Herr Stärk, Sie sind nun seit gut 120 Tagen Bürgermeister der Gemeinde Immendingen. Wahl und bisherige Amtszeit standen unter besonderen Vorzeichen. Welcher positive Aspekt zum Jahr 2020 – abgesehen vom Wahlerfolg – fällt Ihnen ein?
Dem abgelaufenen Jahr, abgesehen von meiner Wahl zum Bürgermeister meiner Heimatgemeinde, etwas Positives abzugewinnen fällt gar nicht so leicht, da wir alle gemeinsam durch die Corona-Restriktionen auf vieles, was uns lieb und teuer ist, verzichten mussten und das ungezwungene Miteinander sehr gelitten hat. Positiv habe ich aber die große Akzeptanz und das Verständnis für die notwendigen Maßnahmen und die damit übernommene gesamtgesellschaftliche Verantwortung jedes Einzelnen empfunden.
Insbesondere aber auch die Solidarität und Hilfsbereitschaft untereinander war bemerkenswert. Ich denke unter anderem zum Beispiel daran, wie schnell es im Frühjahrs-Lockdown gelungen ist, eine große Anzahl an freiwilligen Einkaufshelfern für die Risikogruppen zu organisieren.
In Ihrer ersten Haushaltsrede sagten Sie, Immendingen sei finanziell weiter nicht auf Rosen gebettet. Welche wichtigen Projekte konnten 2020 dennoch realisiert werden?
Auch wenn wir aufgrund der zunächst ungewissen finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise auf die Finanzlage der Gemeinde im Frühjahr einige Dinge aus dem letzten Haushaltsplan zurückstellen mussten, hatten wir dennoch ein volles Arbeitsprogramm und konnten doch viele Projekte umsetzen oder planerisch weiter vorantreiben.
Zu nennen sind in Bezug auf umgesetzte Projekte die sehr weit fortgeschrittene Sanierung des Quertraktes der Schlossschule, die begonnene Erschließung in Hinterwieden, die Laufbahnsanierung und Schaffung weiterer leichtathletischer Anlagen in der Sportanlage Talmannsberg, die Aufbringung der Deckschicht im Gewerbegebiet ImPuls, die Herstellung der Freianlage an der Hauptversinkungsstelle an der Ziegelhütte, die Erschließung des Areals Kirchstraße 6 in Hattingen, die Realisierung des Baugebietes Stieg II in Mauenheim, die Brückensanierung in der Hindenburgstraße, die Fertigstellung der Hochwasserschutzmaßnahme in Hintschingen, die Herstellung der Regenwasserbehandlungsanlage für die Iltishalde und den weiteren Ausbau des kommunalen Glasfasernetzes sowie Maßnahmen im Bereich der Digitalisierung der Schulen. Planerisch haben wir große Fortschritte beim Neubau des Feuerwehrhauses, der Erweiterung des Gewerbegebietes Donau-Hegau, den Erddponien und der Freianlage Amtenhauser Bach Nord gemacht.
Wohin geht die Reise 2021, wenn man einmal die wichtigsten geplanten Investitionen betrachtet?
Die finanziellen Rahmenbedingungen für 2021 sind nicht gerade günstig. Corona wirkt sich da nun gewaltig auf die Einnahmesituation der Gemeinde aus, da wir große Rückgänge bei unseren Haupteinnahmequellen wie den Schlüsselzuweisungen und dem Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer verkraften müssen. Wir haben dennoch einen kraftvollen Haushalt aufgestellt, dessen eindeutiges Signal ist, dass wir nicht die Handbremse ziehen, sondern weiter auf dem Gas bleiben, was die Entwicklung der Gemeinde und die Umsetzung der anstehenden Projekte betrifft.
Dies ist allerdings nur mit einem kräftigen, aber vertretbaren Griff in die Rücklagen und eine Fokussierung der Ausgaben möglich. Fokussiert haben wir uns auf Pflicht- und Zukunftsaufgaben. Großer Ausgabenblock ist im kommenden Jahr die Feuerwehr.
Neben dem Neubau des Feuerwehrhauses tätigen wir noch die Ersatzbeschaffungen für ein Löschfahrzeug für die Abteilung Immendingen und einen Mannschaftstransportwagen für die Abteilung Mauenheim und investieren in die Ausrüstung mit Digitalfunk. Auch das Thema Brücken wird uns im kommenden Jahr wieder beschäftigen und Investitionsmittel binden. Wir investieren ebenfalls in die Deckschicht am Freizeitzentrum und die Fertigstellung der Erschließung in Hinterwieden.
