Menschen in orangenfarbenen Schutzanzügen sind hinter dem Zaun zu sehen, die gesamte Straße ist mit Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr gesäumt: Am späten Donnerstagabend läuft ein Gefahrgut-Einsatz auf dem Betriebsgelände des Eisenguss-Unternehmens Fondium in Singen. Nahe der Bahnlinie in der Südstadt kam es gegen 19 Uhr offenbar zu einem Unfall, wie das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Konstanz auf SÜDKURIER-Nachfrage bestätigt. Die Einsatzleitung erklärt vor Ort, dass durch einen technischen Effekt Schwefelsäure ausgetreten ist. Es gebe keine Verletzten und Anwohner oder Umwelt seien nicht gefährdet.
Mitarbeiter verständigt die Feuerwehr
Ein Mitarbeiter habe den Vorfall bei einem Kontrollgang bemerkt und die Feuerwehr verständigt. Diese rückte mit insgesamt 70 Leuten an, davon einige der Werksfeuerwehr, der Feuerwehr Singen mit Gefahrgutzug sowie einer Messeinheit der Feuerwehr Konstanz. Die Lage sei statisch, aber im Griff, so die Einsatzleitung weiter. Einsatzkräfte tragen Schutzanzüge, um sich vor einer möglichen Kontamination zu schützen. Dafür wurde nahe dem Zaun auch eine Schleuse aufgebaut wie etwa beim Gas-Alarm vor einigen Wochen.

Wo die Schwefelsäure genau ausgetreten ist, sei noch unklar, doch um die mögliche Stelle wurde ein Absperrbereich von 50 Metern eingerichtet. Der reguläre Betrieb laufe weiter, es sei keine Evakuierung nötig gewesen.
Der Einsatz wird noch mehrere Stunden dauern, heißt es gegen 23 Uhr. Die Julius-Bührer-Straße ist weiterhin gesperrt und Autofahrer müssen mit Einschränkungen rechnen. Das liege aber nicht an einer Gefahr rund um das Werksgelände, sondern habe praktische Gründe, damit Feuerwehrfahrzeuge ausreichend Platz haben. Für weitere Informationen verweist die Einsatzleitung auf die Geschäftsführung am Freitag.
Es ist der dritte größere Einsatz für die Singener Feuerwehr innerhalb von drei Tagen: In der Nacht auf Dienstag brannte es im Jugendtreff Juno in der Nordstadt und am gleichen Tag sorgte abends ein Brand in einer Autowerkstatt für schwarze Rauchsäulen über der Stadt.
Kurzer großer Alarm wenige Meter weiter
Von Fondium ging es direkt weiter zum nächsten Einsatz: Gegen 23 Uhr wurde ein Gebäudebrand in der Flüchtlingsunterkunft an der Güterstraße gemeldet. Vor Ort gab es allerdings rasch Entwarnung, denn es handelte sich nur um Staubentwicklung wegen Bauarbeiten im Keller. Dafür waren mindestens fünf Feuerwehrfahrzeuge mit dutzenden Einsatzkräften angerückt, auch die Drehleiter wurde von Fondium abgezogen und in die Güterstraße gebracht. Die Bewohner der Unterkunft wurden evakuiert, konnten aber wenig später in ihre Räume zurückkehren.

Details zum Einsatz werden bekannt
Am Tag nach dem Feuerwehreinsatz bei Fondium werden weitere Details bekannt. Wie Jörg Winsberg, Leiter der Betriebssicherheit, und Frank Bettinger, Leiter Umwelt und Arbeitssicherheit, auf SÜDKURIER-Nachrage schildern, sei in einer Abgaseinrichtung Schwefelsäure ausgetreten. Auch sie bestätigen, dass ein Mitarbeiter bei einem Kontrollgang auf das Leck aufmerksam geworden sei.
Bei der Anlage handle es sich um einen Abgaswäscher im Bereich der Kerngießerei. „Die Anlage ist seit 30 Jahren in Betrieb, da gab es nie Probleme“, sagen sie. Aber die beiden Fondium-Sprecher betonen auch, dass die Anlage während des gesamten Feuerwehreinsatzes in Betrieb gewesen sei. Ohnehin sei die Produktion nicht eingeschränkt worden. „Der Einsatz hatte keinen Einfluss auf die Funktion der Anlage“, so Winsberg und Bettinger weiter. Da die Anlage in einem angrenzenden Gebäude stehe, sei auch keine Evakuierung nötig gewesen.
Einsatzkräfte verhindern Schlimmeres
Die Einsatzkräfte hätten die austretende Schwefelsäure mit Weißkalk aufgefangen. „Die Werksfeuerwehr hat mit ihrem umsichtigen Eingreifen Schlimmeres verhindert“, loben Winsberg und Bettinger. Sie heben auch die problemlose Zusammenarbeit mit den weiteren Einsatzkräften etwa der Feuerwehr Singen hervor.
Wie es zu dem Leck kam, werde nun geprüft. Der Abgaswäscher sei aktuell nicht mehr in Betrieb, die Ursachenforschung laufe. Wahrscheinlich handle es sich um einen technischen Defekt an der Pumpe.