Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, die junge Frau an einem Samstagabend im Juli des vergangenen Jahres gegen 23 Uhr in der Unterführung des Radolfzeller Bahnhofs an Hals und Hüfte gepackt und an die Wand gedrückt haben, um sie zu küssen.

Im Anschluss soll er sich der Festnahme widersetzt haben. Deshalb musste sich der 28-Jährige wegen sexueller Belästigung, Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor Gericht verantworten.

Das könnte Sie auch interessieren

Vor Gericht stritt er die Tat lange Zeit ab. Es nutzte ihm wenig: Am Ende wurde er zu einer Geldstrafe von 1350 Euro verurteilt. Denn die Aussage des Opfers wirkte glaubhaft und wurde durch Zeugen gestützt – vor allem durch einen Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes.

Übergriff in der Unterführung

Die mittlerweile 19-jährige Auszubildende sagte vor Gericht aus, sie habe auf dem Heimweg von der Arbeit ihren Zug verpasst. Da sie eine Zigarette rauchen wollte, aber ihr Feuerzeug vergessen hatte, sei sie zurück in die Unterführung gegangen. Dort habe sie den Angeklagten nach einem Feuerzeug gefragt.

Er habe keines dabei gehabt, sie aber an seine Freunde auf Gleis sechs verwiesen. Da die Freunde des Angeklagten ebenfalls kein Feuerzeug dabei hatten, seien die beiden erneut runter in die Unterführung.

Die Unterführung am Radolfzeller Bahnhof bevor die Renovierung begann: Hier bedrängte der 28-Jährige die junge Frau im vergangenen ...
Die Unterführung am Radolfzeller Bahnhof bevor die Renovierung begann: Hier bedrängte der 28-Jährige die junge Frau im vergangenen Sommer. Er fragte sie nach ihrer Telefonnummer und versuchte, sie zu küssen. | Bild: Becker, Georg

Security-Mann stützt Aussage des Opfers

Dort habe der 28-jährige seinen Arm um sie gelegt und sie nach ihrer Telefonnummer und Adresse gefragt, schilderte die junge Frau das Geschehen im Gerichtssaal. Sie habe sich gewehrt und geantwortet, dass sie einen Freund habe.

Davon habe sich der Angeklagte jedoch nicht abhalten lassen. Er habe sie in den Aufgang zu den ungenutzten und dunklen Gleisen zwei und drei gezogen, an die Wand gepresst und versucht, sie zu küssen. Sie habe sich losreißen und an die Uferpromenade flüchten können – wo gerade Security-Mitarbeiter patrouillierten.

Der Angeklagte zerrte die damals 18-jährige Frau in einen der Treppenaufhänge und drückte sie gegen die Wand.
Der Angeklagte zerrte die damals 18-jährige Frau in einen der Treppenaufhänge und drückte sie gegen die Wand. | Bild: Singler, Julian

Die hätten daraufhin die Polizei verständigt. Ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes bestätigte das als Zeuge in der Verhandlung. Zudem sagte er aus, das Opfer habe in der Nacht auf ihn ängstlich, erschüttert und glaubhaft gewirkt. Er könne das beurteilen, da er solche Situationen mehrfach erlebt habe.

Bei der Festnahme eskalierte die Situation

Als die Beamten und der Sicherheitsdienst den Täter stellen wollten, sei die Situation eskaliert: Der Angeklagte und seine vier Begleiter im Alter zwischen 24 und 32 Jahren seien aggressiv und laut gewesen, sagten die drei Polizisten, der Mitarbeiter der Sicherheitsfirma und die Geschädigte aus. Sie sollen Widerstand gegen die Überprüfung ihrer Personalien und die anschließende Festnahme des Angeklagten geleistet haben.

Das könnte Sie auch interessieren

Einer der Männer sei aggressiv geworden, habe die Beamten beleidigt und sogar sein Baby dem Polizeihund entgegengestreckt, beschrieb ein 41-jähriger Beamter die Situation. Die Streife hätte deshalb Verstärkung anfordern müssen, um die chaotische Lage unter Kontrolle zu bringen und den Angeklagten festzunehmen.

Angeklagter bestreitet Vorwürfe

Der bestritt die Anschuldigungen vor Gericht. Er sagte ebenso wie seine vier Begleiter aus, dass sie auf dem Heimweg von einer „Babyparty“ gewesen seien. Sie bestätigten, dass die 19-jährige sie nach Zigaretten gefragt habe und der Angeklagte danach mit ihr in die Unterführung gegangen sei.

Vor Gericht blieb er bei seiner Schilderung: Er sei nach wenigen Minuten zurückgekommen und habe nichts getan. Er habe die junge Frau zwar nach ihrer Telefonnummer gefragt. Doch habe er ihre Zurückweisung akzeptiert und sei zurück zu seinen Freunden gegangen. Kurz darauf sei die junge Frau mit Polizisten und dem Sicherheitsdienst zurückgekehrt und habe ihn identifiziert.

Seine Sicht habe die Polizei nicht hören wollen, sagte der Angeklagte vor Gericht. Er habe seinen Ausweis sofort vorgezeigt und keinen Widerstand geleistet, obwohl er wütend geworden sei. Die vier Freunde des Angeklagten stützten seine Aussage vor Gericht nur teilweise, da sie während der mutmaßlichen Tat nicht in der Unterführung waren.

Staatsanwaltschaft fordert hohe Strafe

Am Ende forderte die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung zu insgesamt 120 Tagessätzen zu je 50 Euro, also 6000 Euro. Sie schätzte die Angaben des Opfers und der Belastungszeugen als glaubhaft ein – besonders wichtig sei die Aussage des Security-Mannes gewesen.

Das könnte Sie auch interessieren

Zudem seien die Folgen für das Opfer, das bis heute unter dem Übergriff leide, sowie das fehlende Geständnis des Angeklagten negativ zu berücksichtigen gewesen. Als dieser den möglichen Strafrahmen mitbekam, zeigte er Einsicht. Er entschuldigte sich, ohne aber die Tat dabei zu gestehen.

Richterin Ulrike Steiner verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 Euro – auch die späte Reue habe strafmildernd gewirkt, begründete sie das Urteil.

Das könnte Sie auch interessieren