Augsburg hat sie, Bremen hat sie, Haddeby in Schleswig-Holstein hat sie gerade frisch eingeweiht: Motivampeln. In mehreren Orten in Deutschland signalisieren nicht die Standard-Ampelmännchen, wann Fußgänger stehen müssen oder gehen dürfen. Stattdessen weisen die Bremer Stadtmusikanten, der Kasperle, Elvis, der Rattenfänger von Hameln oder jüngst auch Wikinger den Weg. Auch in der unmittelbaren Region findet sich ein ganz besonderes Ampelmännchen: In Singen bittet an einigen Ampeln die Narrenfigur des Poppele über die Straße.

Wäre es nach der Narrizella Ratoldi gegangen, hätte auch Radolfzell sich eine Motivampel zugelegt. Wie die Stadtverwaltung bestätigt, war aus den Reihen der Narrizella eine Anfrage an die Stadt eingegangen und der Wunsch nach einer Kappedeschle-Ampel an der Kreuzung der Schützen-, Bismarck- und Teggingerstraße geäußert worden. Doch der Wunsch wurde abgelehnt. Eine Motivampel soll es in Radolfzell nicht geben.

Haftungs- und strafrechtliche Probleme

Die Stadt begründet das mit rechtlichen Problemen. „Aus haftungs- und strafrechtlicher Sicht will die Verwaltung keine Umsetzung vornehmen“, erklärt die Stadt in einem öffentlichen Umlauf, der jüngst den Gemeinderat über den Hintergrund der Absage informierte. Wolle man eine Motivampel installieren, müsse man ein Doppelsignal – also zusätzlich zum Kappedeschle auch noch ein reguläres Ampelmännchen – installieren. Ein bloßer Ersatz des regulären Ampelmännchens durch den Kappedeschle sei nicht zulässig oder würde nicht ausreichen.

Nur wenige Kilometer weiter steht die Poppele-Ampel jedoch auch ohne Doppelsignal. Warum die Motivampel dort möglich ist, dazu möchte die Stadt auf Nachfrage jedoch nichts sagen.

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Wie die Stadt Radolfzell in ihrer Offenlage weiter mitteilt, sei der Kreuzungsbereich, an der die Kappedeschle-Ampel gewünscht wurde, für Fußgänger eher unübersichtlich „und weist einen hohen Beschilderungsstand auf, so dass keine zusätzlichen Signale eingesetzt werden sollen“. Nach der Straßenverkehrsordnung und den Richtlinien für Lichtsignalanlagen, also Ampeln, seien „nur offizielle Sinnbilder des Fußgängers erlaubt“, so die Stadt. „Im Verkehrsrecht werden nicht nach Vorschrift verwendete Ampel-Sinnbilder äußerst kritisch gesehen und straf- sowie zivilrechtliche Haftung bei Unfällen infolge abweichender Ampelmännchen können die Folge sein.“

In Singen weist der Poppele Fußgänger dazu an, zu stehen oder zu gehen.
In Singen weist der Poppele Fußgänger dazu an, zu stehen oder zu gehen. | Bild: Graziella Verchio

Verbote gibt es auch anderswo

Auch wenn man in vielen anderen Städten derartige Bedenken offenbar nicht teilt, mussten in der Vergangenheit tatsächlich schon Motivampeln wieder abgebaut werden. 2017 wurde etwa die Stadt Ehingen in Baden-Württemberg vom Verkehrsministerium dazu aufgefordert, eine Mainzelmännchen-Ampel wieder zu entfernen.

Begründet wird das ebenfalls mit der rechtlichen Lage: Demnach gebe es in der Straßenverkehrsordnung und den Richtlinien für Lichtsignalanlagen eine genaue Darstellung, wie Signalbilder an Ampeln aussehen müssen. Eine Ausnahme gelte lediglich für die ostdeutschen Ampelmännchen. „Andere Sinnbilder, worunter auch die Mainzelmännchen fallen, sind nach Auffassung des Regierungspräsidiums straßenverkehrsrechtlich nicht zugelassen“, so das Ministerium damals.

Kompromiss in Stuttgart

Aus dem gleichen Grund wurden in der Vergangenheit schon in Stuttgart Ampeln abgelehnt, die die schwäbischen Kultfiguren Äffle und Pferdle zeigen sollten. Wie damals berichtet wurde, hielt die Stadt solche Ampelsymbole für nicht vereinbar mit der Straßenverkehrsordnung. Auch sie befürchtete, in Haftung genommen zu werden, falls es zu einem Unfall kommen sollte.

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Allerdings hatten die Befürworter einer Äffle-und-Pferdle-Ampel nach jahrelangem Hin und Her schlussendlich Erfolg: 2022 wurde in Stuttgart eine solche Motivampel eingeweiht – allerdings nur durch einen Kompromiss. Wie der damalige Vorstand des Fanclubs der Kultfiguren der „Stuttgarter Zeitung“ berichtete, durfte kein Geld von Steuerzahlern verwendet werden, stattdessen mussten Spenden gesammelt werden. Zudem wurde die Ampel mit einem Doppelsignal aufgestellt, ganz so, wie auch die Stadt Radolfzell es für nötig hält. In anderen deutschen Städten sind diese allerdings zum Teil auch nicht zu finden – und die Motivampeln stehen dort noch immer.