Anina Kemmerling

Ein 42-jähriger Boxtrainer aus Singen ist wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung vom Singener Amtsgericht zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Der Schlägerei, die im November 2019 auf dem Berliner-Platz stattfand, lag ein Beziehungsdrama zugrunde. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte dem Geschädigten, ein 29-jähriger Mann aus Gaienhofen, schwere Verletzungen am Kopf- und Ellenbereich zufügte und ihn überdies bedrohte und beleidigte.

Der Angeklagte war mit seiner Verlobten und neunjährigen Tochter einkaufen, als er auf den Geschädigten traf. Beide kannten sich flüchtig, hätten aber zuvor nie miteinander gesprochen, so der 42-Jährige. Sie sind in der Boxszene im Bodenseekreis bekannt. Der aus dem Iran stammende Angeklagte ist ehemaliger Profiboxer und Boxtrainer. Der Geschädigte ist ein erfahrener Ringer und Thaiboxer.

Das könnte Sie auch interessieren

Außerdem besteht durch die Verlobte des Angeklagten eine Verbindung zwischen den beiden Konfliktbeteiligten. Wie während der Verhandlung geäußert wurde, habe der Geschädigte die Frau während einer Beziehungspause bei sich aufgenommen. Angeblich sei der Angeklagte ihr gegenüber handgreiflich geworden, was die Trennung auslöste.

So sieht das Gericht den Fall

„Erst hat er meine Verlobte angesprochen, danach hat er mich extrem provoziert“, gab der Beschuldigte bei der Verhandlung als Auslöser für die Schlägerei an. Das Gericht sah den Fall allerdings anders: Erst sei es im Beisein der Tochter und der Verlobten zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen, die zunächst aber nicht eskaliert sei.

Später seien Freundin und Kind des Angeklagten in den nebenan liegenden Supermarkt gegangen. Er selbst sei nicht mitgegangen, sondern habe auf sein Opfer gewartet. Als beide wieder zusammengetroffen seien, habe der Angeklagte den Geschädigten zu Boden gedrückt und auf ihn eingeschlagen.

Das sagt der Geschädigte

„Es war, als wäre er verrückt geworden. Ich kann froh sein, dass nichts Schlimmeres passiert ist“, so der Geschädigte. Der Boxer habe gewusst, wo er treffen muss, um ihn möglichst wehrlos zu machen. Denn trotz eigener Ringerfahrung habe der Geschlagene, wie er selbst angab, keinerlei Chance gehabt.

Das könnte Sie auch interessieren

Aufgelöst worden sei das Gefecht durch mehrere Unbeteiligte, die die Polizei verständigten. Der 42-jährige Boxer flüchtete daraufhin. Eine vor Gericht geladene Augenzeugin verdeutlichte in der Verhandlung die Brutalität und Einseitigkeit der Schlägerei: „Der eine Mann ging direkt zu Boden, doch es wurde weiter auf ihn eingeschlagen. Er wirkte wie bewusstlos und verschränkte die Arme vor seinem Gesicht“, schilderte die Zeugin.

Nach der Tat kam die Drohung

Nach der Schlägerei erstattete der Geschädigte nach eigener Aussage eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung beim Singener Polizeipräsidium. Als der Angeklagte davon erfahren habe, sei es im Mai 2020 zu einer erneuten Auseinandersetzung zwischen den beiden gekommen. Dort habe der Mann dem Geschädigten gedroht, ihm etwas Schlimmes anzutun, würde dieser seine Anzeige nicht zurückziehen.

Der Verteidiger des Angeklagten wies dessen Schuld komplett ab. Es sei der 29-jährige Thaiboxer gewesen, der zuerst provoziert und geschlagen habe. Sein Mandant habe sich nur verteidigt. „Allein zum Schutz meiner Tochter würde ich nie zuerst schlagen“, so der Beschuldigte.

Über die Vergangenheit des Angeklagten

Er blicke auf eine turbulente Vergangenheit zurück. 2005 sei er nach Deutschland gekommen, da er in seinem Heimatland Iran wegen regimekritischer Äußerungen politisch verfolgt worden sei. Seine Familie habe er zurückgelassen. In Deutschland habe er die Mutter seiner Tochter kennengelernt. Jedoch sei es in dieser Beziehung zu einigen Problemen gekommen, die die Trennung ausgelöst hätten, sagte der Boxmeister. Die gemeinsame Tochter habe fortan bei ihrer Oma gelebt, die ein starkes Alkoholproblem habe.

Das könnte Sie auch interessieren

„Mit meiner jetzigen Verlobten hat sich die Situation endlich verbessert. Ich konnte meine Tochter wieder bei mir aufnehmen. Wir haben wieder Stabilität in unserem Leben gefunden“, erklärte der Angeklagte. Wie blöd es doch von ihm wäre, all das aufs Spiel zu setzen, versuchte dessen Verteidiger vor Gericht klarzumachen und forderte Freispruch.

Doch damit scheiterte die Verteidigung. Das Gericht hielt die Aussagen des Angeklagten für unglaubwürdig. Für die Körperverletzung und Nötigung wurde eine Freiheitsstrafe von neun Monaten gefordert. Das Gericht setzte die Gesamtstrafe dann wegen weiterer Delikte auf zwei Jahre und drei Monate fest.

Wie es zu dem Urteil kam

Neben der Schlägerei und der nachfolgenden Bedrohung, musste sich der Beschuldigte für eine Tat aus dem November 2019 vor Gericht verantworten. Dort sei der Mann an einer Kneipenschlägerei in Schaffhausen beteiligt gewesen und habe zwei Barbesucher schwer verletzt.

Die Staatsanwaltschaft verdeutlichte, dass vom Angeklagten ein hohes Gewaltpotenzial ausgehe. Nach zwei Verhandlungstagen verhängte das Singener Schöffengericht eine Freiheitstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Der Angeklagte hat das Urteil noch nicht angenommen. Der Fall könnte also vor der nächsten Instanz neu aufgerollt werden.