Herr Rieger, die Marktplatzsanierung ist abgeschlossen, der Klosterweiher ist vom Schlamm befreit und zieht bei sonnigem Wetter viele Badegäste aus nah und fern an. Die Rathaussanierung läuft. Können Sie sich eigentlich zufrieden in den wohl verdienten Sommerurlaub begeben? Oder drückt irgendwo der Schuh?

In der Tat konnten einige großen Arbeiten abgeschlossen werden. Aber es geht unvermindert weiter. Beim Klosterweiher hatten wir Glück, dass im Juli der große Regen einsetzte, ansonsten hätten wir trotz Schlammentfernung Probleme bekommen. Die Untere Naturschutzbehörde beruft sich auf das Naturschutzgesetz und erlaubt uns nicht, Frischwasser aus den Bächen direkt einzuleiten. Vielmehr wird ein umfangreiches Gutachten verlangt, was wir ableiten dürfen. Der Biber hat absoluten Vorrang.

Und am neuen Marktplatz ist alles okay?

Am Marktplatz gibt es noch Ausbesserungsbedarf. Die Rathaussanierung und die dazu gehörende Tiefgarage wie auch die Plätze drum herum werden uns ungefähr noch zwei Jahre beschäftigen. Es sind keine einfachen Baustellen, weil sie mitten in der Stadt liegen und teilweise überbaut sind. Wir können sicher in einem gewissen Maß zufrieden sein, was Verwaltung und Gemeinderat bisher abgewickelt haben, aber es stehen weitere Projekte an in einer Zeit, die alles andere als einfach ist. Aber wir kommen durch.

Für die St. Georgener Wirtschaft war der Juli ein schwarzer Monat. Gegen die Firma Likum bzw. FES 360 smart am Standort Peterzell wurde Anfang Juli das Insolvenzverfahren eröffnet. Hiervon sind 80 Mitarbeiter betroffen. Ende Juli kam die Info, dass J.G. Weisser mehr als 100 Arbeitsplätze streichen muss. Was bedeutet das für die Gewerbe- und Einkommensteuereinnahmen der Stadt – und andere Bereiche, etwa die Kaufkraft für den Einzelhandel?

Zunächst einmal ist es wegen der betroffenen Beschäftigten eine sehr bedenkliche Situation und wir hoffen, dass möglichst alle, die von Kündigungen betroffen sind, wieder eine Arbeitsstelle finden und dass es bei J.G. Weisser weitergeht. Zu den Auswirkungen auf unsere Steuereinnahmen kann ich keine detaillierten Angaben machen. Es gibt gute und weniger gute Jahre. Allerdings in einem wesentlich schnelleren Wechsel. Kontinuität und Planungssicherheit sind kaum noch gegeben.

Woran liegt das?

Das ist überwiegend dem wirtschaftlichen Wandel in Deutschland und den weltweiten ungünstigen Rahmenbedingungen geschuldet, die sich dann auch auf unsere Finanzen auswirken. Deutlich weniger Einnahmen, mehr kommunale Aufgaben und deutlich höhere Kosten in fast allen Bereichen. Der Spielraum für uns Kommunen wie auch für Bürgerinnen und Bürger wird deutlich geringer, was sich natürlich im Konsumverhalten niederschlägt. Ich bleibe zuversichtlich und vertraue auf unsere Mentalität, dass wir Veränderungen annehmen, Lösungen finden und nicht nur das Schlechte sehen, sondern uns auf unsere eigenen Stärken besinnen.

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Apropos Einzelhandel: Hier gibt es mit einem neuen Café in der Gerwigstraße wieder ein Geschäft mehr. Es hat aber auch ein Blumengeschäft auf dem Bärenplatz geschlossen, ein Fotofachgeschäft neben dem Rathaus ebenfalls. Das Café BM ist seit Monaten dicht. Die Postfiliale wurde in die Industriestraße verlegt. Stirbt die Innenstadt trotz der Bemühungen der Verwaltung und des Gemeinderats unaufhaltsam aus?

