Normalerweise tummeln sich um diese Zeit bereits die ersten Gäste auf dem Unterbränder Campingplatz am Kirnbergsee. Doch im Jahr 2021 ist alles anders. Auf der Infotafel an der kleinen Rezeption findet man ein Schild mit der Aufschrift „Campingplatz bis auf Weiteres geschlossen“. Wenn man jedoch über den Platz geht, trifft man doch den ein- oder anderen Dauercamper. Das sind Camper, die ihre Plätze fest gepachtet haben. Für sie ist der Aufenthalt unter tags gestattet, übernachtet werden darf allerdings nicht. Doch mit dieser Regelung sind sie alles andere als glücklich.
Stundenweise auf dem Platz
Viele sind derzeit einige Stunden auf dem Platz, um Wartungsarbeiten vorzunehmen oder aufzuräumen. Die beiden Nachbarn Nick Tummescheit und Bernd Stark gönnen sich nach getaner Arbeit gerade ein Bier, nur zu zweit. Normalerweise hätte Nick Tummescheit Freunde oder seine Familie mit Kindern dabei. Für die sei das ein Abenteuer. Seit 2012 hat er seinen Platz gepachtet. „In der Firma darf ich arbeiten, habe Kontakt mit vielen Leuten zusammen, aber hier draußen darf ich nicht mit zwei Leuten zusammen sitzen.“ Das ist ihm unverständlich. Bernd Stark stammt aus Bruchsal und ist seit 2017 auf dem Platz. „Das mit dem Betretungsverbot war sehr bedauerlich. Denn es lohnt sich immer, etwas zu machen.“ Im Winter durfte er einmal herkommen, weil 70 Zentimeter Schnee auf den Dächern lagen und ein Zelt keine Statik hat. Dabei hat er auch anderen geholfen. „Wir würden unsere Parzelle gerne uneingeschränkt nutzen, wir würden sogar auf die sanitären Einrichtungen verzichten. Denn wo sind wir sicherer als in unserer eigenen Parzelle, was soll da passieren?“ Andererseits habe sich im vergangenen Sommer keiner dafür interessiert, als die Leute wie die Ölsardinen am Strand zusammen lagen.
Gabi und Roland Haug aus Singen haben Ihre Parzelle gerade übernommen, in der ersten Reihe, mit toller Seesicht. Sie sind noch mit Reparaturen beschäftigt, haben gerade eine neue Dachrinne montiert. Auch sie würden gerne über Nacht bleiben. Sie sind zu zweit, das sei nicht gefährlicher als zu Hause.

Seit Oktober nichts gemacht
Ein Urgestein auf dem Campingplatz ist Horst Baake, der seit 1998 einen Dauerstellplatz am Kirnbergsee hat. Vorher hatte er einen Stellplatz bei Altenburg in Thüringen, direkt am See. Als er zu seinem Sohn nach Schömberg bei Rottweil zog, suchte er sofort nach einer Alternative. „Der Wohnwagen war eher im Westen als wir“, erinnert er sich. „Seit Oktober haben wir hier nichts gemacht, vor drei Wochen haben wir mal zwei bis drei Stunden nach dem Rechten geguckt“. Normalerweise verbringen Horst und Edeltraud Baake 160 Tage im Jahr auf dem Platz am Kirnbergsee. In Schömberg habe man keinen Garten, der Ausgleich sei hier. „Jetzt könnte man draußen sein in der Gemeinschaft. Das fehlt uns. Man sitzt freitags zu Hause in seinen vier Wänden und wartet auf den nächsten Tag. „Beim Einkaufen bin ich vorsichtig, doch beim Campen fühle ich mich sicherer.“ Diesen oder ähnliche Sätze hört man von allen Dauercampern.

Unklare Regeln
Eine Dame mit Schweizer Dialekt jätet in ihrem Vorgarten Unkraut. Ihren Namen möchte sie nicht nennen. Sie ist verunsichert, denn die Regeln für den Grenzübertritt nach Deutschland würden sich ständig ändern. Mit ihrem Mann ist sie für zwei Stunden gekommen um nach dem Rechten zu schauen, ob das Zelt dicht ist, damit es nicht rein regnet oder wegen der Mäuse. Die Entfernung nach Hause beträgt 98 Kilometer oder eine Stunde und 20 Minuten.
„Es soll jeder auf den anderen Rücksicht nehmen“, sagt Peter Ronge, der sich gerade einen Eimer Wasser im Waschhaus besorgt hat. Auch er hat keinerlei Verständnis dafür, dass man auf dem Campingplatz sozusagen in seinen eigenen vier Wänden nicht übernachten darf.
Bald wieder offen
„Ich hoffe, dass der Campingplatz bald wieder aufmacht“, sagt Siegfried Greuter aus Blumberg, der normalerweise die Zeit von April bis November vorwiegend in seiner Parzelle verbringt. Oft sind die Kinder über das Wochenende da. Er repariert gerade ein Fahrrad, das auf dem Platz stationiert ist. Da sein Arbeitsplatz in Löffingen ist, nimmt er derzeit einen längeren Arbeitsweg in Kauf.
Und was sagt die Eigentümergemeinschaft?
Fabian Mattner ist Sprecher der Eigentümergemeinschaft des Campingplatzes. Wie er sagt, möchte die Politik einfach Menschenbewegungen so gering wie möglich halten. „Auf der einen Seite kann man nicht verstehen, dass man die Camper, vor allem Dauercamper nicht zulässt, obwohl sie wirklich autonom sind, auf der anderen Seite muss man die Politik verstehen. Das fällt einem allerdings schwer, wenn man mitbekommt, was sonst so zugelassen wird.“ Es sei sehr wünschenswert, wenn man seitens der Landespolitik zeitnah Eröffnungsperspektiven bekommen würde. „Es wäre auch schön, wenn man Änderungen frühzeitig mitbekommt, damit man vernünftig planen kann. Wir haben schon sehr viele Buchungen auch für Pfingsten und danach.“