Die Skulptur ist Teil des historischen Stadtrundgangs, aber etwas unscheinbar, hoch oben und eher wenig bekannt: Altbundeskanzler Helmut Kohl steht seit 2001 als Steinfigur des Künstlers Peter Lenk auf dem Dachgiebel der Unteren Apotheke in der Stockacher Oberstadt.
Wobei: Eigentlich müsste es eher “liegt” heißen. Denn das Werk mit dem Titel “Der Ehrenwortbube” besteht neben Kohl auch aus der Justitia, deren Augen verbunden beziehungsweise von einer Narrenkappe verdeckt sind, und die den Altkanzler übers Knie legt und mit einer Peitsche den Hintern versohlt.
Darstellung spielt auf Spendenaffäre an
Lenk spielt mit der Darstellung auf die CDU-Spendenaffäre an, die um die Jahrtausendwende Schlagzeilen machte. Damals ging durch die Medien, dass Kohl in den 1990er-Jahren zwei Millionen D-Mark an Spenden für die Partei angenommen haben sollte, aber nicht sagen wollte, von wem diese stammten.
“Es war eine Auftragsarbeit”, erzählt Lenk über die Entstehung des Ehrenwortbuben. Die Figur falle unter Kunst am Bau, die Kohl abgeschafft habe, sagt der Künstler. “Ungeachtet der politischen Dinge war er ein Banause”, sagt er über Kohl und das Thema Kunst. So sei der frühere Kanzler zum Beispiel bei den Plänen der Verhüllung des Reichstags “sehr kleinkariert” gewesen.
Aber es habe trotzdem geklappt, so Lenk.2001 fand die Renovierung des Apothekengebäudes statt und in diesem Rahmen kam das etwa 1,40 Meter hohe Werk auf das Stockacher Dach. “Die Figur ist relativ klein, aber es kommt nicht auf die Größe, sondern die Botschaft an.”
Werk auf Stockacher Dach ist nicht das einzige Exemplar
Wolfgang Braun, Besitzer und Betreiber der Apotheke sowie des Gebäudes, war ein Schüler von Peter Lenk zu dessen Kunstlehrer-Zeit. “Er wollte eine Figur für den Giebel und wir haben uns darüber unterhalten, als ich gerade den Ehrenwortbuben in Planung hatte”, erinnert sich Lenk zurück.
Das Werk auf dem Stockacher Dach ist übrigens nicht das einzige Exemplar. Lenk fertigt immer mehr als eine Figur an. Ein Exemplar ist auch in seinem Skulpturengarten zu finden und ein weiteres befinde sich in einem Museum in der Steiermark (Österreich). Ein Bild des Ehrenwortbuben gibt es auch in einem Buch über die Lenk-Skulpturen, das immer wieder in neuen Auflagen erscheint und um die neuen Werke des Künstlers ergänzt wird.
Über die Enthüllung des Ehrenwortbuben im Juli 2001 und die damaligen Reaktionen berichtete natürlich der SÜDKURIER in der Stockacher Lokalausgabe. Im Vorfeld hatte die Nachricht die Runde gemacht, dass irgendwo in Stockach eine neue, kleine Figur des Künstlers Peter Lenk aufgestellt werden sollte – ein Mini-Lenk.
Unterschiedliche Reaktionen auf Lenk-Figur
Wo und was oder wen die Figur darstellen sollte, war bis zur Enthüllung ein Geheimnis. Es wurde am 27. Juli 2001 schließlich gelüftet und einige Bürger versammelten sich, um den Ehrenwortbuben auf dem Giebel der frisch renovierten Apotheke anzuschauen.
Lenk bezeichnete die Figur damals als ein Narrengericht. Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus. Die Worte originell und herrlich fielen. Von der Straße aus sei aber schwer zu erkennen, was auf dem Giebel gezeigt werde.
Knapp ein Jahr später, im Mai 2002, bekam Stockach ein zweites Lenk-Werk. Einen U-Boot-Turm mit den Seemännern und einer großbusigen Dame, die alle Aussehen wie der frühere deutsche Verteidigungsminister Rudolf Scharping. Es steht heute noch in der Unterstadt in der Schillerstraße und trägt den Titel “Seemanns Traum”. Das Werk war ursprünglich als Erinnerung der Partnerschaft der Stadt Stockach mit der Besatzung des U23 gedacht, es handelt sich aber um den Turm des Engener Paten-U-Boots U20. Auch diese Skulptur ist Teil des historischen Stadtrundgangs.
So berichtete der SÜDKURIER im Jahr 2001 über die neue Lenk-Figur:
Dateiname | : | Enthüllung der Lenk-Skulptur von Kohl - 28. Juli 2001 |
Datum | : | 17.06.2017 |
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Dateiname | : | Reaktionen auf Kohl-Skulptur von Lenk - 31. Juli 2001 |
Datum | : | 17.06.2017 |
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