Medien berichten regelmäßig von schließenden Geschäften. Altersgründe, geändertes Kundenverhalten, Preissteigerungsraten, aber zum Teil auch viel zu hohe Mieten, der teilweise schlechte Zustand von Immobilien und vieles mehr sind sicher mit verantwortlich für das deutschlandweite Ladensterben. Andernorts wird der Verkehr aus den Städten verbannt oder man verlangt hohe Parkgebühren, man hat lange Fußwege in die Geschäfte. Wir dagegen sanieren für viele Millionen Euro Tiefgaragen und bieten kostenloses bis günstigstes Parken in der Stadtmitte an. Aber manchmal sind bei uns 100 Meter Fußweg oder 50 Cent die halbe Stunde in der Tiefgarage nicht zumutbar. Ich wiederhole mich gerne: Wir tun überdurchschnittlich viel, dass möglichst viele Menschen auch mit dem Auto in die Stadt kommen. Die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel bewerte ich bei uns als besser als in vielen anderen Orten unserer Größe. In unserer Innenstadt sind überdurchschnittlich viele Menschen unterwegs, es gibt immer noch zahlreiche Arbeitsplätze direkt in der Stadt und somit potenzielle Kundschaft. Sie müssen nur das Angebot hier nutzen und in die Geschäfte gehen.

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Was kann die Stadt noch tun?

Wir sind im Hintergrund aktiv und versuchen, weitere Geschäfte in die Stadt zu bekommen. Sie haben die Post angesprochen: Ganz ehrlich: Glauben Sie, dass es für die Post von Belang ist, ob unser Marktplatz belebt ist oder nicht? In den ehemaligen Räumlichkeiten könnte in dieser super Lage sicher etwas entstehen, was einen deutlichen Mehrwert bringt. Aber wenn das nicht gewünscht ist, sind auch uns die Hände gebunden. Wir hoffen dennoch, dass durch die Attraktivitätssteigerung durch Marktplatz- und Rathaussanierung generell die Bereitschaft steigt, hier und da ein Geschäft zu eröffnen. Wir können aber nicht als Immobilienmakler auftreten oder Mieten bezuschussen. Da sind dann hier und da halt auch die Eigentümer gefragt, was sie bereit sind zu tun, dass ihr Leerstand wieder vermietet werden kann.“

Welche Geschäfte oder Branchen fehlen, die als Zugpferd Konsumenten in die Innenstadt bringen könnten? Und warum ist es so schwer, solche Geschäfte nach St. Georgen zu bekommen?

Eine Branche hat gute Chancen, wenn man mit maximalem Einsatz an die Sache herangeht. Es gibt ja die Beispiele, wo es funktioniert. Das Angebot muss aber auch angenommen werden. Darauf kommt es eben auch an und daran hat es leider immer mal wieder gefehlt. Der Ruf nach einem weiteren Drogeriemarkt ist nach wie vor da. Aber solche Märkte möchten sich nicht mehr in Innenstadtlagen unserer Größe niederlassen. Wir lassen nichts unversucht, die Innenstadt zu beleben, zumal wir in absehbarer Zeit eine aus unserer Sicht hervorragend gelegene Immobilie anbieten könnten. Aber außerhalb der Stadtmitte gehen wir nicht mit. Wir als Stadt haben nun bald die Innenstadt deutlich attraktiver gestaltet und einen wichtigen Teil dazu beigetragen, dass man sich wieder gerne hier aufhält. Aber alles können wir nicht regeln.

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Wie sieht es aktuell bei den Kindergartenplätzen aus? Steht für jedes Kind das Bedarf hat, ein Platz zur Verfügung?

Die Zahlen verändern sich laufend durch Zuzüge und Wegzüge von zum Teil kinderreichen Familien, was auch mit der Flüchtlingssituation zu tun hat. Zu viele Plätze hatten wir noch nie, ansonsten hätten wir nicht drei neue Kindergärten in den letzten Jahren eingerichtet. Mittlerweile haben wir vier städtische und sechs kirchliche Einrichtungen. Wir mussten die letzten Jahre teilweise Eltern vertrösten, weil keine Plätze frei waren. Ich erinnere aber daran, dass mittlerweile ein erheblicher Mangel an Betreuungspersonal vorherrscht und hier und da Betreuungszeiten reduziert werden mussten.

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Wird die neue Kindertagesstätte im Urbanweg rechtzeitig fertig? Und wie sieht die Personalsituation an den übrigen Kindergärten aus?

Am Urbanweg sind wir noch intern am Abklären, welche Arbeiten wann in welchem Umfang erfolgen werden. Wir warten noch auf die endgültigen Kinderzahlen. Ja, Sie haben recht, die Suche nach geeignetem Personal ist sehr schwierig geworden. Das ist mittlerweile überall so. Aber deswegen können wir ja nicht nichts tun. Wir werden sehen, wie die Resonanz ist, wenn wir die ersten Stellen ausschreiben. Das können wir erst dann tun, wenn klar ist, mit wie vielen Gruppen wir starten und wann wir öffnen.

Fragen: Roland Sprich