Mehr als 100 Jahre lang war es ein untrennbares Stückchen Bad Dürrheim. Stolze 111 Jahre ganz genau.

Jetzt steht „Das Walz“, beliebtes Café und Restaurant mitten im Zentrum der Kurstadt, vor einer ungewissen Zukunft.

Lutz Kasten ist seit 25 Jahren Pächter des Traditionslokals. Zum Jahresende wird er aufhören, das steht fest. „Ich bin im August 66 Jahre alt geworden und habe meinen Beitrag geleistet“, sagt der Mann, der zusammen mit seiner Partnerin Ingrid Limberger aus dem reinen Tagescafé in den vergangenen Jahren zudem ein gut gehendes Restaurant gemacht hat.

Das markante Gebäude steht zum Verkauf

Werden die Lichter im „Walz“ dann für immer ausgehen? Lutz Kasten weiß es nicht. Die Besitzerfamilie Ackermann, Nachkommen von Gründer Carl Walz, möchte das markante, grüne Gebäude nach Angaben des Pächters verkaufen. „Wir hoffen alle, dass sich ein neuer Besitzer findet, der es als Gastronomie weiterbetreibt“, sagt Lutz Kasten.

Immerhin gehört das „Walz“ zu den ältesten gastronomischen Betrieben in Bad Dürrheim überhaupt. Carl Walz hatte sich damit 1914 seinen Traum vom eigenen Café erfüllt, zunächst noch an einem anderen Standort beim heutigen Haus des Bürgers. Erst nach dem Ersten Weltkrieg zog das „Walz“ in das Gebäude an der Friedrichsstraße.

Stets in der Hand der Familie

In der Folge wurde es zu einer Institution in der Kurstadt, zu einem der ersten It-Places, wie man heute sagen würde. Das „Walz“ war eben in Mode. Kurgäste, Einheimische, Salinenmitarbeiter und Besucher aus dem nahen Schwenningen drängten sich an den Tischen in dem Café.

Bis auf wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, als es Offizierscasino und französische Schule war, wurden im Walz jahrzehntelang Kaffee, Kuchen und Torten serviert, der Betrieb blieb stets in Familienhand.

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Bis im Jahr 2000 Lutz Kasten kam. Er, damals Küchenchef im „Hänslehof“, wohnte zu der Zeit ganz in der Nähe des „Walz“. Den damaligen Inhaber und Carl Walz-Enkel Karl-Friedrich Ackermann kannte Kasten ebenfalls.

Und dann lief irgendwie alles auf dem oft zitierten kleinen Dienstweg: „1998 habe ich ihn angesprochen und gefragt, ob er daran denkt, aufzuhören und zu verpachten“, erinnert sich der 66-Jährige. „Wann treffen wir uns?“, war Ackermanns spontane Reaktion.

Das Walz, eine echte Institution in der Kurstadt, steht vor einer ungewissen Zukunft.
Das Walz, eine echte Institution in der Kurstadt, steht vor einer ungewissen Zukunft. | Bild: Burger, Tatjana

Für Kasten erfüllt sich ein Traum. Der Mann aus Nordrhein-Westfalen ist vom Fach, arbeitete in der bekannten „Taube Tonbach“ in Baiersbronn, war Küchenchef unter anderem im Villinger Hotel am Franziskaner und im Vinzenz-von-Paul-Hospital in Rottweil. „Die Selbstständigkeit war immer mein Ziel“, sagt er.

Während auch Lutz Kasten zunächst mit Kaffee und Kuchen beginnt, ändert sich mit Einstieg seiner Partnerin Ingrid Limberger im Jahr 2013 alles. Das „Walz“ ist jetzt erstmals in seiner Geschichte zusätzlich auch Restaurant. Ein Experiment, das Kasten zwölf Jahre später als rundum gelungen einschätzt. „Der Restaurantbereich hat sich sehr stark entwickelt“, betont er.

Inzwischen kommen auch die Jungen gern

Das „Walz“ macht sich nun nämlich auch bei jüngeren Gästen einen Namen. Dafür sorgen Gerichte wie Nudeln mit Trüffeln oder Steinpilzrisotto. Tafelspitz und Co. dagegen locken zumeist die ältere Generation. „Mittlerweile haben wir ein sehr gemischtes Publikum“, freut sich Lutz Kasten.

Bei eben jenem gemischten Publikum – neben den Feriengästen und Einheimischen kommen Menschen aus dem gesamten Kreis regelmäßig – ist das Bedauern groß, seit Lutz Kasten seinen Rückzug öffentlich gemacht hat.

Wo künftig treffen, wo künftig essen? „Die Leute finden es schade und sind unsicher, was wohl nachkommt“, so der Betreiber. In diesem Zusammenhang bittet er darum, Gutscheine möglichst noch bis Anfang November einzulösen.

Aber was macht Lutz Kasten selbst, wenn die Zwölf-Stunden-Tage ab Januar 2026 plötzlich der Vergangenheit angehören? „Ich bleibe sicherlich nicht zuhause auf dem Sofa sitzen, irgendwas werde ich machen“, stellt er klar. Und: „Ich bin offen für Neues.“

Reisen und Hobbys, soviel steht fest, stehen auf jeden Fall auf dem Plan. Denn die lebenslange körperliche Arbeit, so glaubt er, habe ihn ein Stück weit fit gehalten.

Gehen Sie also mit einem lachenden und einem weinenden Auge, Herr Kasten? Der „Walz“-Chef lächelt leise. Ja, es sei schön gewesen hier und er sei auch stolz auf die Entwicklung. „Aber alles hat seine Zeit und diese ist jetzt abgelaufen.“