Bei zahlreichen Unternehmen hat die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr für finanzielle Verluste und Einschränkungen, zum Teil sogar für Schließungen gesorgt. Anders sieht das beim Stockacher Fertigungszentrum des Rüstungskonzerns Rheinmetall aus, dort konnte trotz Krise sogar eine positive Entwicklung verzeichnet werden. Konkrete Zahlen nennt Rheinmetall zwar nicht, doch der Umsatz habe von 2019 auf 2020 um über 15 Prozent gesteigert werden können.

Gute Auftragslage aus dem Jahr 2019 hilft

Wie kann das sein? Möglich macht das die gute Auftragslage aus dem Jahr 2019. Denn die in der Vergangenheit geschlossenen Verträge liefen auch in der Krise weiter. Wie Geschäftsführer Andreas Wurdak berichtet, sei es normal, dass Vertragslaufzeiten bei zwei bis drei Jahren liegen. „Das bringt einen dann glücklicherweise auch über eine solche Durststrecke“, sagt er. Und auch neue Verträge seien dazu gekommen.

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Rheinmetall-Pressesprecher Oliver Hoffmann ergänzt, die Geschäfte des Unternehmens hängen mit den öffentlichen Haushalten zusammen und die seien schon zu Beginn eines Jahres festgelegt. „Deswegen haben wir natürlich viel Stabilität.“

Firma wurde für ein paar Tage geschlossen

Ganz unbetroffen von Corona war Rheinmetall aber auch nicht. So berichtet René Hübner, der seit 2020 Geschäftsführer in Stockach ist, von zahlreichen Umstellungen. Bereits Anfang des vergangene Jahres habe es am Standort zwei Corona-Verdachtsfälle gegeben, zur Sicherheit sei die Firma daraufhin für ein paar Tage geschlossen worden.

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Zum Glück seien die Tests schließlich negativ ausgefallen, doch um Infektionen zu vermeiden, wurden Vorsichtsmaßnahmen getroffen – und das möglichst bald. „Mir war immer wichtig, dass wir Maßnahmen schnell ergreifen“, sagt Hübner. Wichtig sei auch gewesen, die Änderungen vorsorglich zu treffen und nicht ständig zu ändern. „Damit man eine gewisse Konstante hat.“

Homeoffice, räumliche Trennungen und Schichten

Unter anderem seien Betriebsversammlungen abgesagt und Desinfektionsmittel bestellt worden. Um die Mitarbeiter möglichst voneinander zu trennen, seien Besprechungsräume in Büros umgewandelt und Mitarbeiter, wo möglich, ins Homeoffice geschickt worden. Dafür habe man nach Risikogruppen entschieden, sodass diese so schnell wie möglich daheim arbeiten konnten.

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Zudem wurde ein Zwei-Schicht-System mit zeitlicher Trennung und Reinigung dazwischen eingeführt, obwohl das durch Schichtzulagen zu Mehrkosten geführt habe. Die Schichtübergabe sei digital erfolgt, im Zweifel hätten die Mitarbeiter miteinander telefoniert.

Auch seien die Gebäudeteile voneinander getrennt worden, Kontakte dazwischen seien über E-Mail oder Telefon abgelaufen. „Dieser ganze tägliche Verkehr wurde auf ein absolutes Minimum reduziert“, erklärt Hübner. „Damit, sollte es einen Fall geben, nicht die ganze Firma betroffen ist.“ Und: „Wir haben uns relativ schnell selbst Tests besorgt“, sagt der Geschäftsführer. Denn auf positive Testergebnisse wollte Rheinmetall möglichst schnell reagieren und Kontaktpersonen überprüfen.

Keine Reduzierung der Aufträge

Die Mühe zahlte sich aus: Laut Andreas Wurdak gab es bei Rheinmetall in Stockach bis zum Juli nur vier Corona-Fälle. Die Geschäftsführer loben dabei auch ihre Mitarbeiter, die sehr vernünftig gewesen seien. Zum Teil sind die Maßnahmen mittlerweile zwar wieder zurückgefahren worden, andere, etwa die Verschiebung der Mitarbeiter ins Homeoffice, bleiben aber weiter bestehen. Und die Regeln können natürlich wieder verschärft werden, sagen Wurdak und Hübner – die Konzepte stehen schließlich.

Blick in die Produktionshalle von Rheinmetall am Standort in Stockach.
Blick in die Produktionshalle von Rheinmetall am Standort in Stockach. | Bild: Marinovic, Laura

Außerdem habe sich Corona bei der Kommunikation bemerkbar gemacht: „Reaktionszeiten in den Ämtern sind länger geworden“, schildert René Hübner. „Die Prozesse wurden verlangsamt.“ Allerdings habe das nicht zu einer Reduzierung der Aufträge geführt.

„Es wird Auswirkungen geben“

Und René Hübner schließt nicht aus, dass die Corona-Krise sich bei Rheinmetall in Zukunft noch bemerkbar macht – im Gegenteil: „Es wird Auswirkungen geben“, sagt er voraus. Diese kämen nur mit einer gewissen Verzögerung. Wie und ob das Unternehmen betroffen werde, hänge von den Beschlüssen der neuen Bundesregierung ab, die im September gewählt wird, und davon, wie der neue Verteidigungshaushalt aussehe. Geld, das etwa in die Corona-Nachsorge fließt, könnte dann fehlen.

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Pressesprecher Oliver Hoffmann relativiert jedoch: Von einer Mittelverknappung seien zunächst einmal milliardenschwere Großprojekte betroffen, bei Komponenten, die das Fertigungszentrum in Stockach herstelle, werde das ein oder andere dennoch gehen.

Viele Standbeine geben Sicherheit

Sorgenvoll ist der Blick in die Zukunft auch bei René Hübner nicht: „Es gibt ja immer Unsicherheiten“, sagt er. „Generell sehen wir dem positiv entgegen.“ Denn es gebe neue Aufträge – so hat etwa die Bundeswehr mit dem Unternehmen jüngst einen Rekordauftrag über die Lieferung von Laser-Licht-Modulen abgeschlossen – und generell gebe es weltweit die Tendenz, dass die Ausstattung für den Nachtkampf erhöht werde – und genau dafür stelle Rheinmetall Produkte her.

Das Fertigungszentrum von Rheinmetall in Stockach ist im Gewerbegebiet Blumhof zu finden.
Das Fertigungszentrum von Rheinmetall in Stockach ist im Gewerbegebiet Blumhof zu finden. | Bild: Rheinmetall

Und Oliver Hoffmann ergänzt, dass der Rüstungskonzert viele Standbeine habe. Selbst, wenn die Gelder der Bundeswehr zurückgehen, gebe es noch andere Kunden.

Rheinmetall will weiter wachsen

Wie René Hübner und Oliver Hoffmann bekannt geben, habe Rheinmetall in Stockach sogar Ausbaupläne. So werde eine neue Lasermontageanlage angeschafft, die von der Firma Zorn in Stockach hergestellt werde. Und Hübner geht davon aus, dass die Anzahl der Mitarbeiter, die derzeit mit Zeitarbeitern bei 165 bis 170 liegt, in Zukunft sicherlich auf 200 anwachsen. Dann müsse Rheinmetall sich auch Gedanken über die Standort-Kapazität machen. „Der Trend ist ganz klar: Wir werden weiter wachsen“, fasst es Geschäftsführer René Hübner deutlich zusammen.