Die Zeit um Allerheiligen und Allerseelen ist in der Regel eine stille, andächtige und traurig anmutende. Sie passt nur allzu gut zu den schnell dunkler werdenden Tagen und dem nebelverhangenen Stimmungstief, in dem sich so mancher im Herbst befindet. Konträr dazu fand am vergangenen Sonntagnachmittag in der Jahnhalle in Stockach eine fulminante und strahlende Aufführung des „Stabat Mater“ von Karl Jenkins statt.

Konträr deshalb, weil diese Aufführung alles andere als still war, obgleich sie sowohl andächtige als auch traurige Momente enthielt. Denn bei „Stabat Mater“ ist ein Oratorium, also ein Orchesterstück mit Chor und Solisten, welches das Leiden der Mutter Maria über die Kreuzigung ihres Sohnes Jesus thematisiert und musikalisch vermittelt. Der Name kommt nach dem Gedichtanfang „Stabat mater dolorosa „, was sich aus dem Lateinischen übersetzen lässt mich „es stand die Mutter schmerzerfüllt“.

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Rund 550 Zuhörer in der Halle

Die Jahnhalle platzte, raumtechnisch gesehen, förmlich aus allen Nähten, denn neben rund 550 Zuhörern, Ehrengäste und Eingeladene mitgerechnet, bevölkerten die Halle 120 Orchestermusiker des Sinfonischen Blasorchesters Stockach und der Stadtharmonie Winterthur-Töss, sowie 110 Gesangsstimmen der Chöre „Alpha-Cappella“ aus Zürich und „Vocal Track“ aus Winterthur – allesamt unter der Leitung des Stockacher Dirigenten Helmut Hubov.

Musikdirektor Helmut Hubov leitete die Orchestermusiker des Sinfonischen Blasorchesters Stockach und der Stadtharmonie Winterthur-Töss, ...
Musikdirektor Helmut Hubov leitete die Orchestermusiker des Sinfonischen Blasorchesters Stockach und der Stadtharmonie Winterthur-Töss, sowie die beiden Chöre „Alpha-Cappella“ und „Vocal Track“ feinfühlig und sicher auch durch schwierige Passagen des „Stabat Mater“ von Karl Jenkins. | Bild: Constanze Wyneken

Die überwältigende Töne eines solch großen Klangkörpers bewegten und faszinierten die Besucher, was man auch an deren Äußerungen nach der Veranstaltung bemerkte.

Publikum zeigt sich überwältigt

So fand Stockacherin Gabi Stefan das Konzert sehr ergreifend. Und Birgit Matt-Fuchs, ebenfalls aus Stockach, sagte: „Alles war in sich stimmig und die Musik ging durch Mark und Bein. Man konnte den Schmerz der Mutter Maria richtig mitfühlen.“ Sogar aus der Nähe von Meßkirch waren Besucher gekommen wie zum Beispiel das Ehepaar Ulrike und Walter Knittel. Sie fanden das Konzert „überwältigend“, wie sie schilderten, und staunten über das disziplinierte Stockacher Publikum, das die klanggewaltige Aufführung aufmerksam lauschend und wie gebannt verfolgt hatte.

Eine Konzerthalle für Stockach?

Überhaupt staunte das Ehepaar Knittel darüber, dass es eine solche Riesenaufführung mit solch großem Publikum im kleinen Stockach gegeben hatte. Ihr Vorschlag: Vielleicht sei es doch mal an der Zeit, in Stockach einen größeren Saal für Kulturveranstaltungen zu erschaffen, der nicht den Charme einer Sportveranstaltung hat.

Die Jahnhalle in Stockach platzte förmlich aus allen Nähten: Denn neben dem Sinfonischen Blasorchester Stockach, der Stadtharmonie ...
Die Jahnhalle in Stockach platzte förmlich aus allen Nähten: Denn neben dem Sinfonischen Blasorchester Stockach, der Stadtharmonie Winterthur-Töss, sowie den beiden Chören „Alpha-Cappella“ und „Vocal Track“ bevölkerten rund 550 Zuhörer den Saal bei der Aufführung des „Stabat Mater“ von Karl Jenkins. | Bild: Constanze Wyneken

In musikalischer Hinsicht dürfte diese Aufführung des „Stabat Mater“ also den Nerv der Zuhörerschaft getroffen haben. Kein Wunder, schließlich leitete Helmut Hubov den immensen Klangkörper mit solch sicherem Dirigat, als habe er immer eine solch große Menge hoch motivierter Musiker vor sich. Und man merkte ihm an, dass er sich wohlfühlte, dabei voll und ganz in seinem Element agierte und sicher auch durch schwierige Passagen führte.

Arabische Gesangtechnik öffnet Blick in den Orient

Die Chorleiter Jens Hoffmann (“Alpha-Cappella“) und Carmen Reverdin (“Vocal Track“) hatten im Vorfeld detailverliebte und präzise Proben-Arbeit geleistet – so sicher waren die Chöre geschult in Dynamik, Tempo und Ausdruck. Und auch die beiden Solistinnen überzeugten durch musikalisches Können: Angela Kerrison (aus Botsuana) brachte mit ihrem angenehm warmen Sopran und unaufdringlich klarem Vibrato die Zuhörerherzen nicht nur mit einem Lamento der Mutter Maria zum Schmelzen.

Und Christin Maho (Ethno-Sopran) beeindruckte durch arabische Gesangstechnik, durch welche sie ausdrucksstark, manchmal schon beinahe mahnend, die Zuhörer in eine orientalische Welt blicken ließ.

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Ursina Vaterlaus, die Partnerin des Stockacher Alt-Bürgermeisters Rainer Stolz, die nach eigener Erzählung das „Stabat Mater“ auch gerne zu Hause über Kopfhörer hört, fand nach dem Konzert passende Worte, um das Erlebnis zu beschreiben: „Es war einfach beeindruckend. Da beamt es dich weg!“ Sie dürfte vielen Zuhörern aus der Seele gesprochen haben.