Verpasste Anschlusszüge oder Sprints zum nächsten Zug am Bahnhof Radolfzell: Seit Anfang des Jahres beschweren sich Fahrgäste regelmäßig über Verspätungen des Seehäsles auf der Strecke zwischen Radolfzell und Stockach und deren Folgen. Der Gipfel: Eine Beschwerde von Tobias Aufderheide aus Stahringen bei der Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG), die das Seehäsle betreibt – dokumentiert im Mailverkehr zwischen Aufderheide und SWEG. Er und seine Frau würden in Radolfzell regelmäßig den Anschluss verpassen oder müssten beim Gleiswechsel rennen.

Eine Mitarbeiterin der SWEG erklärt in jedem Mailverkehr, der dem SÜDKURIER vorliegt, dass die Verspätungen mit einer Langsamfahrstelle zusammenhingen, die das dafür zuständige Eisenbahnbundesamt (EBA) aufgrund einer Anwohnerbeschwerde eingerichtet habe. Die Züge würden deshalb stellenweise nur mit 25 bis 30 Stundenkilometern fahren können. Eine schnelle Lösung durch eine kurzfristige Fahrplanänderung sei nicht in Sicht.

Es gab gar keine Anwohnerbeschwerde

Doch das stimmt nicht ganz, wie eine Nachfrage beim zuständigen Eisenbahnbundesamt ergibt. Das EBA habe tatsächlich eine Langsamfahrstelle angeordnet, bestätigt eine Sprecherin auf SÜDKURIER-Nachfrage. Diese sei etwas 100 Meter lang und befinde sich auf Höhe des Bahnübergangs Stahringen I, also an der Kreuzung der Gleise mit der Straße „Zur Schanz“ kurz nach dem Stahringer Bahnhof. Der Grund sei allerdings keine Anwohnerbeschwerden, wie von der SWEG behauptet. Eine solche habe es nie gegeben.

Ein Seehäslezug im Bahnhof von Stockach. Seit Beginn dieses Jahres beschwerten sich Fahrgäste immer wieder über Verspätungen auf der ...
Ein Seehäslezug im Bahnhof von Stockach. Seit Beginn dieses Jahres beschwerten sich Fahrgäste immer wieder über Verspätungen auf der Strecke. | Bild: Dominique Hahn

Stattdessen habe das EBA bei einer routinemäßigen Überprüfung des Bahnübergangs festgestellt, dass die so genannte Räumstrecke, also ein gewisser Bereich der Straße in beiden Richtungen des Übergangs, durch Lastwagen blockiert werde, die auf einem anliegenden Grundstück be- und entladen. Aus Sicherheitsgründen habe EBA daher Mitte Januar angeordnet, dass die Deutsche Bahn eine Langsamfahrstelle einrichten muss.

Mit den Widersprüchen konfrontiert antwortet ein Sprecher der Betreibergesellschaft SWEG auf erneute SÜDKURIER-Nachfrage, dass die SWEG eigentlich gar nicht für die Infrastruktur der Strecke in diesem Gebiet zuständig sei. Angaben zum Grund der Langsamfahrstelle könne sie daher eigentlich gar nicht machen, da er ihr nicht bekannt sei.

Ab wann verkehrt das Seehäsle wieder normal?

Inzwischen braucht es die Langsamfahrstelle allerdings ohnehin nicht mehr. „Diese konnte die Bahn aus Sicht der Behörde am 24. Februar bereits wieder aufheben“, schreibt das tatsächlich zuständige Eisenbahn-Bundesamt. Der Grund: Die Stadt Radolfzell, der Grundstückseigentümer sowie die Deutsche Bahn hätten das Problem beseitigt, indem sie eine alternative Fläche zum Be- und Entladen ausgewiesen hätten, sodass die Räumstrecke am Übergang wieder durchgehend frei sei.

Das könnte Sie auch interessieren

Eine Sprecherin des Deutschen Bahn bestätigt auf Nachfrage die Ausführungen des Amtes. Am 24. Februar sei die Langsamfahrstelle aufgehoben worden. Stadt und Anlieger hätten durch zusätzliche Beschilderungen die Verkehrsflächen neu geordnet und der Anlieger seine Lieferanten über die Veränderungen informiert.

Nicole Rabanser von der Stadtverwaltung Radolfzell konkretisiert, dass eine ehemalige Bushaltestelle, die sich nur wenige Meter von der Grundstückszufahrt entfernt befinde, als Ladezone ausgewiesen wurde.

Die ehemalige Bushaltestelle in der Straße „Zur Schanz“, die nun als Parkfläche für Lastwagen ausgewiesen wurde.
Die ehemalige Bushaltestelle in der Straße „Zur Schanz“, die nun als Parkfläche für Lastwagen ausgewiesen wurde. | Bild: Mario Wössner

Seit dem 24. Februar um genau 10.27 Uhr könnte das Seehäsle laut Rabanser wieder mit regulärer Geschwindigkeit bei Stahringen verkehren – und Sprints zum Anschlusszug in Radolfzell sollten eigentlich der Vergangenheit angehören.

Das könnte Sie auch interessieren