Rottweil – Das hätte leicht ins Auge gehen können: Eine unbemannte sogenannte Hubschrauberdrohne ist am Sonntag in die Aufbauten des Rottweiler Testturmes gekracht. Aus 240 Metern Höhe stürzte das Flugobjekt auf die Plattform und ließ ihren Piloten am Boden zunächst ratlos zurück. "Es kamen nur deshalb keine Menschen zu Schaden, weil sich am arbeitsfreien Sonntag niemand auf der Plattform aufgehalten hat," erklärte das Regierungspräsidium Freiburg gestern in einer Mitteilung.
Der Eigentümer des Fliegers ist nach Angaben des Regierungspräsidiums Freiburg ein 48-jähriger Deutscher aus der Schweiz. Für den Piloten, der die Drohne ferngelenkt hatte, kann der Sonntagsflug teuer werden. Die Landesluftfahrtbehörde leitete gegen ihn ein Bußgeldverfahren ein. Nähere Angaben zur möglichen Höhe machte die Behörde nicht. Außerdem muss er für die Bergungskosten der Firma Züblin aufkommen, die zur Zeit noch mit den Arbeiten an dem Aufzugsturm beschäftigt ist. Die Drohne selbst wurde nach Angaben des Regierungspräsidiums bei der Havarie erheblich beschädigt.
Flugdrohnen sind nicht ungefährlich, wenn sie außer Kontrolle geraten oder falsch eingesetzt werden. In Villingen-Schwenningen durchschlug erst vor wenigen Monaten ein solcher ferngesteuerter Flieger die Heckscheibe eines Renault Kangoo. Weil immer mehr Drohnen auch im Alltag Verwendung finden, hat das Bundesverkehrsministerium unlängst reagiert. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt stellte neue Regeln für den Einsatz dieser Flugobjekte auf. Demnach dürfen private Drohnenflüge nur noch bis 100 Meter Höhe stattfinden, verboten sind Drohnenflüge auch, wenn sie sich außerhalb der Sichtweite des Piloten vollziehen.
Überflüge sensibler Gebäude wie Industrieanlagen, Haftanstalten, militärische Anlagen, Kraftwerke und Autobahnen wie auch Eisenbahnlinien sind ebenso tabu wie Drohnenüberflüge bei Unglücken oder Katastrophen.
Wie es weiter heißt, sollen Mitarbeiter von Züblin schon mehrfach besorgt in den Himmel geblickt haben, weil sich auch größere Flieger dem Turm und der entstehenden Aussichtsplattform bedenklich genähert hätten. Das Regierungspräsidium spricht in dem Zusammenhang von Hubschraubern, Sportfliegern und Motorschirmen, die immer wieder recht nah vorbeiflögen. Vorgeschrieben ist eine Sicherheitsmindesthöhe von 300 Metern über Grund. Künftig soll die Einhaltung des Abstands verstärkt überwacht werden, weil die Sicherheit das Personals und der Baustelle Vorrang haben, erklärte die Behörde.
Bei der Eigentümerin des Turms, der Thyssenkrupp Elevator, zeigte man gestern Verständnis für die Belange des Bauunternehmens, das auch die Mitarbeiter schützen muss. Zwar habe der Turm in den vergangenen Monaten großes öffentliches Interesse gefunden, was sich auch in Drohnenflügen am Standort ausdrücke. Doch habe die Sicherheit der Bauarbeiten Vorrang, sagte ein Sprecher. "Wenn es mit uns abgestimmt ist, dann ist es überhaupt kein Problem, eine Drohne fliegen zu lassen."
Dem Testturm soll künftig eine Schlüsselfunktion bei der Entwicklung neuer Aufzüge zuwachsen. Auf der 232 Meter hohen Aussichtsplattform wurde die vier Meter hohe gläserne Balustrade fertiggestellt, die bei guter Sicht einen Panoramablick bis zu den Alpen erlaubt. Während künftig im Inneren neue Aufzüge und Antriebe getestet werden, sollen Gäste über einen Panoramaaufzug durch einen gläsernen Schacht nach oben und unten gleiten. Die Montage der Außenhaut soll im Juli beginnen. Hier ist ein beschichtetes Glasfasergewebe vorgesehen. Der Werkstoff wurde auch schon vor sechs Jahren am WM-Stadion im südafrikanischen Kapstadt verwendet.
Der Testturm
Der Rottweiler Aufzugsturm von Thyssenkrupp ist nach Angaben seines Betreibers mit 246 Metern das höchste Gebäude in Baden-Württemberg, gefolgt vom Stuttgarter Fernsehturm mit 217 Metern. Die 232 Meter hohe Aussichtsplattform ist zudem die höchste Deutschlands, gefolgt vom Europaturm in Frankfurt (224 Meter). Die Investition in die Forschungseinrichtung beläuft sich auf 40 Millionen Euro. Im Testturm werden künftig die schnellsten Aufzüge mit einer Geschwindigkeit bis zu 18 Meter pro Sekunde (65 Stundenkilometer) hoch und runter fahren – doppelt so schnell wie der Weltrekordlauf von UsainBolt. (nik)