Seit Samstag, 5. November, ist in der ARD-Mediathek die vierteilige Serie „Die Kryptoqueen“ verfügbar. Sie skizziert den größten Internetbetrug aller Zeiten durch die in Schramberg aufgewachsene Deutsch-Bulgarin Ruja Ignatova. In Szene gesetzt wurde dieser Mega-Krimi aus dem wahren Leben von einem Mann, der in Villingen aufgewachsen ist. Der Stoff hat das Zeug, zum größten Erfolg des bisherigen filmischen Schaffens von Dokumentarfilmer und Regisseur Johan von Mirbach (43) zu werden.

Vierteilige Serie und ein Wirtschaftskrimi

Von Mirbach, in der Villinger Südstadt aufgewachsen und am Romäusring-Gymnasium zur Schule gegangen, hat den spektakulären Kriminalfall filmisch gleich zweimal verarbeitet. Neben der vierteiligen Serie produzierte er auch eine klassische 90-minütige Dokumentation unter dem Titel „Die Kryptoqueen – der große OneCoin-Betrug“. Er lief bereits am 1. November im Fernsehsender ARTE. Dass Erste zeigt ihn ergänzend zu der Serie am 28. November 2022 um 23.20 Uhr.

Johann von Mirbach (43) ist der Regisseur und einer von zwei Autoren des Films.
Johann von Mirbach (43) ist der Regisseur und einer von zwei Autoren des Films. | Bild: Jan Michalko

Die Serie und Dokumentation skizzieren Ignatovas beispiellose Erfolgsgeschichte, ihren Absturz und ihr plötzliches Verschwinden. Mit der angeblichen Kryptowährung OneCoin hatte Ruja Ignatova weltweit über drei Millionen Anleger betrogen und mehrere Milliarden Euro erbeutet.

Die Geschichte der am meist gesuchten Frau der Welt

Vor fünf Jahren – am 25. Oktober 2017 – verschwand sie spurlos. Heute steht sie auf der Fahndungsliste des FBI und ist die meist gesuchte Frau der Welt. Ihr Betrug und das Verschwinden der Milliarden sind weiterhin nicht aufgeklärt, ihre Opfer warten auf Entschädigung. Die Serie zeigt, wie Ignatova flüchtete, wer ihr half unterzutauchen und ihr Geld zu waschen. Die Spuren ziehen sich um den ganzen Globus.

Das größte Betrugssystem aller Zeiten

Tatsächlich hatte die damals 37-Jährige eines der größten Betrugssysteme aller Zeiten erschaffen: ein als Kryptowährung getarntes illegales Schneeballsystem, in das mindestens fünf Milliarden Euro flossen – in die Taschen dubioser Hintermänner. Als es 2017 enttarnt wurde, tauchte Ruja Ignatova ab.

Mit glamourvollen Auftritt hat Ruja Ignatova ein Heer von Anhängern um sich geschart.
Mit glamourvollen Auftritt hat Ruja Ignatova ein Heer von Anhängern um sich geschart. | Bild: WDR/Henning Westkamp

Dieser beispiellose Kriminalfall, hat Johan von Mirbach sofort in Bann gezogen, als er davon gelesen hat. Dass die Hauptdarstellerin aus dem Schwarzwald stammt wie er, nur ein paar Kilometer entfernt von seiner Heimatstadt, hat ihn natürlich zusätzlich gereizt.

„Es war von Anfang an allen klar, dass das ein Stoff für einen Film ist“, berichtet der Dokumentarfilmer, der mit seiner Frau und zwei Kindern in Köln lebt. Beim Westdeutschen Rundfunk und dem Sender ARTE rannten er und die Produktions A & O, für die er arbeitet, mit diesem Projekt offene Türen ein.

Deren finanzielle Unterstützung wurde auch dringend gebraucht. Die Arbeit war sehr reiseintensiv, die Recherchen führten ihn von Schramberg, wo Ruja Ignatova zur Schule ging, bis nach Dubai und Uganda sowie durch halb Europa.

„Krypto-Queen“ Ruja Ignatova. Die Bulgarin wird von FBI und BKA gejagt.
„Krypto-Queen“ Ruja Ignatova. Die Bulgarin wird von FBI und BKA gejagt. | Bild: OneCoin

Zwei Jahre lang dauerte es, bis die Dokumentation und die Serie produziert waren. Dabei ist es Johan von Mirbach mit Unterstützung seines Co-Autoren, dem Journalist Philipp Bovermann (Süddeutsche Zeitung), gelungen, zahlreiche Interviews mit vielen Beteiligten zu führen und damit das bizarre Leben der „Kryptoqueen“ und ihres Umfeldes nachzuzeichnen.

Es gibt nichts Vergleichbares auf dem Markt

Vor allem: Es gibt derzeit nichts Vergleichbares zu diesem Thema auf dem Markt. Auch von dem angekündigten Spielfilm mit Kate Winslet in der Hauptrolle der Ignatova hat man schon länger nichts mehr gehört. Insofern geht von Mirbach davon aus, dass sich die Serie und die Dokumentation auch international breit verkaufen lassen wird. „Ich denke, dass es weltweites Interesse gibt.“ Uns so hofft er, mit einer packenden Story und starken Bildern ein ganz großes Publikum erreichen zu können. Die Vermarktung läuft derzeit.

Für Johan von Mirbach, ein erfahrener und preisgekrönter Dokumentarfilmer, war diese Story nicht nur thematisch besonders faszinierend. Er sei auch, berichtet er, filmisch neue Wege gegangen, um in der vierteiligen Serie die Glitzerwelt der Ruja Ignatova in Szenen zu setzen.

Die vier Episoden wurden nicht streng dokumentarisch abgespult, sondern deutlich auf Effekt und Dramaturgie getrimmt. Die schillernde Welt und Persönlichkeit der Ignatova seien ja im Grunde „ein Spielfilmstoff“, stellt er fest er. Insofern wurde die Dokumentation deutlich „boulevardesker und bunter“ kreiert als seine sonstigen Arbeiten. Doch in diesem Falle habe es der Stoff einfach vorgegeben.

Ein Film über den Kapitalismus

„Es ist ein Film über Gier“, sagt der Regisseur. „Vor allem aber ist es ein Film über den Kapitalismus, in dem wir leben.“ Und ein Film über über unfassbare kriminelle Machenschaften in einer sehr langen Reihe von globalen Finanzskandalen, die dieser Kapitalismus möglich mache. Dies sei der „wahre Skandal“ dieser Geschichte.

„Ich hoffe, dass die Zuschauer diesen Tenor des Films verstehen“, betont der Regisseur. „Und ich hoffe, dass es irgendwann ein finanzielles Regelwerk gibt, um diesen Machenschaften das Handwerk zu legen.“ Noch immer, berichtet er, gebe es im Falle der „Kryptoqueen“ einige Menschen, die unfassbar reich geworden sind durch dieses Betrugssystem. Und die niemand zwingt, das Geld zurückzugeben.

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Seine alte Heimat Villingen besucht der erfolgreiche Dokumentarfilmer übrigens regelmäßig. „Ich bin oft da und besuche meine Eltern“, berichtet der Sohn von Joachim und Monika von Mirbach, beiden in Villingen weithin bekannt. Mit 19, da habe es ihn in die Welt gezogen, doch inzwischen könne er sich gut vorstellen, irgendwann zurückzukehren.