Fünf bewegte Jahre für Kommunalpolitiker gehen zu Ende. Was war wichtig? Was wird wichtig? Was hat die heißesten Diskussionen ausgelöst? Für die Stockacher Freien Wähler gibt Wolf-Dieter Karle, Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat, Antworten:
Die wichtigste Debatte: Karle fallen dazu mehrere Themen ein. Eines ist die Verkehrsführung in Stockach. Für die Schiesser-Kreuzung sei mehr nicht machbar. Bei der Umfahrung im Westen der Stadt sieht er noch viele Probleme, weil Behörden, Planer und Bürger unterschiedliche Vorstellungen hätten. „Warum nicht eine Tunnel-Lösung?“, so Karle. Solche Themen wolle man nur noch gemeinsam mit den Bürgern anpacken. Eine Ostumfahrung sei schon in den 1990er-Jahren thematisiert worden. Damals sei der ganze Gemeinderat noch dagegen gewesen. Nun, mit stark gestiegenem Verkehr, sehe man das Thema anders. Karle nennt zudem die Diskussion um die Schulentwicklung zu diesem Punkt. Auch die Unterbringung von Flüchtlingen – Karle war drei Jahre lang ehrenamtlicher Integrationsbeauftragter – fällt für ihn in diese Kategorie.
Welche Position hatte die Fraktion zu...
Kindergartenbeiträgen? Bei diesem Thema habe man in der Fraktion lange gerungen, erzählt Karle. Was die Umstellung vom badischen auf das württembergische Modell angeht, das größere Familien tendenziell begünstigt und kleinere belastet, hätten die Freien Wähler als letzte im Gremium zugestimmt. Mit der CDU haben die Freien Wähler dann bei der Haushaltsberatung für dieses Jahr beantragt, die Sätze für die Kleinkindbetreuung nicht so stark steigen zu lassen, wie es ursprünglich vorgesehen war – ein Kompromiss, der mit breiter Mehrheit beschlossen wurde. „Wir wissen, dass das Thema noch nicht zu Ende ist“, sagt Karle heute, auf dessen Liste auch Christian Kliver kandidiert, der Vorsitzende des Gesamtelternbeirats Kita. Das Gremium hatte im Winter scharfe Kritik an der Beitragssteigerung im Kleinkindbereich geübt. Der nun getroffene Beschluss sei in seinen Augen nicht für die Ewigkeit. Entscheidend sei für ihn, die Eltern einzubeziehen, sagt Karle.

...Ausbau des schnellen Internets auch in Weilern und Einzelhöfen? Für das Anliegen der Einwohner in kleinen Orten und Einzelhöfen, eine akzeptable Internetverbindung zu bekommen, hätten die Freien Wähler Verständnis, sagt Karle. Doch die Stadt könne es nicht allein machen – einerseits aus finanziellen Gründen, andererseits, weil die Stadt nicht alles allein entscheiden kann. Gewerbetreibende, etwa Landwirte, solle man zuerst anschließen.
...Belebung der Oberstadt? Bei diesem Thema will Karle auch die Unterstadt rund um Goethe- und Schillerstraße einbeziehen. Hier müsse man mit allen Beteiligten wie Hausbesitzern, Gewerbetreibenden und dem Verein HHG ein Konzept entwickeln, wie man Menschen zum Einkaufen in die Stadt holen könnte. Karle bringt Platzgewinn durch Einbahnstraßen ins Spiel – und könnte sich eine Fußgängerzone vorstellen.
...Seehäsle-Verlängerung und Ausbau des ÖPNV? Die Entwicklung der Ablachtalbahn in Richtung Mengen sei nur sinnvoll, wenn es bis Ulm weitergehe, sagt Wolf-Dieter Karle. Und Bahnverkehr solle entlastend wirken, einen Rückstau in der Stadt könne man sich nicht erlauben. Zunächst müssten also per Umgehungsstraßen die Autos raus, so Karle – ein Argument, das auch Stockachs Bürgermeister Rainer Stolz, ebenfalls Freie Wähler, mehrfach genannt hat. Ein Stadtverkehr mit Bussen würde nur funktionieren, wenn diese auch sehr häufig fahren, sagt Karle, doch dafür gebe es keinen Träger. Bessere Verbindungen in umliegende Orte seien ein Kreisthema. Auch das Seehäsle solle länger und öfter fahren. Zudem plädiere er dafür, das Radwegenetz zu verbessern, woran die Stadt arbeite. Denn Karle ist auch klar: „Wenn es das Angebot nicht gibt, kann man niemanden vom Auto wegbringen.“
Erfolg und Niederlage: Als Erfolg wertet Karle, dass sich die Freien Wähler als Fraktion treu geblieben seien. Man habe nicht nur Verwaltungsvorlagen abgenickt, sondern kritisch nachgefragt. Mit allen Parteien gemeinsam habe man viele für die Stadt wichtige Dinge entschieden. An eine völlige Enttäuschung könne er sich hingegen nicht erinnern, so Karle. Selbstkritisch merkt er an, dass die Freien Wähler zu wenig Öffentlichkeitsarbeit betrieben hätten.
Der dringendste Handlungsbedarf in den nächsten fünf Jahren: Auf der Entwicklung der Innenstadt liege das Augenmerk, so Karle. Dass Umgehungsstraßen das Publikum weiter aus der Stadt heraushalten, sehe er nicht, denn es komme auch auf die Bevölkerungszahl im Einzugsbereich der Stadt an. Und Karle wirft die Frage auf, ob das Einzelhandelskonzept mit dem dort definierten innenstadtrelevanten Sortiment überhaupt Erfolg gebracht habe. Außerdem auf der Agenda: Verkehr, Wohn- und Gewerbegebiete.
Zusammenarbeit mit der Verwaltung: Diese bezeichnet Karle als grundsätzlich unproblematisch. Ab und zu gebe es zwischen Vertretern von Verwaltung und Gemeinderat zwar unterschiedliche Meinungen. Am Ende komme man aber immer auf einen Punkt. „Andere Meinungen zu vertreten ist legitim“, sagt Karle. Daraus entwickle sich dann ein neuer Standpunkt.
Serie und Fraktion
- Serie: Mit dem Gemeinderats-Check wirft die SÜDKURIER-Redaktion einen Blick auf die vergangenen fünf Jahre Kommunalpolitik in Stockach – und auf das, was in den nächsten fünf Jahren wichtig wird. Dabei wird jeweils die Arbeit einer Fraktion des Stockacher Gemeinderats zum Thema gemacht. Die Folgen werden in der Reihenfolge der Fraktionsgröße abgedruckt.
- Personalien: Mit sieben Sitzen sind die Freien Wähler die zweitstärkste Kraft im Stockacher Gemeinderat. Alle Fraktionsmitglieder, die 2014 in das Gremium gewählt wurden, sind nach wie vor dabei. Allerdings werden zwei Räte der Freien Wähler nicht mehr antreten. Roland Strehl kandidiert nicht für den Gemeinderat. Dafür steht er auf dem Wahlzettel für den Kreistag, für den er vor fünf Jahren nicht angetreten war. Auch Andreas Meier steht dieses Jahr nicht zur Wahl.
- Wahl: Die Kommunalwahl findet am Sonntag, 26. Mai, statt. Am gleichen Tag ist die Europawahl.
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