Was wäre gewesen, wenn Walter Klump geschwiegen hätte? Er blieb aber nicht ruhig. Und er wählte seine Worte mit Bedacht, als jetzt für das so benannte Naturschutzgroßprojekt Baar skizziert wurde, wie Fauna und Flora wachsen und gedeihen. Über allem schwebt allerdings ein Szenario: Der Standortübungsplatz für die Donaueschinger Bundeswehr-Soldaten, der ins Brigachtal und an den Villinger Gemarkungsrand exportiert werden soll.

Das Naturprojekt, das sich quer durch Europa und Teile des Schwarzwald-Baar-Kreises zieht, tangiert auch das Schwenninger Moos. Und oft, wenn für das Gebiet, aus dem der Neckar sein Wasser bezieht, in der Umgebung auf Wiesen und Feldern gebaggert wird, ist dies als Arbeit für den Naturschutz eingestuft.
Chance Natur
2020 sind Fördermittel in Höhe von 700.200 Euro abgerufen worden. Laien erschrecken, wenn die teils brachial wirkenden Eingriffe in gewachsene Strukturen erfolgen. Große Flächen werden da plötzlich von Büschen befreit, Orte, in denen oft Vögel und Amphibien ihre Rückzugsgebiete gesucht haben. Diese „Sicherung und Optimierung von Flächen für Arten- und Biotopschutz soll den Bogen zum Klimaschutz schließen. Zwei Waldflächen bei Geisingen und Hüfingen sind stillgelegt worden, das heißt, sie werden ihrer natürlichen Entwicklung überlassen.

Fürs Schwenninger Moos wurden laut dem Projektleiter Thomas Kring wurden Birken- und Kiefernsukzessionen beseitigt. In den Wutachflühen hinter Blumberg seien „zur Stabilisierung der hydrologischen Verhältnisse Entwässerungsgräben von Verschluss“ bereit worden.
Unter anderem Landrat Sven Hinterseh sitzt beim Naturschutzgebiet Baar zwischen zwei Stühlen. Einerseits übergab der Christdemokrat unlängst eine Kreistagspetition an seinen Parteifreund, den Bundestagsabgeordneten Thorsten Frei. Das Papier wendet sich gegen den Standortübungsplatz Ochsenberg und Weisswald. Und Sven Hinterseh formulierte jetzt, dass das Naturschutzgebiet Baar „gut an Fahrt aufgenommen“ hätte, es sei „gelungen, wichtige Maßnahmen auf die Fläche zu bringen“.

Der Landrat vertritt außerdem die Auffassung, dass „eine weitere Steigerung der Maßnahmen“ erwartet werde. Es sei richtig gewesen, das Vorhaben insgesamt 2013 ins Leben zu rufen, „im Projektgebiet“, so Hinterseh, „wird ein sehr wertvoller Beitrag in den Bereichen Arten- und Klimaschutz geleistet“.
Dann war da noch Walter Klump. Bad Dürrheim Alt-Bürgermeister sagte zunächst diesen Satz: „Wir wünschen uns, dass diese Arbeit erfolgreich fortgesetzt werden kann.“ Und dann, noch konkreter, bat er um Auskunft, wie die Militärpläne von den Naturschützern eingestuft werden.
Nicht ausreichend bekannt?
Nachdem die Bundeswehr umfangreich in Gemeinderäten informiert, Schriften verteilt und vor Ort auf dem Ochsenberg und im Weißwald eine Demonstration mit Soldaten angehalten hatte, sagte Kring nun wie folgt: „Die militärische Nutzung der beiden Gebiete Weißwald und Ochsenberg ist noch nicht ausreichend konkret bekannt. Beide Bereiche hatte ich aber nicht als „wertvoll“ im naturschutzfachlichen Sinne benannt.
Da die Art und Intensität des Übungsbetriebes noch nicht im Detail feststeht, ist keine seriöse Aussage über die Auswirkungen auf Flora und Fauna sowie das Naturschutzgroßprojekt möglich.“
Ost Naturschutzprojektleiter Ring nicht in die Bekanntgaben der Bundeswehr eingebunden? Oder darf er sich nicht frei äußern? Wie sensibel das Gebiet ist, das die Bundeswehr auf der Hochfläche zwischen Tannheim und Überauchen ausgewählt hat, umriss King allerdings überdeutlich. Es gebe hier gewachsene Populationen von Tag- und Nachtfaltern. Was er nicht sagte: 2Können in einem solchen geschützten und behüteten Abschnitt, mit viel Steuergeld gestützten Beriech, Soldaten durchs Gehör robben, Übungsgranaten werfen und den treffsicheren Umgang mit der Panzerfaust trainieren?
Bundesamt prüft, Bundesministerium plant
Fragen wie diese schweben wie dunkle Wolken über dem Naturschutzgebiet Baar. Zu dem Projekt gibt es einen Jahresbericht für 2020. Diesen prüft demnächst das Bundesamt für Naturschutz. Während das Bundesministerium für Verteidigung an selber Stelle Wege und Straßen ausbauen will, dass sie mit Fahrzeugen bis zu 100 Tonnen belastbar sind.
Thomas Kring hat auf Nachfrage des SÜDKURIER aufgelistet, was genau in Weißwald und auf dem Ochsenberg durch den Morgentau schwebt und flattert. Wörtlich sagt er: „Im Fördergebiet Weißwald wurden über 30 Tag- und Nachtfalter nachgewiesen. Unter anderem die folgenden drei Arten:
· Kreuzenzian-Ameisenbläuling (Maculinea rebeli)
Rote Liste Baden-Württemberg: 2 – stark gefährdet

· Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea diamina)
Rote Liste Baden-Württemberg: 3 – gefährdet

· Esparsetten-Widderchen (Zygaena carniolica)
Rote Liste Baden-Württemberg: 3 – gefährdet

Landrat Hinterseh versichert dazu: „Wir schauen genau hin, begleiten das kritisch.“ Unter seiner Sitzungsleitung wurde allerdings auch die Resolution verabschiedet, in der sich der stark naturschützerische Entwurf mehrheitlich nicht durchsetzen konnte. Stattdessen, so haben Politiker den Eindruck, laufe alles auf einen Kompromiss hinaus. Dieser könnte sich im Donaueschingen zugewandten Waldgebiet vor Brigachtal Siedlung Beckhofen.
Dahinter stehen kann auch der Eindruck vieler, dass der Militärplatz weiter von Tannheims Nachsorgeklinik abrücken muss, um dort akustisch das Platzen der Übungsmunition auszuschließen. Dass solche Geräusche an der Klinik zu hören sein würden, soll zuletzt bei seinem Besuch der Bundeswehr-Generalinspekteur vor Ort festgestellt haben, berichtete die Klinikleitung nach einem Gespräch mit dem uniformierten Besucher.