Es sieht aus, als stünde eine große Weichenstellung in der Auseinandersetzung bevor zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG), die auch das Seehäsle zwischen Stockach und Radolfzell betreibt.
Wie das Eisenbahnverkehrsunternehmen am Donnerstag in einer groß angelegten Pressekonferenz in Stuttgart mitteilte, habe der Aufsichtsrat eine Entscheidung getroffen, die dabei helfen soll, Bewegung in den Konflikt zu bringen.
Bisherige Positionen auf dem Prüfstand
Das Problem ist, dass die GDL einen eigenen, konzernweiten Tarifvertrag für die Lokführer der SWEG-Bahn Stuttgart (SWS) und die SWEG fordern. Bislang hat der Aufsichtsrat sich in insgesamt zwei Beschlüssen gegen die Einführung eines solchen konzernweiten Tarifvertrags gesperrt. Das dies aber eine der Hauptforderungen der GDL war, schien eine Einigung in weiter Ferne. Nun erklärten die Vertreter der SWEG in der Pressekonferenz am Donnerstag, dass das Unternehmen bereit sei, in ein Vermittlungsverfahren mit der Lokführergewerkschaft einzutreten.
Im Rahmen einer solchen Vermittlung könne sich die SWEG vorstellen, von bisherigen Positionen abzurücken, machte Tobias Harms, Vorsitzender der SWEG-Geschäftsführung, deutlich. Er betonte allerdings: „Gleiches erwarten wir aber auch von der GDL“. Ein Vermittlungsverfahren könne nämlich nur dann funktionieren, wenn beide Seiten ernsthaft bereit sind, sich zu bewegen.
Lokführer wollen Angebot erst prüfen
Kommt nun also die große Wende? Das ist noch nicht sicher. Wie Stefan Mousiol, Pressesprecher der GDL, am Freitag auf Nachfrage des SÜDKURIER mitteilt, liege der Gewerkschaft das Angebot zwar mittlerweile vor, sei aber noch in Prüfung. „Wir prüfen das Angebot der SWEG momentan noch. Dabei geht es auch um die Frage, worum es im Detail geht“, so Mousiol. Genauer will sich die Gewerkschaft erst nach abgeschlossener Prüfung des Angebots dazu äußern.
Politik fordert schnelle Lösung
Zuletzt hatten sich auch Landespolitiker zu dem Arbeitskampf zu Wort gemeldet. So erklärte der verkehrspolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion im Landtag, Christian Jung, laut einer Information auf der Internetseite der Partei bereits am Mittwoch im Rahmen der Klausurtagung der FDP-Landtagsfraktion: „Die SWEG und die Lokführergewerkschaft GDL müssen endlich mit der Schlichtung starten. Spätestens am kommenden Wochenende muss mit den Gesprächen mit einem oder mehreren Schlichtern begonnen werden.“
Auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Dörflinger, forderte die beiden Parteien schon am Dienstag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur dazu auf, „sehr rasch einen unabhängigen Schlichter damit zu beauftragen, eine Lösung zu finden“.
SWEG will ein Ende der Streiks
Wie im Rahmen der Pressekonferenz zu erfahren war, habe die SWEG bereits Gespräche mit mehreren Personen geführt, die grundsätzlich bereit seien, die Vermittlerrolle in dem Verfahren zu übernehmen.
„Wir werden der GDL in Kürze einen Vorschlag für einen hochrangigen Vermittler unterbreiten und die Gewerkschaft dann zu Gesprächen einladen“, erläuterte der Aufsichtsratsvorsitzende der SWEG, Uwe Lahl. Voraussetzung für den Eintritt in eine Vermittlung sei allerdings, dass die GDL während dieser Phase von flankierenden Arbeitskampfmaßnahmen absieht.

Seit August läuft inzwischen der Arbeitskampf zwischen der Lokführergewerkschaft und dem Eisenbahnverkehrsunternehmen. Immer wieder kam es dadurch in den vergangenen Monaten zu Streiks, von denen teilweise auch das Seehäsle betroffen war.
Nur sieben Prozent der Zugführer streiken mit
Wie die SWEG in einer Pressemeldung mitteilt, sei der Konzern inzwischen insgesamt rund 600 Stunden lang bestreikt worden. „Über alle SWEG-Netze fallen streikbedingt in der Regel rund zwei Prozent der Zugleistungen aus und an den Streiks beteiligen sich rund sieben Prozent der Beschäftigten, die die GDL tarifieren möchte“, heißt es in der Mitteilung weiter.
Ein Machtkampf auf dem Rücken der Bahnfahrer?
Die Bahngesellschaft wirft der GDL indes vor, dass es ihr gar nicht um Lohnerhöhungen oder bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten gehe, sondern um mehr Einfluss für die Gewerkschaft.
„Im Kern führt die GDL einen politischen Streik um ihre eigene Pfründe und dies auf dem Rücken der Fahrgäste“, so der Vorwurf von Aufsichtsrats-Chef Uwe Lahl. Es handle sich daher um einen Erzwingungsstreik, um bei der SWEG künftig auch einen Tarifvertrag abschließen zu können. Hierzu nutzte die GDL den hohen Organisationsgrad bei der SBS, heißt es dazu in einer Pressemeldung des Unternehmens.
Bei der SWEG gilt derzeit der Eisenbahn-Tarifvertrag (ETV) der Gewerkschaft Verdi. „Der GDL-Tarifvertrag weist an einigen Stellen Vorzüge auf, der ETV an anderen Stellen“, schreibt die SWEG. Der von der GDL immer wieder aufs Neue erhobene Vorwurf der Schaffung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft entbehre jeglicher Grundlage, so der Standpunkt der Unternehmensführung.