Manuela Martin hat ein großes Herz für Igel. Seit sie im Dezember 2016 einen jungen, untergewichtigen Igel aus einem gelben Sack befreit und zur Wildtierhilfe gebracht hatte, half sie dort ehrenamtlich am Wochenende. Sie fuhr mit Igeln zu Tierärzten, päppelte sie und eignete sich immer mehr Wissen an, bis sie schließlich anfing, Leute mit Igeln zu beraten, selbst Tiere anzunehmen und zu versorgen.

Sie blieb bis heute dabei, denn: „Der Bestand der Igel, die zu den ältesten Säuge- und Wildtieren gehören, hat sich sehr extrem reduziert. Viele Gefahren gehen von Menschen aus.“ Da sie als Privatperson kaum Möglichkeiten hatte, an die Öffentlichkeit zu gehen, gründete Manuela Martin im September für die Igelhilfe E.Igeltingen eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG).

Bei wärmeren Temperaturen ist hier Jungigel Angie unterwegs.
Bei wärmeren Temperaturen ist hier Jungigel Angie unterwegs. | Bild: Manuela Martin

Die Rechtsform hilft dem Ehrenamt

Die gemeinnützige Unternehmergesellschaft ist eine Rechtsform, die für die Gründung von Unternehmen geeignet ist, deren Erträge für gemeinnützige Zwecke verwendet werden sollen, bei denen das Stammkapital für die Gründung einer gGmbH aber noch nicht vorhanden ist. „Spenden, die ins Unternehmen fließen, gehören dem Unternehmen. Falls ich aufhörte, ginge das Geld an eine andere gemeinnützige Einrichtung“, erklärt Manuela Martin. „Und sobald ich 25.000 Euro beisammenhabe, werde ich eine gGbmH gründen.“

Sie dürfe jetzt auch Spendenbescheinigungen ausstellen. Die Spenden werden ausschließlich für die Igel eingesetzt. Tierärzte behandelten die Igel oft kostenlos. Dabei würden pro Igel 50 bis 100 Euro für Laborkosten für die Kotanalyse, Medikamente, Vitamine und gute Nahrung benötigt.

Ein Suchhund soll künftig helfen

Aktuell werde Igel-Suchhund Tessa ausgebildet. Manuela Martin erklärt: „Nachdem sie die Witterung aufgenommen hat, zeigt sie den Igelfund an, indem sie sich neben den Igel setzt. Der Igel kann geborgen und in Sicherheit gebracht werden.“

Das sei besonders wichtig rund um leerstehende Häuser, Scheunen und unbenutzte Grundstücke, die Igel gerne als Revier annehmen. Wenn diese Gebäude abgerissen oder die Grundstücke für eine Bebauung gerodet werden, fallen die Tiere oft den großen Maschinen zum Opfer. Gerade hat sich die Igelhilfe als FÖJ-Stelle qualifiziert und kann ein Freiwilliges Ökologisches Jahr anbieten.

Dutzende Igel gleichzeitig und rund 600 dieses Jahr

In der Halle neben ihrem Wohnhaus in Eigeltingen pflegt Manuela Martin aktuell über 70 Igel. Sie hat dafür 15 regelmäßige Helfer, darunter zwei, die auch Igel bei sich pflegen. In einer WhatsApp-Gruppe hat sie 35 Leute vereint, die sie fragen kann, wenn sie spontan jemand für eine Tierarzt-Fahrt braucht oder falls ein Igel abgeholt werden muss. Bestenfalls sollten Tiere zu ihr gebracht werden, sagt sie.

Hier zeigt sich der unterernährte Igel Freddy mit 480 Gramm Gewicht. Sein Sollgewicht wären 1000 bis 1200 Gramm. Der Hungerknick im ...
Hier zeigt sich der unterernährte Igel Freddy mit 480 Gramm Gewicht. Sein Sollgewicht wären 1000 bis 1200 Gramm. Der Hungerknick im Nacken ist deutlich erkennbar. | Bild: Manuela Martin

Im vergangenen Jahr habe sie etwa 400 Igel gepäppelt und ausgewildert, dieses Jahr eher 600 oder mehr, schätzt Manuela Martin. „Über 90 Prozent schaffen es.“

Sie erklärt, dass Igel durch den warmen Herbst in einem zweiten Wurf noch bis Mitte Oktober Junge bekommen hätten. Ab September beginne der Winterschlaf der Männchen, die von den Weibchen verjagt würden, sobald sie Junge haben. Wenn die Jungen etwa 250 Gramm wiegen, gehen sie ihrer Wege und auch die Mutter fällt in den Winterschlaf. Deshalb sei es wichtig, im Garten Bereiche zu lassen, wo Laub liegen bleibe.

