Wer von Bad Dürrheim kommend auf der Bundesstraße 27 in Richtung Hüfingen fährt, überquert zwischen Abfahrt Mitte und Allmendshofen die Eisenbahnbrücke. Die Straße verläuft dort in einer sehr leichten Rechtskurve. Erfahrungsgemäß sollte sich die Fahrbahn eigentlich dann auch nach rechts neigen. Das tut sie aber nicht. Etwa 100 Meter vor der Brücke kippt die Fahrbahn stattdessen nach links. Erst nach der Brücke normalisiert sich die Neigung wieder.
Ein Autofahrer hat uns geschildert, dass sich dieses Straßenprofil bei der Fahrt „komisch anfühlt“. Der SÜDKURIER hat das überprüft und mit einem im Auto installierten Winkelmesser nachgemessen.
Die Ergebnisse
- Der gefühlte Eindruck: Ja, es fühlt sich falsch an, dass sich die Fahrbahn deutlich nach links neigt, obwohl man sich tendenziell in einer Rechtskurve befindet. Und ja, die seitliche Neigung ist deutlich spürbar, mehr als normal.
- Messung während der Fahrt: Der digitale Winkelmesse wurde vor der Fahrt auf einer ebenen Parkplatzfläche auf Null gestellt – brachte eine Veränderung der Querneigung im besagten Bereich von anfänglich etwa 0,6 Grad auf maximal über fünf Grad kurz nach der Brücke zutage, ehe der Wert wieder nach unten ging. Das können Sie sich in unserem Video anschauen.
Die höchsten Werte wurden vor und nach der Brücke gemessen. Es ergibt sich grob eine Veränderung der Neigung zwischen zwei und drei Grad, ohne Ausreißerwerte, die über fünf Prozent liegen. Im Bereich von Straßen werden Neigungen jedoch in Prozent angegeben, was in diesem Fall einer Neigung zwischen 3,5 bis 5,2 Prozent entsprechen würde. Werte über vier Grad würden einer Neigung von acht Prozent entsprechen.
Das sagt das Regierungspräsidium Freiburg dazu
„Ja, das Gefälle ist nicht wie üblich zum Kurveninneren geneigt, sondern nach außen“, teilt Pressesprecher Matthias Henrich mit. Der Grund dafür sei die Eisenbahnbrücke. „Hier waren die Planer an die Höhe der Gleise und das geforderte Lichtraumprofil gebunden“, sagt Henrich. Er erklärt es so: Hätte man die Querneigung nach innen angepasst, hätte man den äußeren Rand um etwa 60 Zentimeter nach oben korrigieren müssen. „Nach der erforderlichen Strecke wurde die Querneigung in den Maßen und Längen der greifenden Vorschrift ‚nach innen‘ gedreht“, erklärt der Sprecher.
Diese Kurve ist eine Gerade
Die Querneigung sei – wie alles bei einer Planung – in Regelwerken festgeschrieben. Welche Querneigung regelkonform sei, sei abhängig vom Kurvenradius, der Geschwindigkeit und weiteren Faktoren der Straße.
„Im vorliegendem Fall haben wir sehr große Radien.“ Die Kurve sei nahezu einer Geraden gleichzusetzen und daher sei die Querneigung hier nach außen auch nach Regelwerk zulässig. „Auch wenn es den Verkehrsteilnehmer ‚komisch vorkommt‘, ist die Trassierung nach einschlägigen Richtlinien ausgeführt“, betont Henrich.
Das sind die Regeln
In der Regel soll die Querneigung einer Straße 2,5 Prozent betragen, bei engeren Radien mehr und je nach Längsgefälle kann dies unterschritten werden. „Dies dient dazu, dass Niederschlagswasser abfließen kann und keine Pfützenbildung verursacht wird“, erklärt Henrich. Pfützen auf der Fahrbahn könnten Aquaplaning verursachen.
„In unserem Fall haben wir eine Querneigung von 2,25 Prozent bis 2,5 Prozent. Diese Werte konnten wir der Bestandsvermessung entnehmen.“Matthias Henrich, Pressesprecher Regierungspräsidium Freiburg
Eine Messung mit Winkelmesser sei leider nicht repräsentativ. Und er fügt hinzu: „Wären es wirklich acht Prozent, wäre das fahrdynamisch ein Problem.“ Und der obere Rand dieser Fahrspur würde rund einen Meter höher als der untere Rand liegen. „Und das ist hier nicht der Fall.“
Bleibt am Ende das „komische Gefühl“ bei der Überfahrt und die Gewissheit, dass man sich sich nicht getäuscht hat, dass in diesem Bereich tatsächlich eine nicht alltägliche Straßenneigung vorliegt.