Soll die Stadt Stockach knapp 57.000 Euro ausgeben, um durch die Änderung eines Flächennutzungsplans neue Photovoltaikflächen bei Wahlwies zu ermöglichen oder nicht? Um diese Frage entbrannte in der jüngsten Sitzung des Planungsausschusses eine heiße Diskussion.
Begonnen hat alles mit einem Vorschlag der Verwaltung: Nachdem der gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Stockach im vergangenen Herbst den Weg frei gemacht hat für eine entsprechende Änderung des Flächennutzungsplans, sollte nun die Firma Sieber Consult GmbH aus Lindau damit beauftragt werden, die Planungsleistungen für die Änderung zu übernehmen.
Welcher Bereich betroffen ist
Konkret geht es bei dem Vorhaben darum, dass im nordöstlichen Bereich von Wahlwies Agri-PV-Anlagen ermöglicht werden sollen, erklärte Bauamtsleiter Lars Heinzl in der Sitzung. Dabei handelt es sich um Photovoltaikanlagen, die über landwirtschaftlichen Flächen aufgeständert werden. „Dadurch wird für die Obstbauern eine Doppelnutzung ihrer Flächen möglich, denn die PV-Anlagen bieten zugleich Hagelschutz für die darunter stehenden Obstbäume“, führte Bürgermeisterin Susen Katter die Erklärung weiter aus.
Stadtrat Martin Bosch (CDU) erkundigte sich in diesem Zusammenhang nach dem Flächenziel für Photovoltaik. Denn Städte und Gemeinden müssen laut einer Vorgabe des Landes einen gewissen Teil ihrer Gemarkung für erneuerbare Energien ausweisen. Insgesamt zwei Prozent der Fläche Baden-Württembergs sollen am Ende für die Erzeugung erneuerbarer Energien, insbesondere Windkraft und Solarenergie, genutzt werden.
Lars Heinzl führte auf Nachfrage von Martin Bosch aus, dass die betreffenden Flächen nicht zu den vom Land geforderten Flächen dazu gerechnet werden können, da Agri-PV nicht angerechnet werde. Allerdings habe Stockach das Flächenziel mit den bestehenden und aktuell geplanten Anlagen ohnehin fast erreicht.
Die Frage nach der Sinnhaftigkeit
Vor diesem Hintergrund stellte Stadtrat Roland Fiedler (FWV) die Frage, ob die Flächen dann überhaupt für Photovoltaik freigegeben werden sollten. „Schließlich sprechen wir hier am Ende auch von einer Verschandelung von wertvoller Natur“, so Fiedler.
Auch Stadtrat Christoph Lempp (FDP) stellte die Sinnhaftigkeit, der Flächennutzungsplansänderung infrage. Er verwies darauf, dass Landwirte ohnehin in Baurechtsfragen eine Privilegierung genießen. Daher stellte er sich die Frage, ob überhaupt eine Anpassung des Flächennutzungsplans notwendig wäre, damit ein Landwirt eine solche Anlage bauen darf. „Ansonsten sehe ich den Sinn einer Änderung nicht.“
Privilegierung gilt nur für begrenzte Bereiche
Lars Heinzl erläuterte daraufhin, dass die Privilegierung nur für eine Fläche von 2,5 Hektar im direkten Umfeld der eigenen Hofstelle gilt. Bei der betreffenden Fläche handelt es sich laut Daten des Online-Kartendienstes Google Maps um eine Fläche von rund 170 Hektar. „Die Fläche wäre günstig gelegen in der Nähe des Industriegebiets Hardt“, so Heinzl.
Auch Stadtrat Andreas Bernhart (CDU) äußerte sich positiv über den Vorschlag zur Änderung des Flächennutzungsplans. „Ich sehe es als Angebot an die Landwirte. Wir hatten in der Vergangenheit auch Schwierigkeiten mit Hagelnetzen über den Plantagen. Inzwischen gibt es sehr viele davon und wir haben uns daran gewöhnt.“
Bei der Abstimmung votierten vier Ausschussmitglieder gegen den Vorschlag der Verwaltung. Bei einer Enthaltung und sieben Ja-Stimmen gab es dennoch eine Mehrheit für die Vergabe der Planungsleistungen für die Änderung des Flächennutzungsplans an die Firma Sieber Consult GmbH für knapp 57.000 Euro.