Hinter der Feuerwehr Stockach liegt rund ein Jahr voller Herausforderungen. Nicht nur mussten Veranstaltungen abgesagt und gewohnte Abläufe wegen der Corona-Pandemie umgestellt werden, auch konnten Ausbildungen und Übungen nicht stattfinden – und sie können es noch immer nicht. Vor allem in der Zukunft könnte das zu Problemen führen, wie Uwe Hartmann, Kommandant der Stockacher Gesamtwehr, und seine Kollegen im Gespräch mit dem SÜDKURIER berichten.
Jugendbereich betroffen
Ein Bereich, der von der Corona-Pandemie stark betroffen ist, ist die Jugendfeuerwehr. Wie die Jugendwartin Lisa Helbling berichtet, musste der Nachwuchs im vergangenen Jahr nicht nur auf Aktionen wie das sonst übliche Zeltlager oder den Sternmarsch verzichten, sondern Großteils auch auf Proben. Zwar seien im Sommer ein paar davon mit Präsenz vor Ort möglich gewesen, ansonsten habe man die Übungen aber ins Internet verlegen und als Videokonferenz abhalten müssen.
„Wir haben der Jugendfeuerwehr Übungsseile nach Hause gebracht“, schildert Helbling. Zudem habe man die Fahrzeughalle gefilmt und mit den Kindern und Jugendlichen auf diese Weise Fahrzeugkunde durchgenommen. Und anstatt des Zeltlagers habe der Nachwuchs kleine Pakete mit nach Hause bekommen. „Man muss sich in solchen Zeiten etwas überlegen“, erklärt die Jugendwartin die Gedanken hinter den Aktionen. Es sei schwer, die Kinder und Jugendlichen bei der Stange zu halten, wenn nichts stattfinden könne. Glücklicherweise habe es aber zumindest bei der Freiwilligen Feuerwehr Stockach bisher noch keine Abgänge gegeben.
Kräfte könnten in Zukunft fehlen
Aber nicht nur bei der Jugendfeuerwehr verursacht Corona Probleme. Die Grundausbildung konnte laut Lisa Helbling zwar im vergangenen Jahr noch stattfinden, auch, wenn sie statt der sonst üblichen wenigen Wochen von Fasnacht bis Oktober dauerte, weil sie wegen Corona unterbrochen werden musste. Bei anderen Ausbildungen war das aber nicht möglich. Wie Uwe Hartmann berichtet, konnten etwa Truppenführerlehrgänge nicht stattfinden – dabei ist diese Ausbildung Pflicht, wenn junge Erwachsene in den Einsatzdienst einsteigen wollen.
Derzeit steht die Freiwillige Feuerwehr Stockach im vergleich zu anderen Feuerwehren zwar noch gut da, was die Anzahl an Einsatzkräften aussieht, sagt der stellvertretende Kommandant der Abteilung Stadt, Markus Rebholz. Allerdings ist klar: Wenn mangels Lehrgängen kein Nachwuchs in den Einsatzdienst nachrücken darf, fehlen im schlimmsten Fall in Zukunft einmal Kräfte. „Da kommt ein Problem auf uns zu“, befürchtet Uwe Hartmann. „Wir leben ja vom Nachwuchs.“
Wichtige Zeit geht verloren
Und die Corona-Pandemie könnte auch dafür sorgen, dass der Feuerwehr neue Einsatzkräfte gleich ganz verloren gehen, wie Markus Rebholz erklärt. So könnte es sein, dass bei einer noch lange anhaltenden Krise viele Jugendliche, die jetzt zum Truppenführer ausgebildet werden wollen, in Zukunft nicht mehr die Möglichkeit dazu haben. „Die Zeit hat man in der Regel, wenn man fertig mit der Schule ist“, sagt Markus Rebholz. Beginnen die Truppenführeranwärter aber erst einmal, zu studieren, oder fangen sie eine Ausbildung an, sei das nicht mehr so leicht. Und auch nach dem Studium oder der Ausbildung sei die Zeit oft nicht mehr da, um sich ausbilden zu lassen. Quereinsteiger seien darum selten.
Auch bei den Führungskräften könnte es zu Engpässen geben, denn auch in diesem Bereich konnten keine Lehrgänge angeboten werden. Und weil laut Markus Rebholz ohnehin immer nur wenig Plätze an der Landesfeuerwehrschule zur Verfügung stehen, könnte die Corona-Krise auch dann noch zu Verzögerungen führen, wenn wieder Schulungen stattfinden dürfen. Denn dann sind erst einmal die Feuerwehrleute dran, die schon 2020 hätten ausgebildet werden sollen, alle anderen müssen warten und blockieren, sobald sie an der Reihe sind, wiederum die Plätze für den nächsten Jahrgang.
Aber auch für Feuerwehrleute, die bereits ausgebildet sind, ist Corona ein Problem: So müssen die Atemschutzgeräteträger laut Uwe Hartmann jährliche Übungen absolvieren. Dafür müssen sie sich auf eine Atemschutzstrecke in Schaffhausen begeben – weil aber die Grenzen in der entsprechenden Zeit geschlossen waren, war das im vergangenen Jahr nicht möglich.
Übungen finden online statt
Immerhin: Im Gegensatz zur Jugendfeuerwehr konnten die Einsatzkräfte im Laufe des vergangenen zumindest hin und wieder Übungen abhalten – wenn auch in anderer Form als sonst, nämlich in kleinen Gruppen. Und darüber sei man froh gewesen, betont Markus Rebholz. „Die Feuerwehr lebt davon, dass man die Handgriffe übt.“ Seit Dezember werden die Übungen aber wieder online durchgeführt und dort lasse sich eigentlich nur die Theorie durchgehen. Die Sondergruppen, also der ABC-Zug, die Absturzsicherungsgruppe und die Führungsgruppe, könne dadurch gar keine Proben abhalten, denn ihre Aufgaben sind Tätigkeiten, die man nicht theoretisch üben kann, erklärt Rebholz.
Bei Standardeinsätzen voll einsatzfähig zu sein, sei trotz der eingeschränkten Proben aber nicht das Problem, zumindest in der Abteilung Kernstadt. Bei den Abteilungen der Ortsteile sehe das doch wieder anders aus, denn dort werden laut Markus Rebholz weniger Einsätze gefahren. „Wenn die nicht üben, wo sollen sie dann die Routine herbekommen?“, fragt er darum. Und in ungewöhnlichen Situationen, die nicht häufig vorkommen und bei denen daher keine Routine herrscht, könnten sich die fehlenden Präsenzproben auch in der Abteilung Stadt bemerkbar machen.
Es gibt auch Vorteile
Dennoch hat die Corona-Krise nicht nur negative Auswirkungen auf die Stockacher Feuerwehr. Wie Gesamtkommandant Uwe Hartmann berichtet, habe sich die Einsatzpräsenz am Tag durch das Homeoffice erhöht, zudem habe die Anzahl der Einsätze abgenommen. Zudem sei das Bewusstsein für Hygieneanforderungen, die für die Feuerwehr schon vor Corona wichtig waren, durch Corona noch weiter zugenommen.