Auch in diesem Jahr geht die Hauptrolle der Erdbebenserie in Singen an den Ortsteil Überlingen am Ried, das zeigt eine Tabelle des Landeserdbebendienst Baden-Württemberg (LED). Dass es im Hegau hin und wieder bebt, ist den Experten also bekannt. Stefan Stange, Leiter des LED, hat schon früher gegenüber dem SÜDKURIER begründet, dass ein Bruchteil der Spannung, die durch die Auffaltung der Alpen entstehe, auch in dieser Region ankomme. So treten kleinere Beben auf – spürbar oder unbemerkt. Was Ortsvorsteher Bernhard Schütz und Ortsansässige über die Beben denken, erklären sie dem SÜDKURIER.

Vergangenes Jahr rumpelte es in Überlingen am Ried und zehn Kilometern Umkreis. Das meldeten Ansässige laut Seismologe Martin Hensch dem LED. „Es gab einen lauten Knall und eine kleine Erschütterung“, erinnert sich Ortsvorsteher Bernhard Schütz.

Die Erdstöße am 29. Juni 2023 und 25. August 2023 hatten eine Stärke – in der Fachsprache Magnitude genannt – von jeweils 3,2 und brachten die Wände zum Wackeln. Aber zu Schäden an der Oberfläche sei es bei dieser Stärke nicht gekommen, erklärte Hensch schon früher dem SÜDKURIER. Auch dem Ortsvorsteher seien keine Gebäudeschäden gemeldet worden.

Überlingen am Ried aus der Luft aus 2023: Vergangenes Jahr hatte es mal deutlich gebebt. 2024 ist die Erdbebenserie deutlich ...
Überlingen am Ried aus der Luft aus 2023: Vergangenes Jahr hatte es mal deutlich gebebt. 2024 ist die Erdbebenserie deutlich abgeklungen, so Seismologe Martin Hensch. | Bild: Gerhard Plessing

Im Jahr 2024 fallen die Beben im Ort glimpflich aus, ereigneten sich aber schon 25 Mal seit Jahresbeginn, zeigt die Tabelle des LED. Bislang passierte das stärkste Beben am 15. Januar mit einer Stärke von 2,2 auf der Richterskala. „Bei einer Tiefe von etwa zehn Kilometern, wie bei der Erdbebenserie bei Überlingen am Ried, kommt es erfahrungsgemäß etwa ab einer Stärke von 2 zu vereinzelten Wahrnehmungen in der Bevölkerung“, schreibt Hensch jüngst dem SÜDKURIER auf Nachfrage.

So empfinden Ortsbewohner die letzten Beben

Wie Ansässige die letzten Beben in Überlingen am Ried erlebten, fragte der SÜDKURIER vor Ort. Daniela Jodry habe in diesem Jahr kaum etwas bemerkt. „Mein Mann und ich haben uns mal gefragt, ob irgendwo etwas heruntergefallen sei. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass es ein kleineres Beben war“, so die Bewohnerin. Das vergangene, sehr schwachen Beben am Donnerstag, 13. Juni, mit einer Magnitude von 1.0 habe sie überhaupt nicht mitbekommen.

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Nichts mitbekommen hat in diesem Jahr auch Ulla Flohr, die täglich mit Border Collie Emely im Ort spazieren gehe. Auch wenn Tiere mit ihren scharfen Sinnen Beben eher als Menschen spüren können, blieb die Hündin rückblickend unbekümmert, so die Halterin. Sorgen mache sich Flohr keine, anders bei Daniela Jodry. „Wir haben nicht unbedingt das jüngste Haus, aber ich gehe einfach davon aus, dass es standhält und die Beben nicht schlimmer werden“, so die Ortsbewohnerin.

Hündin Emely blieb von den vergangenen Beben gänzlich unbekümmert, so die Halterin Ulla Flohr aus Überlingen am Ried.
Hündin Emely blieb von den vergangenen Beben gänzlich unbekümmert, so die Halterin Ulla Flohr aus Überlingen am Ried. | Bild: Elisa Gorontzy

Ortsvorsteher und Feuerwehr über Sicherheit in Überlingen am Ried

„Bei unserer Bauweise brauchen wir uns keine Sorgen machen“, gibt Ortsvorsteher Bernhard Schütz zu Häusern in Überlingen am Ried Entwarnung. Holz und Mauerwerk bliebe beständig. „Richtung Erdbebenzone ist das auch baurechtlich geregelt, bebensicher zu bauen“, sagt auch Stefan Schüttler, Abteilungsleiter, Bevölkerungsschutz und Einsatzvorbereitung der Stadt Singen.

Wirklich gefährlich wird es erst ab einer Erdbeben-Stärke von 5 auf der Richterskala. Dann seien, laut Merkblatt des Innenministeriums zu Erdbeben in Baden-Württemberg, mittelschwere bis schwere Gebäudeschäden möglich. Auf den Ernstfall bliebe die Kommune vorbereitet, so Stefan Schüttler. Einsatzkräfte seien dafür ausgebildet und mobilisiert.

Außerdem feile man an einem neuen, flächendeckenden Sirenennetz, das außer Warntöne auch Sprachnachrichten wiedergeben und Bürger in den betroffenen Orten informieren könne – egal ob bei Beben, Hochwasser oder anderen Extremen. „Wir sind in guter Hoffnung, dass wir das bis Anfang 2025 umgesetzt bekommen“, sagt Schüttler.

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Die Erdbebenserie im Ort sei in den letzten Wochen und Monaten deutlich abgeklungen, schreibt Seismologe Hensch. Dass in Zukunft auswirkungsstarke Beben passieren, hält Ortsvorsteher Schütz für unwahrscheinlich. „Aufgrund der vergangenen schwachen Beben, die man hier immer wieder hat, sehe ich in keiner Weise eine Gefährdung“, ergänzt Schüttler.