Zwar hat vor zwei Wochen ein neues Jahr angefangen, doch für die meisten Radolfzeller wirkt 2020 noch sehr deutlich nach. Auch der Gemeinderat muss einiges aus dem Vorjahr abarbeiten. Der Haushalt für das neue Jahr ist noch nicht in trockenen Tüchern.

Am kommenden Dienstag, 20. Januar, soll die Sitzung im Milchwerk stattfinden. Doch schon am heutigen Donnerstag kommt die Task-Force des Gemeinderats zusammen, um die Sitzung vorzubereiten.

Die Task-Force muss die Sitzung strukturieren

„Das ist kein Entscheidungsgremium, wir wollen nur verhindern, dass die Haushaltsdebatte ausufert“, erklärt Norbert Lumbe, Fraktionssprecher der SPD. Die Mitglieder der Task-Force wollen Anträge vorab klären und sich gegenseitig über den Sachstand der Diskussion in Kenntnis setzen.

„Wir wollen keinem eine lange Präsenzsitzung zumuten, das geht in diesen Zeiten einfach nicht“, sagt Siegfried Lehmann, Sprecher der Freien Grünen Liste.

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Doch wird es sicher nicht leicht sein, den Haushalt zu verabschieden. Die Corona-Pandemie hat die Finanzlage der Stadt erheblich belastet. Doch war man im Gemeinderat uneins, worauf verzichtet werden muss, wo gespart wird und was trotz knapper Kasse realisiert werden sollte.

Die Ansage vom Regierungspräsidium allerdings war klar: Radolfzell muss sparen, mehr einnehmen und weniger ausgeben, sonst wird das nix. Mit diesen Erwartungen und Anträgen gehen die Fraktionen in die kommende Haushaltsdebatte.

CDU will Baustopp in der Konstanzer Straße

Die CDU-Fraktion möchte den vierten Bauabschnitt der Konstanzer Straße erst einmal verschieben. „Die Anwohner und Pendler sind ohnehin schon total genervt, das hat jetzt keine Dringlichkeit mehr“, sagt Bernhard Diehl, Fraktionssprecher der Christdemokraten. Gleichzeitig könne man so etwas Geld sparen.

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Ferner möchte die CDU die Ausgaben für die Heimattage zur Diskussion stellen. „Wir sind aktuell im Lockdown und es gibt unserer Ansicht nach Wichtigeres als zu feiern. Die Menschen haben grad andere Sorgen“, so Diehl. An den Gebührenerhöhungen für Kita, Kinderzeit und Musikschule möchte die CDU allerdings festhalten.

Man habe die Gebühren lange nicht angepasst, weil es der Kommune gut ging. Nun müsse man die Belastung aber gleichmäßig auf alle verteilen, so Diehl. „Ich bin zuversichtlich, dass wir einen genehmigungsfähigen Haushalt verabschieden werden“, sagt der CDU-Fraktionssprecher.

FGL hält an Klimaschutz-Versprechen fest

Die Corona-Krise entbindet die Stadt nicht, an den bereits beschlossenen Klimaschutzkonzepten weiterzuarbeiten. Das sagt zumindest FGL-Fraktionssprecher Siegfried Lehmann. Die Freie Grüne Liste möchte, dass das 2020 ausgelaufene integrierte Klimaschutzkonzept bis zum Jahr 2024 weiter ausgearbeitet und fortgeführt wird.

Das wurde 2019 bereits beschlossen. Ferner soll es ein Konzept zum Ausbau von Solarenergie in Radolfzell geben. Auch dies wurde bereits 2019 beschlossen. Kosten dafür sollen in den Haushalt aufgenommen werden.

Sporthalle in Liggeringen muss dringend saniert werden

Als weiteren Punkt möchte die FGL eine Grundsanierung des Strandbades und die schnelle Sanierung der Litzelhardthalle in Liggeringen. Diese hat seit Dezember einen massiven Dachschaden und soll instabil sein, so Lehmann. „Wenn Sport wieder erlaubt ist, muss die Halle zur Verfügung stehen, sonst haben wir ein großes Problem.“

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Man dürfe vor lauter Einsparungen nicht das verschieben, was wirklich dringend sei, betont der Fraktionssprecher. Ähnlich verhalte es sich mit der Digitalisierung der Schulen. Auch da wolle die FGL, dass entsprechende Posten für alle weiterführende Schulen in den Haushalt aufgenommen werden.

SPD will Investitionen neu priorisieren

Laut SPD-Fraktionssprecher Norbert Lumbe werde der Gemeinderat einen „der Situation angemessenen Haushalt„ verabschieden. Einen großen Raum der anstehenden Diskussion werde laut Lumbe die Neubewertung der anstehenden Investitionen, nicht für 2021, sondern für die Jahre 2022 und 2023 sein.

Für dieses Jahr habe die Stadt schon alles verschoben, was nicht bereits angelaufen und nicht mehr zu stoppen war. An der Gebührenerhöhung für die Kinderbetreuung halte auch die SPD weiter fest, denn es werde gleichzeitig auch mehr soziale Unterstützung in dem Bereich geben. „Ohne neue Kriterien für die Zeller Karte hätten wir dem nämlich sonst nicht zugestimmt“, sagt der SPD-Fraktionssprecher.

Freie Wähler schätzen den Haushalt als gut ein

Dietmar Baumgartner hofft, dass Radolfzell in 2021 „mit einem blauen Auge davon kommt“, wenn er an den Haushalt denkt. Der Fraktionssprecher der Freien Wähler sieht den Haushalt als genehmigungsfähig an. Er macht sich aber bereits Sorgen um die Zukunft.

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Die kommenden Jahre würden deutlich härter werden, ist er sich sicher. Deswegen müsse man die Strukturen anpassen, um dem entgegenzuwirken. Die Gebührenerhöhungen im Bereich Kinderbetreuung sieht er als einen wichtigen Baustein im Haushalt 2021 und auch für die Folgejahre.

FDP will keine Gebühren- oder Steuererhöhungen

Mit Ärger denkt Jürgen Keck, Fraktionssprecher der FDP, an die letzte Gemeinderatssitzung im Jahr 2020 zurück. Die FDP-Fraktion hatte sich bei der Abstimmung über die Erhöhung der Gebühren für die Kinderbetreuung enthalten. „Eigentlich hätten wir dagegen stimmen müssen“, sagt Keck heute.

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Den Bürgern während einer Pandemie neue Kosten aufbürden, davon hält er nichts. Die FDP wolle die Gebühren- und Steuererhöhungen aus dem Haushalt gestrichen sehen. „So lange Unternehmen und Betriebe kurz vor der Insolvenz stehen und etliche Bürger in Kurzarbeit sind, halte ich nichts davon, Gebühren zu erhöhen“, sagt Keck.

Nicht wenn es anders gehe. So schlägt die FDP-Fraktion ein Rücktritt vom eigentlich geplanten Kauf der Poststraße 15 sowie den Verkauf weiterer Grundstücke vor. Auch könne die Stadt laut Keck auf den Ausbau der LED-Beleuchtung aktuell verzichten. „Die machen zwar Sinn, aber eigentlich können wir es uns jetzt nicht leisten“, sagt der FDP-Fraktionssprecher.