Immer dann, wenn es selbst für die Einsatzkräfte der Feuerwehr zu brenzlig wird oder die Lage unübersichtlich zu werden droht, übernimmt sie: die Führungsgruppe der Singener Feuerwehr. Die Sondereinheit ist die organisatorische Feuerwehr für die Feuerwehr. Sie ist immer dann gefragt, wenn eine Großlage die Stadt bewegt oder wenn mehrere Feuerwehrfahrzeuge und Einsatzkräfte zeitgleich gegen einen Brand vorgehen. Oder wie Stefan Tröndle, Leiter der Führungsgruppe bei der Singener Feuerwehr, seinen Job beschreibt: „Wir sind das fahrende Büro der Einsatzleitung.“
Denn allererste Aufgabe der Führungsgruppe sei es laut Stefan Tröndle, niemals den Überblick bei einer Lage zu verlieren. „Die Führungsgruppe ist eine Unterstützungseinheit im Bereich der Einsatzleitung. Bei ihr werden eingehende Nachrichten gesammelt, um dann gebündelt weitergeleitet zu werden“, sagt Tröndle.

Dabei halte die Führungsgruppe Kontakt zum Einsatzleiter und den bei größeren Schadenslagen vorhandenen Einsatzabschnittsleitern sowie zur Leitstelle. „Die Führungsgruppe arbeitet nach einem genau festgelegten System. Am Fahrzeug, dem Einsatzleitwagen, gehen alle Informationen ein“, so Tröndle weiter.
Herzstück der Führungsgruppe ist ein von außen recht unscheinbar wirkender Kastenwagen, doch in seinem Inneren versteckt sich jede Menge Technik. Seit Sommer 2024 ist der Wagen im Einsatz. Zuvor agierte die Führungsgruppe, die es seit 25 Jahren in Singen gibt, aus einem kleineren und wesentlich älteren Fahrzeug aus. Der erste Einsatz des neuen Fahrzeuges der Führungsgruppe sei der Großbrand im Singener Ortsteil Friedingen gewesen, bei dem etwa 100 Feuerwehrleute den ganzen Tag gegen die Flammen in einem Mehrfamilienhaus kämpften. Knapp 280.000 Euro hat das Fahrzeug gekostet.
Hier laufen alle Fäden zusammen
Im Innern des Fahrzeuges verstecken sich zwei vollwertige Arbeitsplätze, die ausgestattet sind mit Funkgeräten, GPS, Internet, Wetterstation und einem eigenen Stromaggregat. Wie bei einem U-Boot wird im Einsatz zudem auf Rotlicht umgeschaltet, um bei nächtlichen Einsätzen die Augen zu schonen. „Wir arbeiten autark. Wir haben alles, was wir für die Kommunikation und Koordination brauchen“, schildert Tröndle.

Der Leiter der Führungsgruppe nennt eines der jüngsten Beispiele, bei denen die Sondereinheit alarmiert worden sei. Im vergangenen August waren nachts Menschen in orangenfarbenen Schutzanzügen hinter dem Zaun der Firma Fondium in der Südstadt zu sehen, die gesamte Straße war mit Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr gesäumt. Auslöser war ein Gefahrgut-Einsatz auf dem Betriebsgelände des Eisenguss-Unternehmens. „Die Lage war länger unübersichtlich, weil wir nicht wussten, wo die austretende Schwefelsäure alles hingelaufen ist.“
Über Videoaufnahmen habe man schließlich den Gegenangriff koordinieren können, denn die Einsatzleitung habe aufgrund der unklaren Lage die Produktionshalle nicht betreten können. Auch hier habe die Führungsgruppe als Bindeglied fungiert. Auf dem iPad habe die Führungsgruppe dem Bodentrupp dann den Weg zur Unfallstelle gewiesen, zuvor habe ein kleiner Trupp in Vollschutzanzügen den Weg ausgespäht. „Unsere Aufgabe ist es immer, den Überblick zu behalten. Im Ernstfall kann das Menschenleben schützen“, betont Tröndle.
Kleine Gruppe mit viel Verantwortung
Laut Stefan Tröndle habe die Führungsgruppe 20 Mitglieder. Bei einem Einsatz rücken fünf von ihnen gemeinsam aus. Zwei davon koordinieren im Ernstfall den Funk. Ein Zeichner ist dabei, um Lagepläne zu erstellen. Ein Führungsgruppen-Mitglied fungiert als Bindeglied zwischen Einsatzleitung und Einsatzkräften. Und ein Feuerwehrmann schreibt das Einsatztagebuch. „Eigentlich geschieht in einem Großeinsatz nichts, von dem wir nichts wissen“, so Tröndle weiter. Es könne auch vorkommen, dass er mehrere Alarmierungen parallel bearbeiten muss.
Allerdings ist die Führungsgruppe nicht immer auf das Technik-Fahrzeug angewiesen. Beim Starkregenereignis im Juni 2024 sei dies etwa der Fall gewesen. Denn bei Flächenlagen, also bei Einsätzen, die sich über mehrere Orte in der Stadt verteilen, rückt die Führungsgruppe laut Stefan Tröndle nicht mit aus. Dann agiert sie aus dem Führungsraum im Standort Süd aus. Hierzu wurden extra ein Führungsraum eingerichtet.
Die Führungsgruppe in Singen ist nicht die einzige im Landkreis Konstanz. Laut Tröndle seien weitere in Stockach, Konstanz, Engen und Radolfzell stationiert. Bei Bedarf könnten allerdings weitere Hegau-Gemeinden die Singener Spezialeinheit anfordern. „Eigentlich ist der ganze Hegau unser Bereich“, so Tröndle.