Rottweil – Nach knapp zwei Jahren Bauzeit hat ThyssenKrupp seinen Aufzugtestturm in Rottweil offiziell in Betrieb genommen. Künftig werden in dem 246 Meter hohen und 40 Millionen Euro teuren Forschungszentrum am Rande des Schwarzwalds neue Aufzugstechnologien entwickelt.

„Der Trend geht zu immer höheren Gebäuden. Das erfordert neue Transporttechnologien“, erklärte Andreas Schierenbeck, Vorstandsvorsitzender der ThyssenKrupp-Elevator-AG. Schon heute seien Gebäude mit Höhen von 1000 Metern und mehr in Planung. Den bisherigen Aufzugssystemen sind in Sachen Gewicht und Transportkapazität Grenzen gesetzt. Um den Personentransport in den höchsten Gebäuden der Welt so schnell, einfach und komfortabel wie möglich zu machen, werden innovative Lösungen gesucht. In den zwölf Aufzugschächten im Turm­innern werden diese Technologien entwickelt und erforscht. So arbeitet ThyssenKrupp an der Entwicklung des Mehrkabinenaufzugsystems Multi. Die seillose Konstruktion basiert auf Magnetschwebetechnologie.

Somit können die Kabinen ohne Limit in die Höhe betrieben werden. Da mehrere Kabinen gleichzeitig in einem Aufzugschacht betrieben werden, wird zudem die Kapazität deutlich erhöht und die Wartezeit auf den Lift stark verkürzt. Allzu viel wollte Schierenbeck über das neue System nicht verraten, das im Laufe des nächsten Jahres vorgestellt wird. „Doch es wird so sein, dass die Kabinen nicht in jedem Stockwerk anhalten, sondern die Passagiere mit demselben Ziel direkt in das gewählte Stockwerk bringen.“

Aber auch neue seilbetriebene Aufzugsysteme werden im Testturm auf Herz und Nieren getestet. „Aufzüge sind das sicherste Transportmittel, das es gibt“, so Schierenbeck. Sie seien deshalb so sicher, weil Technologien erst oft jahrelang erprobt werden. Getestet werden in dem Turm verschiedene Komponenten wie Zuverlässigkeit, Sicherheit, Geschwindigkeit und Komfort. Dazu werden die Fahrstühle im Echtzeitbetrieb unter Vollbelastung betrieben. Haltestellen anfahren, Türen öffnen und schließen, und der Fahrkorb unter Maximalbeladung auf Höchstgeschwindigkeit gebracht und dann per Vollbremsung abgebremst. Hierfür ist auch die Höhe des Turms notwendig. „Vieles kann man am Computer simulieren. Aber eben nicht alles. Manche physikalische Größen entwickeln sich expotenziell zur Geschwindigkeit“, erläuterte Ingenieur Eberhard Vogler.

Dass von außen noch immer die nackte Betonwand zu sehen ist, statt der Verkleidung, eine Membran aus Glasgewebefaser, hatte laut Schierenbeck sicherheitstechnische Gründe. „Die Plattform, von der aus die Bauarbeiter die Membran anbringen sollen, entsprach zunächst nicht den Sicherheitsbestimmungen.“ Dieses Problem sei inzwischen behoben und mittlerweile werden die Vorarbeiten zur Anbringung der Membran mit Hochdruck vorangetrieben.

Rottweiler Testturm

Im Innern des 246 Meter hohen Turmes in Rottweil sind zwölf Aufzugschächte, in denen verschiedene neue Technologien entwickelt und getestet werden. Die Besucherplattform im 28. Stock auf 228 Metern Höhe soll die bundesweit höchste Aussichtsplattform werden. Sie öffnet Mitte 2017. Ein Stockwerk tiefer gibt es einen Konferenz- und Veranstaltungsraum für 90 Personen.

Um Schwingungen des Turms durch den Wind auf ein Minimum zu reduzieren, ist auf 190 Meter Höhe ein 240 Tonnen schwerer Schwingungstilger eingebaut. Dieser reduziert die maximale Ausladung von bis zu 75 Zentimeter je Richtung auf bis zu 15 Zentimeter. Der Schwingungstilger kann den Turm auch in Schwingungen versetzen, um so das Verhalten von Aufzügen in schwingenden Gebäuden zu simulieren. (spr)