Herr Pérol, Sie lieben das Trampen. In den Medien findet man eine schöne Geschichte, wie sie sogar zur Preisverleihung Ihres Filmdebüts „Üben, Üben, Üben – Å Øve“, getrampt sind.

Ja, ich bin zur internationalen Premiere des Filmes, zu den Hofer Filmtagen sowie zu den Nordischen Filmtagen nach Lübeck, per Anhalter gereist. Und das, wie die Hauptfigur meines Filmes, in einer gelben Jacke. Die hat sich mittlerweile zum Symbol entwickelt. Wir haben uns als Filmteam von Anfang an darauf verständigt, dass wir im Zusammenhang mit dem Film umweltbewusst reisen werden und das haben wir bisher konsequent eingehalten.

Aus Umweltbewusstsein sind Sie seit fünf Jahren nicht mehr geflogen und haben sogar eine Einladung nach Südkorea abgelehnt, wo Sie Ihren Film vorstellen sollten. Ist diese Konsequenz nicht einer Karriere hinderlich?

Es bestand schon die Befürchtung, was tun, wenn wir zu einem renommierten Festival nach Übersee eingeladen werden und nicht fliegen wollen? Und bei der Einladung nach Jeonju, zu einem sehr renommierten Filmfestival in Asien, haben die Hauptakteurin des Films, Kornelia Melster und ich, schon sehr lange darüber diskutiert, ob wir sie annehmen. Es war verlockend, ebenso Präsenz zu zeigen wie auch die Erfahrung, in eine Kultur eingeladen zu werden – mit einem zehntägigen All-Inklusive-Paket mit Hotel, Flug und allem Drum und Dran. Letztendlich sind wir uns treu geblieben und haben uns gesagt: Der Film wird auf dem Festival gezeigt, damit ist es okay für uns.

Der Film spiegelt Ihren persönlichen Umweltgedanken wider und hat offensichtlich den Zahn der Zeit getroffen, denn sie haben damit in Deutschland gleich zwei Preise gewonnen.

Bei den Hofer Filmtagen haben wir den Kritikerpreis gewonnen, bei den Nordischen Filmtagen in Lübeck wurde uns der Preis für das beste Spielfilmdebüt verliehen. Unvergesslich für mich, dass mir Filmlegende Liv Ullmann den Preis überreichte. Den Film haben dort innerhalb von vier Tagen fast 2000 Menschen gesehen.

Die Protagonistin des Films ist Trine, eine junge Musikerin, die sich weigert zu fliegen und als Tramperin 1500 Kilometerin durch Norwegen fährt. Wie viel Laurens Pérol spiegelt sich in der rebellischen Trine?

Das ist eine sehr interessante Frage. Einerseits fühle ich mich ihr sehr nah, andererseits nicht. Ich kann mich gut mit ihr identifizieren, mit Ihren Wünschen, dem Verantwortungsbewusstsein. Diese Charakterzüge habe ich ihr auf den Leib geschrieben und versucht, mir damit ein Vorbild zu schaffen, dem ich mich annähern möchte. Ich selbst habe nicht die Konsequenz und den Mut zur Konfrontation, den Trine besitzt. Als Mensch fällt es mir schwer so weit zu gehen wie sie.

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Trines Trompetenspiel hat einen großen Stellenwert im Film. Sie selbst spielen das Instrument auch.

Ja, das Trompeteüben ist ein Auszug aus meinem Leben, was ich kenne, was mir vertraut ist, wovon ich erzählen möchte. Nach dem Abitur bin ich mehrmals als Anhalter gereist, zum Beispiel über die baltischen Staaten nach Norwegen, und ich war zwei Monate in Spanien. Ich hatte die Trompete stets dabei und habe an unterschiedlichsten Orten geübt. Stilistisch schlägt sich diese Erfahrung im Film wieder. Die Musik, die Hochkultur, wird mit der Natur und dem Draußen verbunden, womit sich die Bühne für das Instrument vervielfältigt.

Teile des Drehbuchs haben Sie in Singen, konkret in Bohlingen verfasst. Sie kommen aus Stuttgart, leben aktuell in Wien. Welchen Bezug haben Sie zum Bodensee?

Mein Patenonkel und meine Patentante, zu denen ich eine enge Bindung habe, leben dort. Auch wenn das Drehbuch größtenteils in Norwegen entstanden ist, habe ich zwei Wochen des Drehbuchprozesses in Bohlingen verbracht und an der Struktur der Szenen gearbeitet und gefeilt. Die Bodenseeregion ist unglaublich naturnah und inspirierend, daher war es mir wichtig, genau an diesem Ort zu schreiben. Und es entstanden hier Ideen für Szenen, die wir dann in Norwegen gedreht haben.

Sie haben in Norwegen studiert. Wie kam es dazu?

Ich habe das Land während meiner ersten Tour als Tramper kennengelernt, ein paar Monate auf einem Bauernhof gearbeitet und dann von der Filmhochschule in Norwegen gehört, an der ich mich beworben habe. Sprachkenntnisse hatte ich bis dahin nicht, es war ein Sprung ins kalte Wasser. Aber ich habe mich wohl in das Land verliebt und in die Mentalität der Menschen, die dort leben.

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Wie haben Sie den Film finanziert?

Der Film ist unabhängig entstanden und in viel Eigenleistung. Ich bin Drehbuchautor, Regisseur und Produzent, und hatte das unglaubliche Glück, dass ich für den Schnitt Sylvia Ingemarsdotter gewinnen konnte. Eine wahre Koryphäe, die auch schon Filme von Ingmar Bergman montiert hat. Zudem hatte ich eine tolle Crew, die trotz geringer Honorare alles gegeben hat. Zusätzlich gab es auch einen zwar kleinen, doch hilfreichen Förderungsetat aus Norwegen. Wir haben den Filmdreh sehr gestrafft und in nur zwölf Drehtagen fertiggestellt.

Das zeigt aber: Mutig sein und einfach machen, oder?

Ja, ich denke, der Film zeigt, dass mit viel Engagement und Authentizität etwas Wunderbares entstehen kann.

Am 24. November wird nicht nur der Film in der Singener Gems gezeigt, sondern Sie werden selbst zu Gast sein.

Es wird eine ganz besondere Veranstaltung, mit einer filmischen Reise durch Norwegen und in eine musikalische Welt. Nach dem Film werde ich unter anderem Einblicke in das Making-of geben und welche Szenen in Bohlingen entstanden sind. Der BUND Singen ist zudem mit einem Infostand zum Thema modernes Trampen vor Ort sowie generellen Infos zur nachhaltigen Mobilität. Ich habe während meiner Reisen viele Nachtzugverbindungen quer durch Europa kennengelernt und darüber kann ich viel berichten. Insgesamt ist der Abend ein wirklich rundes Paket, und ich freue mich schon sehr darauf!