und da haben wir tatsächlich noch vereinzelte Projekte.
Das letzte Jahr wurde von Corona überschattet. Gab es trotzdem ein schönes Erlebnis, das Ihnen Mut gemacht hat?
Man kann die Krise tatsächlich von zwei Seiten sehen. Auf der einen haben wir natürlich rote Zahlen geschrieben. Auf der anderen war es für unser Personal ein Stück weit entspannt. Man hatte nicht mehr so viel Stress wie in den Jahren zuvor. Mut gemacht hat es uns, als einige Firmen ihre Veranstaltungen digitalisiert und wir im Bereich der Liveübertragung und Videotechnik mitgeholfen haben, weil wir da wieder das Gefühl bekamen, dass es weitergeht. Dass die Krise nicht endlos ist.
Und was war der Tiefpunkt des Jahres für Sie?
Das waren definitiv die Sommermonate. Im Februar und März gab es zwar schon die ersten Anzeichen für einen Corona-Stillstand, aber wir hatte damals die Hoffnung, dass die Hauptsaison ab Juni uns retten könnte. Und dann kam der Sommer und wir standen erst mal ratlos dar. Wir hatten im Vorjahr sechsstellig in die Saison investiert und mit den Aufträgen gerechnet, die fest auf dem Papier standen. Als die letzten Aufträge im Sommer abgesagt wurden, war das besonders hart.

Gibt es denn überhaupt noch Aufträge?
Nur noch sehr wenige. Wir sind weit entfernt von der Auftragslage, die wir sonst hatten und von der wir leben könnten. Wir haben jedoch das Glück, unsere treuen Kunden im Bereich der Konferenzraum- und Medientechnik weiterhin betreuen zu können und sind über jeden einzelnen sehr dankbar.
Was machen Sie aktuell mit so wenigen Aufträgen? Endlich ausspannen? Oder haben Sie umgesattelt auf andere Projekte?
Etwas völlig anderes machen, wollen wir nicht. Es gibt tatsächlich Kollegen in der Branche, die angefangen haben, Plexiglaswände zu schneiden, weil die gebraucht wurden. Oder die nebenher Gebäude entrümpeln. Ich finde auch gut, dass sie etwas tun, um über die Runden zu kommen. Aber für uns kommt das nicht in Frage. Wir wollen in dem Bereich bleiben, in dem wir uns auskennen – auch, weil wir hier viel Herzblut und Leidenschaft rein gesteckt haben. Wir haben deshalb angefangen, vermehrt an Ausschreibungen teilzunehmen und sind stolz, einige gewonnen zu haben.
Welche zum Beispiel?
Für das Stadtmuseum in Radolfzell haben wir etwa einen Audioguide entwickelt und programmiert. Über Smartphones und Tablets können die Besucher Informationen zu verschiedenen Ausstellungsstücken erhalten.
Wie sieht es finanziell bei Ihnen aus? Erhalten Sie staatliche Unterstützung?
Die staatliche Unterstützung war nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und es war auch sehr mühsam, sie zu beantragen. Dadurch, dass sich Rahmenbedingungen immer wieder geändert haben, wusste man manchmal gar nicht, was einem überhaupt zusteht. Wegen der wegfallenden Aufträge, haben wir Verluste im sechsstelligen Bereich gemacht – und ein Darlehen bei der Bank aufgenommen. Das war schon deshalb wichtig, weil wir einen Handlungsspielraum benötigen, um Handelsware vorzufinanzieren und gleichzeitig unsere Liquidität zu sichern.
Mal abgesehen von den finanziellen Aspekten, wie geht es Ihnen psychisch seit Corona?
Als die letzten Aufträge weggebrochen sind, habe ich mir den Kopf zerbrochen, wie es weitergehen soll. Es hängt ja viel hintendran. Ich habe Mitarbeiter, die auf der Straße sitzen würden, wenn wir aufgeben. Daher haben wir uns entschlossen, gemeinsam für unser Bestehen zu kämpfen. Ich habe das Unternehmen mit viel Eifer vor zwölf Jahren aufgebaut und es steckt viel Leidenschaft drin, da gibt man nicht einfach auf. Letzten Endes bleibt mir nur die Möglichkeit, die Situation mit Abstand zu betrachten, um Entscheidungen sachlich treffen zu können.
Mit welchem Gefühl schauen Sie jetzt ins neue Jahr?
Seien wir ehrlich: Selbst wenn in einem halben Jahr wieder Veranstaltungen stattfinden dürften, wird es vermutlich nur wenige geben. Die Planungen dazu müssten jetzt schon laufen, viele unserer Kunden haben sich aber schon jetzt für eine Absage entschieden. Es wird für uns also wieder ein schwieriges Jahr werden.
Was würden Sie sich für Ihre Branche wünschen?
Natürlich würden wir uns nichts mehr wünschen, als unseren Job, ohne eine gesundheitliche Gefährdung wieder wie gewohnt ausüben zu dürfen. Das sind in der aktuellen Situation aber leider Wunschgedanken. Wenn wir es realistisch sehen, bleibt uns nur die Hoffnung auf ausreichende finanzielle Hilfen, bei denen niemand durchs Raster fällt. Ich habe traurigerweise schon von Kollegen gehört, die ihren Betrieb schließen mussten.
Fühlen Sie sich nicht genug gesehen?
Nicht immer. Aber ich habe aber auch volles Verständnis für die Bundesregierung, die die Pflicht hat, die Bürger zu schützen. Veranstaltungen wären aktuell unverantwortlich.
Fragen: Daniela Biehl