Wie viele Vögel machen bei ihrem Zug in den Süden Halt in Radolfzell? Nimmt der Bestand ab? Und in welchem Zustand sind die Tiere? Fragen wie diesen sind Wissenschaftler des Max Planck-Instituts bereits in der Vergangenheit nachgegangen, von 1972 bis 2008 fanden dazu auf der Mettnau jährlich Zählungen statt.

Und sie tun es nun wieder: Anlässlich des 50. Geburtstages des Forschungsprogrammes wurde es in diesem Jahr neu aufgelegt. Seit Ende Juni werden daher Vögel auf der Mettnau gefangen, untersucht und registriert.

500 Meter Fangnetze auf der Mettnau

Wolfgang Fiedler ist Wissenschaftler am Max Planck-Institut in Möggingen und erklärt, wie das Projekt funktioniert. So seien im Gebiet hinter der Kur bis zum Markelfinger Winkel zwischen Bäumen und Schilf entlang von schmalen Stegen Netze gespannt worden – zusammengenommen rund 500 Meter. Damit werden Vögel gefangen, die die Stege kreuzen – „zuverlässig solche bis Amselgröße“, so Fiedler. Größere Arten würden sich nämlich einfach wieder befreien. Ehrenamtliche Helfer sammeln die gefangenen Tiere dann vorsichtig ein und bringen sie zu einer Forschungsstation am Rande der Netze.

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Kontrolliert werden die Netze ab dem frühen Morgen bis zur Dunkelheit mindestens jede Stunde, erklärt Fiedler, „wenn es regnet oder zu heiß ist, dann öfters“. Und in der Mittagshitze während diesen Sommers seien die Netze auch mal zusammengeschoben worden, damit in der Zeit keine Vögel gefangen werden – „selbst wenn es das Ergebnis ein bisschen verfälscht“, sagt der Wissenschaftler. Denn sie Sicherheit der Vögel gehe vor. Allerdings seien bei extrem hohen Temperaturen ohnehin weniger Vögel unterwegs gewesen.

Etwa 500 Meter Netz sind auf der Mettnau gespannt.
Etwa 500 Meter Netz sind auf der Mettnau gespannt. | Bild: Marinovic, Laura

Damit die Vögel zudem nur möglichst kurz festgehalten werden, werden die Helfer für den Umgang mit ihnen ausgebildet. „Wichtig ist, dass die Handgriffe sitzen und dass es möglichst schnell geht“, erklärt Wolfgang Fiedler. Übrigens nicht nur beim Einsammeln. Sondern auch bei der anschließenden Untersuchung.

Schnelle Untersuchung in der Forschungsstation

Denn in der Forschungsstation werden die gefangenen Vögel erst einmal beringt und registriert. Anschließend werden sie untersucht – welches Geschlecht haben sie, wie viel wiegen sie, wie groß sind sie. Das alles geht nur wenige Minuten – bei erfahrenen Helfern sogar nur etwa eine Minute – ist aber wichtig für das Forschungsprojekt.

Die eingefangenen Vögel werden nicht nur beringt und registriert, sondern auch untersucht – und dabei unter anderem vermessen.
Die eingefangenen Vögel werden nicht nur beringt und registriert, sondern auch untersucht – und dabei unter anderem vermessen. | Bild: Marinovic, Laura

Denn das Ziel ist es, vergleichen zu können, was sich seit den früheren Zählungen verändert hat – also zum Beispiel, ob es mittlerweile weniger Vögel gibt, wie lange die Vögel sich auf der Mettnau aufhalten und in welchem Zustand sie sind.

So könne untersucht werden, welche Einflüsse Klimaänderungen sowie Lebensraumveränderungen auf der Mettnau haben. Um möglichst exakt vergleichen zu können, sei der Projektablauf genau gleich wie vor rund 15 Jahren, sogar die Netze seien an den gleichen Stellen angebracht.

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Wichtig ist bei dem Projekt: „Es geht um die Durchzügler“, betont Wolfgang Fiedler. So gebe es viele Vogelarten, die tagsüber auf der Mettnau Rast machen und nachts weiter zu ihren Winterquartieren in Richtung Süden ziehen. Zum Beginn des Herbstes seien es vor allem noch viele Vögel, die aus dem Bodenseeraum kommen, später auch nördlichere Arten. Zudem bleiben die Vögel im Herbst bei gutem Wetter auch etwas länger, um sich Fettreserven anzufressen, im November seien die Durchzügler dagegen nur für einen Tag da, es sei denn, das Wetter sei schlecht.

Was es bislang zu beobachten gab

Handfeste Ergebnisse aus den rund zwei Monaten, in denen das Projekt mittlerweile schon wieder läuft, kann Wolfgang Fiedler aktuell noch nicht. Allerdings sagt er: „Vom Bauchgefühl her sind die Fangzahlen nicht besonders hoch.“ Dabei könne aber auch die Trockenheit in der jüngsten Vergangenheit eine Rolle gespielt haben – denn durch sie habe es zum Beispiel an Mücken, und damit an einer Futterquelle, gefehlt.

Nach der Registrierung und Untersuchung werden die Vögel schnell wieder in die Freiheit entlassen.
Nach der Registrierung und Untersuchung werden die Vögel schnell wieder in die Freiheit entlassen. | Bild: Marinovic, Laura

Zudem sei bislang bemerkbar gewesen, dass Grasmücken gut auf der Mettnau vertreten sind, Rohrsäger gebe es dagegen gefühlt weniger als früher. Und es gebe kaum Tiere mit Krankheiten oder Zeckenbefall.

Projekt läuft erst einmal drei Jahre

In diesem Jahr läuft die Zählung noch bis zum 15. November – etwas länger als in der Vergangenheit, damals sei schon Anfang November Schluss gewesen. Allerdings habe sich herausgestellt, dass durch den Klimawandel immer länger Vögel auf dem Durchflug sind. Nach der Saison packen die Forscher die Netze dann zusammen – allerdings nur vorübergehend, denn im kommenden Sommer geht das Forschungsprojekt weiter. Insgesamt drei Jahre wird auf der Mettnau gezählt.

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Wie es danach weitergeht, kann Wolfgang Fiedler noch nicht sagen. Theoretisch könnte das Projekt danach fortgesetzt werden, denn die Genehmigung zur Beringung habe das Max Planck-Institut unbefristet vom Regierungspräsidium erhalten. „Wir halten uns das auf jeden Fall offen“, sagt der Wissenschaftler zu einer möglichen Verlängerung. Fest stehe allerdings bereits jetzt: „Wir können das nicht die nächsten 30 Jahre in dem Umfang machen wie früher.“