Die Wildtierhilfe und Vogelpflegestation in Volkertshausen arbeitet personell und finanziell weiter am Limit und kann derzeit keine Tiere aufnehmen. 150 Tiere würden aktuell von zehn ehrenamtlichen Helfern gepflegt, bis sie im Frühjahr ausgewildert werden können, wie die Leiterin der Station, Yvonne Bütehorn von Eschstruth berichtet. Mehr könnten sie und die Ehrenamtlichen vom Trägerverein Bio-Top nicht leisten. Viele Vögel werden dort gepflegt, aber auch Eichhörnchen, Feldhasen, Füchse, Rehe oder Siebenschläfer.

Dass die Wildtierhilfe und Vogelpflegestation an Grenzen kommt, ist bereits seit Jahren so. Neu ist ein zusätzlicher personeller Wechsel: Die Leiterin muss nach über 50 Jahren Engagement für kranke Wildtiere aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten und hat sich auf die Suche nach einer Nachfolgerin gemacht. Eine Erst- und Notversorgung gebe es weiterhin für verletzte und kranke Tiere und eine Beratung für ihre Finder, aufgenommen werden könnten sie nicht.

Ehrenamtliche helfen mit viel Herzblut

Die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Vereins sorgen gerade dafür, dass die Pflege der Tiere gewährleistet ist. Conny del Monte ist eine davon. Seit knapp zwei Jahren hilft sie mit. Sie habe einen kranken Vogel gebracht und dann versprochen zu helfen. Die Pflege der Wildtiere sei eine schwierige und sensible Arbeit. „Man muss auf jedes Tier eingehen, manche müssen alle zwei Stunden gefüttert werden und jedes braucht eine spezielle Nahrung“, berichtet sie.

Aber die Arbeit mache Freude, weil die Tiere dankbar seien. Und es sei erstaunlich, wie es die Leiterin schaffe, so viele Tiere wieder aufzupäppeln. „Die Wildtierhilfe ist wichtig, weil wir ohne Tiere nicht leben können“, beschreibt sie ihre Motivation.

Die Rabenkrähe Abraxas wird von der Wildtierhilfe gepflegt.
Die Rabenkrähe Abraxas wird von der Wildtierhilfe gepflegt. | Bild: Biotop e.V.

Neue Ehrenamtliche zu finden, sei auch nach der Corona-Pandemie schwer. Außerdem stiegen die Kosten für Futter sowie Pflege und die Station müsse dringend ausgebaut werden, um der großen Zahl an Tieren gerecht zu werden, berichtet die Leiterin.

„Wildtiere haben keine Lobby“

Sie sieht das Hauptproblem bei der Versorgung von Wildtieren darin, dass sich in der Politik niemand des Themas annehme und es deshalb keine gesetzliche Regelung und keine Finanzierung gebe. Diese Lücke habe sie als Privatperson über Jahrzehnte für den Landkreis und darüber hinaus gefüllt. „Die Wildtiere haben keine Lobby und niemand fühlt sich zuständig“, erklärt die 60-Jährige.

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Lediglich für artengeschützte Tiere und für 100 dieser Wildtiere im Jahr bekomme sie einen Zuschuss. Doch pro Jahr würden über 1000 Tiere in der Station versorgt – die eigentlich eine Tierklinik sei, erklärt Yvonne Bütehorn von Eschstruth. Die Liste dieser Arten stamme von 2013 und bedürfe dringend einer Aktualisierung. In einem Brief an das Landwirtschaftsamt des Landkreises fordert sie, dass auch Alpen- und Mauersegler und Rauch- und Mehlschwalben in die Liste aufgenommen werden.

Spatz und Eisvogel wird gleichermaßen geholfen

Dabei will die Leiterin aber keinen Unterschied zwischen den Tieren machen. „Ein verletzter Spatz hat das gleiche Recht gerettet zu werden wie ein artgeschützter Eisvogel“, erklärt sie. Der Mensch habe die Aufgabe, diese Tiere zu versorgen, weil er die Ursache für Verletzungen und Erkrankungen sei. Sie habe in den vergangenen zehn Jahren beobachtet, dass die Wildtiere immer mehr in Bedrängnis geraten, weil ihnen zum Beispiel Lebensräume genommen oder sie durch Umweltgifte belastet werden.

Baumfalke Sergio kam aus der Schweiz nach Volkertshausen und hat keine Scheu vor Menschen.
Baumfalke Sergio kam aus der Schweiz nach Volkertshausen und hat keine Scheu vor Menschen. | Bild: Verein Bio-Top

Ziel der Hilfe und Pflege sei es, die Tiere wieder auswildern zu können. Deshalb würden sie so gepflegt, dass sie nicht zutraulich werden. In seltenen Fällen ist das nicht oder nur schwer möglich. Ein Beispiel ist der Baumfalke Sergio, der aus der Schweiz in die Station kam. Der Falke habe unter einem Baum gegessen, als er gefunden wurde, sei nicht weggeflogen und sei weiterhin zutraulich.

Auch ein Siebenschläfer, der in eine Schlagfalle geraten ist, wird gerade in Volkertshausen gesund gepflegt. Ein Bein war zerquetscht. Das Bein sei so weit wieder hergestellt, ob er je wieder in freier Wildbahn leben kann, müsse man sehen.

Dieser Siebenschläfer, der in die Tierpflegestation behandelt wird, kam in eine Schlagfalle. Dabei wurde sein Bein zerquetscht.
Dieser Siebenschläfer, der in die Tierpflegestation behandelt wird, kam in eine Schlagfalle. Dabei wurde sein Bein zerquetscht. | Bild: Verein Bio-Top

Mögliche Nachfolge in Aussicht

Hoffnung für den Erhalt der Station macht eine mögliche Nachfolgerin, die Yvonne Bütehorn von Eschstruth nach eigenen Angaben gefunden hat. Sie sei Tierärztin für Wildtiere und Vogelspezialistin und ein Treffen habe gezeigt, dass sie die Tierhilfe im Sinne der Gründerin weiterführen wolle. Auch bestünde die Möglichkeit, dass die Tierärztin andere Tierarztpraxen bei der Versorgung von Wildtieren unterstützen könne. Derzeit gäbe es nur zwei bis drei Ärzte in der Bodenseeregion, die sich mit Wildtieren auskennen.

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Ausschlaggebend sei aber auch für die Bewerberin, dass sie mit ihrer Arbeit ein finanzielles Auskommen habe. Die derzeit in den USA tätige Ärztin mit deutschen Wurzeln wolle mit ihrer Familie wieder nach Deutschland zurückkommen.