Die Parkplätze hinter der Großsporthalle in Immendingen werden hergestellt und die Planung für die Erweiterung von Donau-Hegau wird fortgeführt. Weitere Mittel gehen in die weitere Digitalisierung der Schulen, den Ausbau des kommunalen Glasfasernetzes und natürlich in unsere Kindertageseinrichtungen. Auch das zurückgestellte Projekt Gemeinschaftsprojekt zur Inwertsetzung der Donauversinkung wird umgesetzt sowie die Freianlage Amtenhauser Bach Nord in Zimmern hergestellt.
Ihr Ziel ist es, dass die Gemeinde finanziell mehr auf eigenen Beinen steht. Wie wollen Sie das erreichen?
Dies gelingt nur mit der weiteren Stärkung des Gewerbestandorts durch aktive Wirtschaftsförderung und Standortmarketing. Hierfür zwingend erforderlich ist es, dass wir mit der Erweiterung in Donau-Hegau wieder ausreichend Flächen zur Verfügung haben, um weitere Betriebe ansiedeln zu können. Es bedarf aber auch weiterhin ein Augenmerk darauf, die sogenannten weichen Standortfaktoren zu haben und unsere Infrastruktur dementsprechend auszubauen beziehungsweise zu ertüchtigen.
Zwei langfristige Aufgaben sind die Sanierung des Bahnhofsareals und der Bau der Umgehung der B 311, einschließlich der neuen L-225-Brücken. Gibt es bei diesen Projekten Fortschritte?
Ich hatte mich gleich zu Beginn meiner Amtszeit schriftlich an die Regierungspräsidentin bezüglich der für uns wichtigen angesprochenen Straßenbauprojekte gewendet und unserer Forderung Nachdruck verliehen, hier endlich weiter zu kommen. Bezüglich der Brücken L225, die als Projekt Ortsumfahrung Immendingen Ost geführt und vom Bund finanziert werden, ist immer noch der erforderliche Gesehenvermerk durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ausstehend.
Nach Aussage der Regierungspräsidentin sollten die aktuell noch laufenden Abstimmungen zwischen Bund und Land zu Beginn dieses Jahres abgeschlossen werden können, so dass wir dann mit diesem Vermerk rechnen dürfen. Dann können wir auch das Bebauungsplanverfahren für die Brücken fortführen, mit dem wir das Baurecht schaffen werden.
Und die Umgehungsstraße?
Für den weiteren Verlauf der Umgehungsstraße, also das Projekt Ortsumfahrung Immendingen West, konnte das Scopingverfahren mittlerweile abgeschlossen werden. Als Ergebnis dieses Verfahrens mit den beteiligten Fachbehörden konnte eine Konzentration auf die Südvarianten für die weitere Planung festgehalten werden. Auf Grundlage dieses Ergebnisses des Scopings strebt das Regierungspräsidium nun einen möglichst zeitnahen Beginn der faunistischen Untersuchungen an. Aktuell werden die Vergaben der Kartierungen vorbereitet und auch die technische Planung wurde seitens des Regierungspräsidiums bereits beauftragt. Das Projekt befindet sich nun in der Vorplanung (Leistungsphase 2).
Welche Bedeutung hat das Bahnhofsareal?
Das Projekt Bahnhofsareal halte ich für ein sehr zentrales. Bei diesem Areal handelt es sich um eine der letzten Entwicklungsflächen im Kernort und es muss gelingen, hier die für die zukünftige Entwicklung der Gemeinde wichtigen Bausteine zu realisieren. Ich denke insbesondere an Einrichtungen für die medizinische Versorgung aber auch an Hotel, Gastronomie und andere Nutzungen. Auch hier soll es gelingen, 2021 einen gewaltigen Schritt nach vorne zu kommen.

Mit dem Gebiet „Hinterwieden„ wurden die Weichen im Mehrfamilienhausbau gestellt, mit Baugebieten in Zimmern, Mauenheim und Ippingen im Einfamilienhausbau. Wohin geht die künftige bauliche Eigenentwicklung der Kerngemeinde?
