Das Radolfzeller Stadtjubiläum zum 1200-jährigen Bestehen liegt noch in weiter Ferne, doch sorgt es jetzt schon für etwas, was es eigentlich so genau im Gegenteil geplant war: Es spaltet. Vor allem die Meinungen im Gemeinderat gehen ziemlich weit auseinander, wenn es um die Finanzierung geht. Doch auch Dinge wie Logo und Motto kommen bei manchen Stadträten so gar nicht an.

Größter Kritiker in der Sitzung war Siegfried Lehmann (FGL), dem aber so gar nichts am Stadtjubiläum zu gefallen schien. „Für 1,3 Millionen Euro feiert man sich hauptsächlich selbst“, so sein Urteil zum Stadtjubiläum. Das Motto „Geschichte – Gemeinschaft – Genuss“ fiel bei ihm ebenso durch wie das Wortspiel im Logo „voller Leben“ oder „voll erleben“, je nachdem wo das Leerzeichen gesetzt ist. „Ist es nüchtern nicht zu ertragen, oder was wollen wir damit sagen?“, motzte Lehmann. Das andere vorgeschlagene Logo befand er allerdings als „langweilig“.

„Für 1,3 Millionen Euro feiert man sich hauptsächlich selbst.“ Siegfried Lehmann, FGL
„Für 1,3 Millionen Euro feiert man sich hauptsächlich selbst.“ Siegfried Lehmann, FGL | Bild: FGL

So viel Gemotze ging wiederum Jürgen Keck (FDP) auf die Nerven. Er riet seinem Ratskollegen, seine Kritik konstruktiver zu äußern und nicht alles pauschal abzulehnen. Denn mit dem Logo-Wortspiel hatten andere Stadträte auch so ihre Probleme: Helmut Villinger (CDU) befand die Aufforderung an die Gäste, das Stadtjubiläum voll zu erleben, auch für „voll daneben“.

Statt Genuss steht nun Zukunft im Motto

In einigen Punkten konnte sich Siegfried Lehmann schließlich durchsetzen, so wurde das Motto des Jubiläums in „Geschichte – Gemeinschaft – Zukunft“ abgeändert und im Logo werde es auch keine Andeutungen mehr geben, dass Gäste irgendwas in Radolfzell voll erleben sollten. Beim Thema Geld wurde die Förderung der Bürgerprojekte in einer äußerst knappen Entscheidung bei 10.000 Euro pro Projekt belassen. Gefordert war eine Reduzierung auf 5000 Euro. Zehn Stimmen waren für die Reduzierung, zwölf dagegen und zwei Stadträte enthielten sich.

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Bei dieser Diskussion wurden auch ganz andere Befindlichkeiten deutlich: Lorenz Thum (CDU), nicht nur Stadtrat, sondern auch Ortsvorsteher von Markelfingen, hatte eben erst mit seinem Ortsteil das 1300-jährige Bestehen groß gefeiert und kritisierte die unterschiedliche Unterstützung. „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen“, so Thum. Die Markelfinger hätten ihr Jubiläumsfest „so nebenher“ organisieren müssen und seien auf Spenden angewiesen gewesen. Für das Stadtjubiläum werde eine Planungsstelle geschaffen und viel Geld zur Verfügung gestellt, das finde Thum „einfach nur daneben“.

Planungsteam wundert sich über die viele Kritik

So viel Negativität hatte das städtische Planungsteam des Kulturbüros rund um Christine Steiert nicht erwartet. Sie hatte nach der Gemeinderatssitzung zum Gespräch geladen, um die kritischen Stimmen aus dem Gemeinderat einzuordnen. Eine 1,3 Millionen-Euro-Feier nur der Feier selbst wegen, das sei mit dem Stadtjubiläum ganz und gar nicht geplant. Dies betonte auch Bürgermeisterin Monika Laule während der Sitzung und im Gespräch danach. Es werde die Stadt auch nicht diesen Betrag kosten.

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Wie sie berichtete, laufen bereits die Sponsoringgespräche mit Unternehmen vor Ort. „Da haben wir uns viel vorgenommen“, kündigte Laule an. Man sei bislang auch nur „auf offene Ohren gestoßen“. 600.000 Euro wolle man so einnehmen. Die Stadt selbst werde nach aktuellen Planungen 606.900 Euro zuschießen.

Überhaupt sei ein Großteil der Gesamtkosten für das Stadtjubiläum für die Veranstaltung ‚Nacht der Radolfzeller Unternehmen‘, die Bürgerprojekte und das große Festwochenende im September vorgesehen. Die Nacht der Unternehmen habe es im Jubiläumsjahr 2017 schon gegeben, dabei sollen ortsansässige Firmen die Möglichkeit haben, ihre Türen zu öffnen und sich der Bevölkerung vorzustellen. In der Vergangenheit wurde dieses Angebot laut Laule bereits sehr geschätzt. Es sei eine Möglichkeit, sich mit der Stadt zu identifizieren und eine Wertschätzung für die Firmen. Außerdem ziehe die Nacht der Unternehmen womöglich neue Arbeitskräfte und Auszubildende an.

Personalkosten laufen im Gesamtbudget

Ebenfalls enthalten seien in den Gesamtkosten erstmals die Personalkosten – diese entstehen jedoch nicht zusätzlich, betont Kulturbüroleiterin Christine Steiert. Die Mitarbeiter der Stadt würden ohnehin für ihre alltägliche Arbeit bezahlt werden, die Kosten werden lediglich auf das Stadtjubiläum umgelegt. „Dieses Mal ist das sehr transparent dargestellt“, erklärt sie.

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Dennoch betonten Steiert und Laule erneut, dass die endgültigen Kosten für das Stadtjubiläum 2026 noch gar nicht feststünden. Bislang habe es lediglich grobe Überlegungen und Schätzungen gegeben. Erst im Oktober werde dem Gemeinderat konkrete Pläne mit konkreten Kostenberechnungen zur Entscheidung vorgelegt. „Dann werden wir verschieden große Pläne vorstellen“, erklärt Monika Laule – also verschiedene Optionen, in welcher Größe und mit welchen entsprechenden Kosten das Stadtjubiläum stattfinden soll. „Da entsteht dann auch erst das Budget“, sagt Christine Steiert.

Endgültige Kostenrechnung wird erst noch vorgelegt

Es sei nötig, das Stadtjubiläum auf diese Weise zu planen und nicht schon von Anfang an über die Kosten zu entscheiden, denn der Gemeinderat müsse ja auch wissen, was für wie viel Geld tatsächlich umzusetzen wäre.

Dass die Bürgerprojekte doch weiterhin mit 10.000 Euro gefördert werden sollen, begrüßen Monika Laule und Christine Steiert. „Das ist das, was die letzte große Feier ausgemacht hat“, erklärt die Bürgermeisterin mit Blick auf das Jubiläum 2017. Als Stadt könne man sich diese vielen Projekte gar nicht ausdenken und umsetzen. „Da haben wir viel Potenzial und Kompetenz in der Bürgerschaft.“ Die Bürgerprojekte seien auch wichtig, um die Radolfzellerinnen und Radolfzeller beim Jubiläum einzubeziehen.

Warum sich manche Stadträte am Motto „Geschichte – Gemeinschaft – Genuss“ gestört hatten, war für Laule und Steiert nur bedingt nachvollziehbar. Der Schwerpunkt „Genuss“ habe sich nicht nur auf kulinarische Aspekte bezogen, sondern generell alles, „was das Leben hier ausmacht“, also zum Beispiel auch Kultur, so Laule. „Genuss umfasst hier wirklich alles.“