Ein Martinshorn ist zu hören. Daniel Pieper hat gerade einen Notruf auf dem Werk-Gelände von Fondium abgesetzt. Durch einen technischen Defekt kam es in der Brennerhalle zu einer Verpuffung und die Lagerhalle steht in Flammen. So oder so ähnlich würde sich der Ernstfall anhören. Denn das eben ist nur die Jahreshauptübung der Werkfeuerwehren von Fondium und Maggi. Aber was genau ist eine Werkfeuerwehr überhaupt? Daniel Pieper, Kommandant der Werkfeuerwehr Fondium, und Tobias Heizmann, Kommandant der Werkfeuerwehr Maggi, geben Aufschluss.

„Wir schützen primär das Werk“, erklärt Daniel Pieper. Sein Werk ist das von Fondium. Gegründet im Jahr 1895, zählt die Eisengießerei zu den größten in Europa. Für Pieper und seine 58 Kollegen in der Werkfeuerwehr heißt das, dass sie im Ernstfall für die Sicherheit der gut 900 Mitarbeiter des Werks zuständig sind. Auch Tobias Heizmann sorgt mit 45 anderen Mitgliedern seiner Werkfeuerwehr auf dem Maggi-Gelände für Sicherheit. Seit 1901 löscht die Werkfeuerwehr Maggi Brände auf dem Werkgelände.

Hoheitsrecht auf dem Gelände

Wie Heizmann erklärt, ist die Werkfeuerwehr eine ebenso vollwertige Wehr wie jede andere Freiwillige Feuerwehr. „Alle Werkfeuerwehren in Singen sind anerkannte Werkfeuerwehren“, führt Heizmann aus. Das beinhaltet neben Maggi und Fondium auch die Werkfeuerwehr von Alu und Takeda. Für die Werkfeuerwehr von Takeda wurde erst vor Kurzem das neue Feuerwehrhaus eröffnet. Wenn es zu einem Notfall auf dem Werk-Gelände von Maggi oder Fondium kommt, wird zunächst die zuständige Werkfeuerwehr kontaktiert und nicht die städtische Feuerwehr. „Die Werkfeuerwehr hat sozusagen Hoheitsrecht auf dem Gelände“, erklärt der Kommandant der Werkfeuerwehr Maggi.

Neben dem Fondium Kommandant Daniel Pieper (links) steht Tobias Heizmann, Kommandant der Werkfeuerwehr Maggi. Die Partnerschaft zwischen ...
Neben dem Fondium Kommandant Daniel Pieper (links) steht Tobias Heizmann, Kommandant der Werkfeuerwehr Maggi. Die Partnerschaft zwischen den beiden Werken ist für sie eine Bereicherung. | Bild: Jeronimo Hillgruber

Das ist auch der wesentliche Unterschied zu einer Betriebsfeuerwehr. Denn auf dem Gelände, für das eine Betriebsfeuerwehr zuständig ist, wird bei einem Notruf auch immer die städtische Feuerwehr alarmiert. Aber auch die Werkfeuerwehren können Unterstützung bekommen. „Unsere Werkfeuerwehr unterstützt in Notfällen das Maggiwerk, und so ist das auch umgekehrt“, erklärt der Kommandant der Werkfeuerwehr Fondium, Daniel Pieper. Doch nicht nur die benachbarten Werke unterstützen sich.

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„Wenn es zu einer großen Notlage kommt, können wir ausrücken und der Freiwilligen Feuerwehr von Singen unter die Arme greifen“, erklärt Pieper. Auch umgekehrt sei es möglich, dass die umliegenden Freiwilligen Feuerwehren ins Werk kommen, um für Sicherheit zu sorgen. Dies passiere jedoch äußerst selten, heißt es von Heizmann. „Der entscheidende Unterschied zu einer Freiwilligen Feuerwehr ist die Schnelligkeit“, erklärt er weiter.

Aber: „Wir alle machen das nicht hauptberuflich“, erklärt Pieper. Die Mitglieder der Werkfeuerwehren arbeiten im Werk, sei es im Büro oder am Fließband. „Dadurch können wir schneller als jede Feuerwehr bei uns auf dem Gelände sein, zudem besitzt jeder gute Ortskenntnisse, das ist entscheidend für den Erfolg“, führt Heizmann aus.

Die Werkfeuerwehr von Fondium bereitet bei der Jahreshauptübung Löschschläuche vor, um im Inneren der Halle zu löschen.
Die Werkfeuerwehr von Fondium bereitet bei der Jahreshauptübung Löschschläuche vor, um im Inneren der Halle zu löschen. | Bild: Jeronimo Hillgruber

Für den Notfall gerüstet

Auch wenn nicht jeder Einsatz ein Großeinsatz mit voller Truppe ist, sei es trotzdem wichtig, dass sie immer schnell vor Ort seien, so Daniel Pieper. „Durch unser schnelles Handeln können wir Brände stoppen, bevor sie bedrohlich werden“, erklärt er. Im laufenden Jahr musste die Werkfeuerwehr von Fondium 38 Mal (Stand 26. September) ausrücken. Auch das Maggiwerk schaffe es, gefährliche Situationen schnell zu entschärfen.

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Im Jahr 2023 zählte das Werk 46 Einsätze der Werkfeuerwehr. Wie Tobias Heizmann erklärt, waren von diesen Einsätzen rund 80 Prozent auf dem eigenen Gelände. Bei den restlichen Einsätzen leisteten sie anderweitig Unterstützung. „Neben dem Maggiwerk sorgen wir für die Sicherheit von Gebäuden auf dem Gelände und für die Lagerhallen der Spedition Ansorge unterhalb des Geländes“, erklärt Heizmann. Der längste Einsatz fand dieses Jahr aber auf dem eigenen Gelände statt.

Bild 3: Schnelle Hilfe vor Ort: So arbeiten Werksfeuerwehren
Bild: Jeronimo Hillgruber

„Wir waren über neun Stunden im Einsatz“, sagt der Kommandant. Der Anlass: Der Starkregen Ende Juni ließ zahlreiche Keller auch im Maggiwerk volllaufen. „Es war eine anspruchsvolle Aufgabe und hat uns alle gefordert, doch wir konnten sie meistern“, erklärt Heizmann stolz. Alle fünf Einsatzfahrzeuge waren an diesem Tag im Einsatz. Ob und wie viele Einsatzfahrzeuge ausrücken, entscheidet immer der Notruf, erklärt Heizmann.

Auch bei Daniel Pieper und der Werkfeuerwehr von Fondium sind fast nie alle Fahrzeuge im Einsatz. „Wir haben ebenfalls fünf Fahrzeuge, bei einer Meldung geht immer mindestens ein Fahrzeug raus“, erklärt Pieper. Aber auch dort komme es eher selten vor, dass alle Fahrzeuge das Martinshorn anstellen müssen. „Dennoch ist es wichtig, dass wir sie haben.“