Hier wird deutlich, wie gefährlich der Inhalt eines Gelben Sackes und der Beutel selbst für Igel sind. Verletzungen und Krankheiten sind ...
Hier wird deutlich, wie gefährlich der Inhalt eines Gelben Sackes und der Beutel selbst für Igel sind. Verletzungen und Krankheiten sind oft die Folge. | Bild: Manuela Martin

Was im Notfall zu tun ist

Wird ein junger Igel gefunden, braucht er vorrangig Wärme. Dafür kann man ihn auf eine Wärmflasche oder gefüllte PET-Flasche legen. Als Erstgabe kann man Fencheltee anbieten, denn Igel vertragen keine Kuhmilch. Dann sollte man umgehend mit einer Igel-Pflegestelle oder einem Tierarzt Kontakt aufnehmen.

Manuela Martin beschreibt, was bei Igeln zu beachten ist: „Der Igelbauch sollte schön rund sein. Wenn er von der Seite eingefallen ist oder der Igel einen Hungerknick im Nacken hat, wenn er sich nicht mehr zusammenrollt, nicht reagiert und auf der Seite liegt, bitte ganz schnell Hilfe holen. Wir leiten gerne an, wenn jemand seinen Igel selbst überwintern möchte.“

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Verletzte Tiere können nach Erholung wieder raus

Igel blieben so kurz wie möglich in der Pflegestelle. Verletzte Tiere würden ins Außengehege gebracht, sobald sie genesen seien, und kämen von dort zurück in ihre gewohnten Gärten oder größere Naturgärten in Ortsrandlage. „Der Wildinstinkt ist ihnen angeboren, deshalb schaffen sie es trotz Gefangenschaft und Überwinterung in menschlicher Obhut, sich draußen zurecht zu finden“, sagt die Igel-Expertin.

Eberhard Martin holt für die Igelhilfe übrige Zeitungen bei der Lokalredaktion ab.
Eberhard Martin holt für die Igelhilfe übrige Zeitungen bei der Lokalredaktion ab. | Bild: Löffler, Ramona

Viel Aufwand für die Fürsorge

Bei den vielen Igeln in ihrer Halle dauert es morgens zwei bis vier Stunden, alle mit Trockenfutter und frischem Wasser zu versorgen und die Boxen zu säubern. Abends werden die Boxen erneut gereinigt, dann gibt es frisches Futter.

Manuela Martin möchte verstärkt Öffentlichkeitsarbeit betreiben, informieren und beraten. Sie sei jetzt schon an Schulen und Kindergärten, um Kindern spielerisch beizubringen, was ein Igel brauche und sie für das Thema Wildtiere zu sensibilisieren.

Wo Gefahren für Igel lauern

Igel seien durch viele Dinge gefährdet: den Straßenverkehr, gelbe Säcke, Zäune, an denen sie hängenbleiben, Teiche oder Pools, ungesicherte Lichtschächte und Kellertreppen. Igel haben eine hochsensible Nase und der Duft von den Lebens-/Futtermittelbehältnissen lockt sie an.

Auf der Suche nach Nahrung und Unterschlupf verschwinden die Igel im gelben Sack, können sich dabei Krankheiten durch Bakterien einhandeln oder mit dem Kopf in Dosen und Bechern stecken bleiben. Tiefe Schnittverletzungen und ein Verheddern im gelben Sack sind oft die Folge. Finden sie nicht mehr heraus, werden die Igel mit dem Müll entsorgt und sterben einen grausamen Tod. Deshalb sollten gelbe Säcke zur Abholung an ein Gartentor oder einen Zaun gehängt, auf eine Mauer oder Mülltonne gelegt und so spät wie möglich herausgestellt werden.