Eine Fasnacht unter besonderen Vorzeichen ging am Dienstagabend zu Ende. Corona-Verordnungen, plötzlicher Krieg in der Ukraine, und doch die Menschen wieder mit etwas Fasnacht erfreuen. Keine leichten Voraussetzungen für die Hegauer Zünfte, diese auch diffizilen Herausforderungen zu bewältigen. Die Hegauer Zünfte ziehen aber ein positives Fazit. „Die Sehnsucht der Menschen war trotz der widrigen Umstände nach dem Verzicht im vergangenen Jahr groß, dass sie wieder etwas Fasnet machen dürfen“, bringt es Holger Reutemann, Zunftmeister der Rielasinger Rattlinger, auf den Punkt. Er sieht wie andere Hegauer Zunftoberen den Spagat gelungen, den Corona-Verordnungen mit kleineren Veranstaltungen und Aktionen gerecht zu werden, das Brauchtum hochzuhalten und etwas Freude zu verbreiten. Gerade die Mitglieder der Zünfte hatten sich aber auch mit dem Krieg in der Ukraine in vielen Gesprächen kritisch und sorgenvoll auseinandergesetzt.

Das hat große Tradition. Die Bietinger Narrenzunft Biberschwanz verbrennt einen aus Stroh fabrizierten Biber im gleichnamigen Gewässer.
Das hat große Tradition. Die Bietinger Narrenzunft Biberschwanz verbrennt einen aus Stroh fabrizierten Biber im gleichnamigen Gewässer. | Bild: Tesche, Sabine

„Es gab auch viele solidarische Aktionen. So hatten sich viele unserer Narren und des Musikvereins die ukrainischen Nationalfarben in kleinen Stoffen an Häs und Uniform geheftet“, schildert Reutemann. „Eine besondere Aktion in Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt der Gemeinde hat es uns erleichtert, am Schmutzigen Dunschtig närrisch tätig zu werden. Alle Mitglieder der Gruppierungen konnten sich gegen Corona testen lassen. Sie bekamen einen Bändel und zogen so in großer Zahl durch den Ort. Alle Gaststätten hatten ausnahmsweise über Mittag geöffnet“, so Reutemann. Freude habe die Zunft auch durch die Präsenz vor Kindergärten verbreitet. „Einzig vor der Grundschule mussten wir in traurige Kinderaugen blicken, da die Leitung einen Narren-Besuch untersagt hatte“, bedauert der Narrenchef.

Singener Poppele fühlen sich etwas ausgebremst

Schulbefreiungen? Für die Singener Narren sei von Anfang an klar gewesen, dass dies nicht zu machen sein würde. „Wir soll man Hunderte von Schülern coronakonform aus dem Schulhaus rausbekommen?“, lautet die rhetorische Frage von Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk. Entsprechend hätten die Schulen angekündigt, normalen Unterricht zu machen. Allerdings habe es am Freitagabend eine kleine Bög-Verbrennung für die Kinder und Jugendlichen der Zunft gegeben. Bei den kleinen Kindern, die schon 2021 keine Fasnacht hatten, sieht Glunk das Problem, sie wieder an die Fasnacht heranzuführen. Die Erzieherinnen in den Kitas würden die Fasnacht indes schön feiern und die Materialien der Poppele nutzen.

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Ansonsten blickt Glunk auf eine „bescheidene kleine Fasnacht“ zurück, die in erster Linie für die Zunftmitglieder da gewesen sei, bevor der Poppele am späten Dienstagabend wieder in seine Gruft hinabstieg. Dass die Landesregierung kurz vor der Fasnacht doch noch Vorschriften lockerte, sei zwar überraschend gekommen, sagt der Zunftmeister. Für die Poppele sei das aber nicht zu spät gekommen. Den Verantwortlichen sei von Anfang an klar gewesen, dass man angesichts der Corona-Lage noch weiter vorsichtig sein müsse und keine großen Veranstaltungen planen wolle. In Singen würden leicht Tausende als Publikum zusammengekommen – eine Menschenansammlung, bei der man Corona-Regeln schlicht nicht kontrollieren könne. Und schließlich habe der Krieg in der Ukraine den Narren auf die Stimmung gedrückt. Glunk macht das an der Zahl der Mitglieder fest, die in der Zunftschüür zusammenkamen. Am Montagabend seien das nur 30 bis 40 gewesen, relativ wenige.

Gerstensäcke feiern ganz entspannt

„Es war alles sehr entspannt. Unsere Mitglieder waren froh, dass sie auch bei internen Veranstaltungen im Braustüble der Fahrkantine wieder etwas Fasnacht machen durften. Das Brauchtum konnte wieder in seiner Ursprünglichkeit als Dorffasnacht gelebt werden“, berichtet der Gottmadinger Gerstensack-Zunftmeister John Weber. Aktionen in Kindergärten und in der Grundschule seien genauso gut angekommen wie ein kleiner Narrenstreich bei der Bürgermeister-Absetzung und ein öffentliches Narrenbaumstellen auf dem abgesperrten Hebelplatz unter 3G-Regel.

Etwas gedrückt hatte der Ukraine-Krieg die Stimmung in allen Hegau-Orten. Aber auch in Hilzingen herrschte Erleichterung darüber, dass die Narren wieder aktiv werden durften. „Am Schmutzigen Dunschtig waren wir am meisten tätig, wie beim Narrenstreich, in Kindergärten und Schulen. Und auch die närrische Schnitzeljagd für Familien fand großen Anklang“, erklärt Kathrin Graf, Chefin der Hilzinger Pfiffikus-Zunft. So gehe Fasnacht, vor allem im Freien.

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Ein besonderer Coup war der Engener Narrenzunft gelungen. Sie veranstaltete am Fasnachtssonntag sogar einen kleinen Umzug mit mehreren Gruppierungen durch die Altstadt. „Das war kurzfristig abgestimmt mit der Stadtverwaltung und nicht angekündigt, um einen großen Andrang zu verhindern. Das hat alles super geklappt und war ganz regelkonform. Etwa 200 Zuschauer hatten ihren Spaß. Wir verzichteten auch auf einen Wirtschaftsbetrieb auf dem Marktplatz, wo der Zug endete“, sagt Sigmar Hägele, der die Engener Narrenzunft leitet. „Auch unsere Hansele konnten ihren nächtlichen Umzug ausführen“, berichtet er. Eine kleine Fasnachtsverbrennung beschloss am Dienstagabend die närrischen Aktivitäten.

In Tengen-Wiechs am Randen sah sich die Grenzgeister-Zunft durch die Verordnungen außerstande, Fasnacht zu machen. Ehrenpräsident Klaus Schultheiß zog am Fasnetmäntig mit Kollege Wolfgang Geldon als Scherenschleifer durch das Dorf, um die Bewohner aufzuheitern.