Aktuell findet abgesehen vom Gebiet Hinterwieden die bauliche Entwicklung in den Ortschaften statt. Im Kernort sind aufgrund der Topographie keine Bauflächen mehr vorhanden und kurzfristig auch nicht absehbar. Hier bleibt irgendwann nur der Sprung auf Hangenbühl.
Denken Sie, dass die Immendinger Schulen und Kindergärten ausreichend für die Zukunft gerüstet sind?
In unseren Schulen und Kindergärten wird tolle und wertvolle Arbeit geleistet. Wir als Träger investieren laufend nach Kräften, um hier beste Voraussetzungen für die Bildung und Betreuung unserer Jüngsten zu ermöglichen. Insofern sind wir auf dem richtigen Weg, aber dies ist eine Daueraufgabe, die die Gemeinde immer fordern wird.
Wir in Immendingen sind immer noch eine wachsende Gemeinde, was die Einwohnerzahl angeht und sind was die Platzkapazität in den Kindergärten anbelangt auf Kante genäht, was mich zunehmend beunruhigt. Im neuen Haushalt sind daher auch Mittel eingeplant, um uns auch mit externem Sachverstand dem Thema zukünftiger Bedarf und wie wir diesen befriedigen können, einzustellen.
Wie sehen Sie die Auswirkungen des Corona- Jahres 2020 auf die Gemeindesituation, die örtliche Wirtschaft und die Vereine?
Die Corona-Krise hat sich selbstverständlich in allen Lebensbereichen ausgewirkt. Auch die örtliche und regionale Wirtschaft hat gelitten und viele Bürgerinnen und Bürger mussten in Kurzarbeit geschickt werden. Besonders hart getroffen hat es aber natürlich die Gastronomie und Eventbrache. Die vom Bund aufgelegten Hilfsprogramme waren richtig und wichtig, aber können sicher nicht alle Härten ausgleichen.
Auch die Gemeinde selbst ist natürlich betroffen und die finanziellen Auswirkungen spüren wir nun in 2021 und noch mehr dann in 2022. Sehr stark gelitten unter den Beschränkungen haben aber das gesellschaftliche Miteinander und das bei uns so ausgeprägte Vereinsleben. Kaum Trainings- und Übungsbetrieb konnte stattfinden und auch die Veranstaltungen mussten abgesagt werden. Das wirkt sich auf die Finanzen der Vereine aus, schlimmer ist aber das quasi Erliegen des Vereinslebens und Zusammenseins. Ich hoffe sehr, dass wir hier im Laufe des Jahres wieder Normalität bekommen und das ausgeprägte Vereinsleben mit dem vielfältigen ehrenamtlichen Engagement wieder zu alter Stärke zurückkehrt.
Gibt es neue politische Ziele, die Sie für die Gemeinde Immendingen in Angriff nehmen wollen?
Ich möchte zunächst mit aller Kraft und viel Engagement gemeinsam mit Gemeinderat, Ortsvorstehern, Ortschaftsräten und allen am kommunalen Leben Beteiligten weiterhin erfolgreich den Strukturwandel der Gemeinde gestalten und die teils schon angestoßenen oder angedachten Projekte in Umsetzung bringen und erfolgreich realisieren. Dabei selbstverständlich stets wach und offen sein, um sich bietende Chancen am Schopf zu packen und mutig umzusetzen.
Wie hat sich Ihre Wahl zum Bürgermeister und die bisherige Amtszeit auf Ihr Familien- und Privatleben ausgewirkt?
Als Bürgermeister steht man natürlich mehr im Fokus der Öffentlichkeit. Dies betrifft sowohl mich selbst aber auch meine Familie. Allerdings war uns das schon vor der Kandidatur bewusst. Als Bürgermeister ist man immer im Dienst und ansprechbar für die Belange der Bürgerschaft. Dies ist für mich aber kein Problem, sondern entspricht meinem Amtsverständnis. Was die zeitliche Inanspruchnahme betrifft, waren meine ersten Amtsmonate nicht repräsentativ, da ja kaum Veranstaltungen stattfinden konnten. Ich freue mich aber darauf, wenn dies hoffentlich bald wieder anders wird, auch wenn das einen nochmals volleren Terminkalender bedeutet.
Die Fragen stellte Jutta Freudig