"Ich bin schon ein wenig traurig. Es waren drei, beziehungsweise vier schöne Jahre hier in Rottweil" – Hardy Stimmer, Projektleiter beim Bau des Aufzugtestturms von Thyssen-Krupp, klingt ein wenig wehmütig, als er beim Baustellenabschied ein letztes Mal vor den versammelten Medien spricht, während im Hintergrund das allerletzte Baugerüst, der so genannte Löwengang, der Besucher im Eingangsbereich vor herabfallenden Teilen schützen sollte, abgebaut und mit lautem Getöse auf den Lastwagen verladen wird.
"Die Baustelle ist somit offiziell abgeschlossen", sagt Stimmer. Etwas mehr als drei Jahre nach dem Spatenstich am 2. Oktober 2014 ist der Aufzugstestturm im Berner Feld in Rottweil somit offiziell fertiggestellt, auch wenn noch einige Restarbeiten zu erledigen sind. So müssen noch einige Bäume gepflanzt werden. Und der Kran muss auch noch von der Turmspitze abgebaut werden. Wie das geht? "Mit einem Helikopter, das werden wir im Januar machen, je nach Witterung", sagt Stimmer.

Die Tatsache, dass sich durch Probleme beim Anbringen der Außenhülle, einer teflonbeschichteten, selbst reinigenden Hülle, die Fertigstellung um rund ein halbes Jahr verzögerte, rückt der Projektleiter gelassen in den Hintergrund. "Mein größtes Glück ist, dass während der gesamten Bauphase kein Unfall passiert ist", zieht der Projektleiter ein Resümee. Rund sechs Monate verzögerte sich die Fertigstellung, weil unter anderem das Sicherheitssystem für die Arbeiter beim Anbringen der 16 000 Quadratmeter großen Außenhülle anfangs nicht ausreichend gewesen ist.

Dennoch sei man im Zeit- und Kostenrahmen geblieben. Von Ärger zwischen der Projektleitung und dem ausführenden Generalunternehmen wollen Stimmer und Klaus Strohmeier von der Züblin AG nicht reden. "Dies ist ein einmaliges Bauprojekt. So eine Membran wurde noch nie verbaut. Als Ingenieur hat man da auch Verständnis für die andere Seite", versichert Hardy Stimmer. Gemeinsam habe man letztendlich die optimale Lösung gefunden. "Wenn ich es noch einmal machen müsste, ich würde es genau so wieder machen. Das Ergebnis zählt."

Zwar wurde die Baustelle erst jetzt abgebaut, im Innern ist der Testturm aber bereits seit einem Jahr in Betrieb. "Der Forschungsbetrieb läuft seit Dezember 2016", sagt Turmmanager Michael Klein. In den neun Aufzugsschächten werden neueste Generationen von Personenaufzügen, insbesondere deren Fall- und Bremsverhalten, getestet. Daneben steht die auf 232 Metern errichtete und die damit deutschlandweit höchste Aussichtsplattform für Besucher offen.
"Seit Mitte Oktober waren bereits 25 000 Besucher oben auf der Plattform", freut sich Stimmer über die große Resonanz und dass das Projekt von der Bevölkerung so gut angenommen wird. Turmmanager Michael Klein geht davon aus, dass die Besucherzahlen nocht deutlich steigen werden. "Insbesondere bei schönem Wetter."

Der Testturm
- Das Bauwerk: Der Thyssen-Krupp-Testturm ist mit 246 Metern eines der derzeit höchsten Bauwerke Deutschlands. Die auf 232 Metern Höhe gelegene Aussichtsplattform ist die höchstgelegene Deutschlands. Innerhalb 37 Sekunden sind die Besucher auf der Plattformebene. Wer lieber Treppen steigt, muss 1637 Stufen bewältigen. Der Turm wiegt mit 40000 Tonnen so viel wie 8000 Elefanten.
- Die Bauzeit: Spatenstich war am 2. Oktober 2014, Richtfest am 29. Juli 2015. Forschungsbetrieb startete am 12. Dezember 2016.
- Die Kosten: Thyssen-Krupp hat 40 Millionen Euro in den Bau investiert.
- Was wird getestet: In dem Turm werden seillose Hochgeschwindigkeitsaufzüge getestet.
- Die Plattform: Die auf 232 Metern hoch gelegene Plattform ist freitags (10 bis 18 Uhr), samstags (10 bis 20 Uhr) und sonntags/feiertags (10 bis 18 Uhr) für die Öffentlichkeit geöffnet. An heiligen Feiertagen wie Weihnachten bleibt der Turm geschlossen. Tickets können direkt vor Ort gekauft oder online unter www.testturm.de für neun Euro regulär und fünf Euro ermäßigt reserviert werden. (spr)