Homeoffice: Was mancher Arbeitnehmer vor Corona lediglich als theoretische Arbeitsform kannte, ist seit Monaten in aller Munde. Wir haben bei zwei Firmen in Donaueschingen nachgefragt, wie sie diese Dynamik erleben und wie sie das mit dem Heimbüro selbst handhaben:
Sick Stegmann
Das Unternehmen setzt seit vielen Jahren auf flexible Arbeitszeitmodelle wie gleitende Arbeitszeit oder Zeitwertkonten, berichtet Bernd Cordes, Senior Vice President. Schon vor Beginn der Pandemie habe eine Regelung zum mobilen Arbeiten bestanden, auch die technische Infrastruktur sei vorhanden gewesen. „Auf all das konnten wir bereits beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 zurückgreifen und somit schnell auf die veränderten Gegebenheiten reagieren“, so Cordes.

Aktuell arbeitet ihm zufolge eine große Zahl an Mitarbeitenden bei Sick in Donaueschingen von zuhause: „Wir gehen derzeit von etwa 70 Prozent der Beschäftigten aus“, sagt er. Ausgenommen seien jene, die etwa in Produktion und Logistik tätig sind oder Mitarbeitende, die Servicedienstleistungen bei Kunden erbringen. Für diese Abteilungen habe man den Schutz am Arbeitsplatz erhöht: durch bauliche Maßnahmen wie Trennwände, neue Belüftungskonzepte, das verpflichtende Tragen medizinischer Masken sowie das Angebot von Antigen-Schnelltests für präsenzpflichtige Beschäftigte als Teil des Hygienekonzeptes.
Während der verschiedenen Phasen der Pandemie – vom ersten Lockdown über die leichte Entspannung in den Sommermonaten bis hin zur erneuten Verschärfung der Lage im Herbst/Winter – schwankte laut Bernd Cordes auch der Präsenzanteil in den Büros. „Mit der deutschlandweiten Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im Dezember haben wir allen Sick-Beschäftigten gegenüber die dringliche Empfehlung ausgesprochen, soweit es irgendwie möglich ist, von zuhause aus zu arbeiten.“ Fast alle Verwaltungs- und klassischen Bürotätigkeiten können Cordes zufolge vollumfänglich von dort ausgeübt werden. Den Beschäftigten sei in kürzester Zeit die IT-Infrastruktur dafür bereitgestellt worden. Zudem habe man nochmals in neue digitale Prozesse und Kommunikationsplattformen investiert, „um jederzeit für unsere Kunden erreichbar zu sein und die Lieferfähigkeit sicherzustellen“.
„Ohne Zweifel hat Corona die Digitalisierung bei klassischen Bürotätigkeiten erheblich beschleunigt und die Akzeptanz von Homeoffice und digitalen Arbeitsmethoden deutlich erhöht“, sagt Bernd Cordes. Im gesamten Unternehmen habe das zu einer steilen Lernkurve geführt. So würden virtuelle Meetings auch künftig nicht mehr aus dem Arbeitsalltag wegzudenken sein. Die Pandemie mache es erforderlich, ad hoc neue Formate für die Zusammenarbeit und den Austausch einzuführen: „Dabei haben wir – teilweise mit Erstaunen – festgestellt, dass virtuell viel mehr funktioniert, als wir zuvor für möglich gehalten hätten“, so der Senior Vice President, der von stellenweise mehr Effizienz spricht. Insbesondere Standardaufgaben ließen sich sehr gut im Homeoffice erledigen.
Nach einigen Monaten zeigten sich jedoch auch „die Grenzen virtueller Zusammenarbeit in ihrer ausschließlichen Form“. Ein Beispiel Cordes‘ ist, dass Videokonferenzen nur bedingt für kreative Prozesse geeignet seien – „auch wenn dazu inzwischen neue Softwarelösungen als Unterstützung angeboten werden“. Etwas Neues gemeinsam im Team, am Flipchart, mit Moderationskarten und im direkten persönlichen Dialog zu entwickeln: all das gehe auf die klassische, analoge Art und Weise erheblich besser, führt er aus. Bernd Cordes hält „eine gute Balance zwischen virtueller und persönlicher Zusammenarbeit für zukunftsfähig“.
Nova Apparate
Wie Sabrina Keller, Leitung Finanzbuchhaltung/Personal, erzählt, sei die Firma von den Auswirkungen der Pandemie beim Homeoffice nicht überfordert worden. Man habe schon zuvor eine gute IT-Infrastruktur gehabt, dennoch sei Nova noch einmal deutlich digitaler geworden. „Bevor Homeoffice von oberster Stelle ausgerufen wurde, hatten wir schon Mitarbeiter, die teils voll oder tageweise so gearbeitet haben“, berichtet Keller. „Natürlich kam 2020 auch auf uns eine Welle zu. Einige Beschäftigte haben betreuungspflichtige Kinder, da mussten wir stellenweise reagieren“, fügt sie an und verweist darauf, dass anfangs lediglich Arbeitnehmer in systemrelevanten Berufen auf eine Notbetreuung zurückgreifen konnten.
In den vergangenen Monaten sind laut Keller auch Mitarbeiter an sie herangetreten, um das Thema Homeoffice offen anzusprechen: „Aktuell haben wir 175 Beschäftigte, da kennt man die Leute und deren Lebensumstände in der Regel.“ Man wisse, wer Kinder hat oder in welchen Berufen die Partner tätig sind. „Nicht jeder Kollege ist für das Homeoffice gemacht, das benötigt Fingerspitzengefühl. Wir müssen uns fragen, wer das kann und wer das möchte.“ Zwar stelle das Unternehmen die technische Ausstattung wie Tastatur, Maus, Monitor und Laptop bereit, dennoch müssten die räumliche Situation und andere Faktoren berücksichtigt werden.

Mit Blick auf das Infektionsgeschehen sei bei Nova immer mindestens ein Mitarbeiter pro Abteilung im Homeoffice. So könne man bei einem Positivfall sowie Quarantäne für mehrere Mitarbeiter alles am Laufen halten, die Beschäftigten könnten sich in der Regel gegenseitig vertreten. Aktuell sind Keller zufolge 20 Verwaltungsmitarbeiter ständig im Homeoffice, acht wechseln zwischen Betrieb und Heimbüro und 35 Beschäftigte sind vor Ort. Was direkt an die Produktion angeschlossen sei, müsse in der Firma geschehen.