Berno Spicker staunte am Freitag nicht schlecht. Es war am frühen Morgen, 5 Uhr, als er vom Boot aus sein erstes Netz einholte und der erste Fisch gleich so ein Riesenexemplar war: „Ich weiß gar nicht so genau, wie ich eigentlich den Wels vom Netz in den Kescher und dann ins Boot hineingehievt habe“, erzählt der Berufsfischer fröhlich: „Immerhin wog der Fisch 22 Kilogramm mehr als ich, von der Größe gar nicht zu reden. Ich bin gerade einmal 1,72 m groß.“
Der 65-Jährige war an jenem Morgen im Gnadensee, bei drei Meter Wassertiefe, mit seiner sechs Meter langen Gundel unterwegs. Hier hat er den vielleicht mit Abstand größten je im Untersee gefangenen Fisch im Netz gehabt, allein geborgen und auf die Insel gebracht: „Ich glaube, ich habe da übermenschliche Kräfte entwickelt, denn innerhalb von drei Minuten war alles vorbei und der Fisch im Boot.“ Spicker schätzt, dass es ein Weibchen war, zwischen 30 und 40 Jahren alt und kurz vor dem Laichen. „Sicherlich waren da tausende Eier im Bauch. Die Welse suchen sich für die Eierablage normalerweise ein Gelege im Boden. Dort hält dann das Männchen bis zum Schlüpfen knapp zehn Tage Wache. Welse sind Raubfische und können sogar Stockenten verschlingen“, erklärt Spicker geduldig: „Deshalb müssen die raus aus dem See.“
Eine Schonzeit fürs Fischen gibt es für diese Fische nicht, wie Spicker erklärt, da sich die Welse in den letzten Jahren enorm vermehrt haben. Es gab eine Zeit, da waren kaum Welse im Bodensee, aber nach mehreren gezielten Einsetzaktion vor ungefähr 20 Jahren hat es sich nun ins Gegenteil gekehrt. Seinen gefangenen Wels hat er am Freitag an den Fischmarkt gegeben, wo er weiter verarbeitet wurde. „Welsfleisch ist recht fettig“, sagt Berno Spicker, „hat aber dafür kaum Gräten.“ Der 65-Jährige geht davon aus, dass nur ungefähr die Hälfte des Fleisches wirklich verwendbar ist.

Ein Andenken an den Moment, in dem „der Puls ganz schnell hochging“, genügt ihm per Foto vollkommen, wie er lachend versichert und weiterplaudert, dass er sich an eine derartige Herausforderung in seinem ganzen Leben als Berufsfischer nicht erinnern kann; und dass, obwohl er das seit 50 Jahren macht. „Schon als kleiner Bub bin ich, kaum, dass ich laufen konnte, ins Boot hinein“, erinnert sich der Reichenauer: „Dass ich mit 16 Jahren dann eine Fischerlehre anfange, war für mich völlig klar. Ich hätte mir beruflich nie etwas anders vorstellen können.“
Bereits im Jahr 2019 war ihm ein großer Fang gelungen. Er zog ebenfalls ein Prachtexemplar aus dem Wasser, und ebenfalls ein Wels. Dieser war seinen damaligen Aussagen zufolge 1,80 Meter lang und 52 Kilogramm schwer. Somit hat der Reichenauer schon Erfahrung im Umgang mit riesigen Raubfischen. Zweimal am Tag und an sechs Tagen die Woche ist er auf dem See, meist allein und damit voll zufrieden. Auf die Frage, wie man als Hobbyangler reagieren soll, wenn man solch einen Brummer am Haken hat, lacht er nur und sagt: „Keine Sorge, schon bei einem 30 Kilogramm schweren Fisch reißt dann die Angelschnur.“