Das Schicksal der Villinger Rentnerin Birgit Reuner hat viele SÜDKURIER-Leser bewegt: Als ihr der Mietvertrag gekündigt wird und sie in ihrer Heimatstadt keine günstige neue Wohnung findet, wandert die inzwischen 69-Jährige mit ihrem Dackel Max im Herbst 2024 nach Portugal aus. Inzwischen hat sie sich in dem beschaulichen Örtchen Vitorino dos Piaes schon ganz gut eingelebt – und einige Dinge sind sogar besonders schön. Dies schildert sie uns im Wortlaut:

„Eines Tages, ich döste gerade so vor mich hin, hörte ich auf einmal laute Trommeln auf der Straße. Max und ich gingen hinaus und tatsächlich stand eine Trommelgruppe vor dem Haus und gab ihr Bestes. Nach dem Beitrag wurde mir diskret ein Säckchen gereicht mit der Bitte um eine Spende.

Eine Sause zu Ehren des heiligen Simon

Mit dem Zehn-Euro-Schein, den ich ihnen gab, waren sie hochzufrieden und reichten mir ein Programm. Darauf war zu lesen, dass zu Ehren des heiligen Simon am nächsten Wochenende ein großes Fest im Dorf stattfindet und ich herzlich eingeladen sei.

Mit Freunden los zum großen Fest

Da ich doch recht nachtblind bin und ich mich deshalb nicht traue, bei Dunkelheit noch mit dem Auto zu fahren, rief ich meine Freundin Hildegard an und fragte sie, ob sie auch zu diesem Fest gehen wolle. Hildegard und ihren Mann habe ich über den SÜDKURIER kennengelernt und habe in der ersten Zeit bei ihnen gewohnt.

Ich wusste ja nicht, was mich da erwartet. Es war einfach unglaublich: Dieses nicht ganz 2000 Einwohner große Dorf hatte den Aufgang zum Fest mit bunten Lichtern geschmückt. Ganz oben war die Kapelle des heiligen Simon. Dort standen geschmückte Marienfiguren. Es war sehr schön anzuschauen.

In Birgit Reuners neuer Heimat wird ein riesiges Fest zu Ehren des heiligen Simon gefeiert – nur eines von vielen im Sommer.
In Birgit Reuners neuer Heimat wird ein riesiges Fest zu Ehren des heiligen Simon gefeiert – nur eines von vielen im Sommer. | Bild: Birgit Reuner

Ich erfuhr, dass diese Figuren am nächsten Tag bei über 40 Grad im Schatten von jeweils vier Leuten durch das Dorf getragen werden. Allein bei dem Gedanken daran lief mir der Schweiß von der Stirn, denn die Figuren sahen wirklich sehr schwer aus.

Neben der Kirche war das Festgelände. Zu Essen gab es nichts, aber ein kleiner Stand bot verschiedene Getränke an. Ich gab eine Runde für drei Personen aus und hatte dafür keine fünf Euro investiert.

Die Heiligenfiguren sind wunderschön geschmückt.
Die Heiligenfiguren sind wunderschön geschmückt. | Bild: Birgit Reuner

Es war eine riesige Tribüne aufgebaut, wie wir sie sonst in Deutschland nur bei sehr großen Festivals sehen – mit Bildschirmen, die bestimmt 20 Meter hoch und 30 Meter breit waren. Die Show, die dort lief, beeindruckte mich schwer. Die Leute erzählten, dass Simon nur einer der vielen Heiligen ist, die hier geehrt werden. Nächstes Wochenende sei schon ein anderer Heiliger dran und es gebe ein ähnliches Spektakel.

In Villingen war es kleiner – und deutlich kostspieliger

Ich konnte es nicht fassen und dachte an die kleinen Vereinsfeste, die wir in Villingen so feierten. Da war es auch immer sehr gemütlich, aber diese fanden lange nicht in so einem großen Rahmen statt. In Villingen hatte ich es mir aber zudem mit meiner kleinen Rente oft kaum leisten können, ab und an mal auszugehen.

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Die Künstler auf der Bühne zogen sich alle paar Minuten um und lieferten eine gigantische Show. Ihr Repertoire war unglaublich breit. Das ganze Dorf – und ich glaube auch viele Leute aus der Umgebung – tanzten und feierten und genossen den Abend sehr.

Das ganze Dorf feiert mit, auch die Kleinsten haben einen großen Auftritt.
Das ganze Dorf feiert mit, auch die Kleinsten haben einen großen Auftritt. | Bild: Birgit Reuner

Wegen der anhaltenden Brandgefahr durfte in diesem Jahr kein Feuerwerk gemacht werden, was ich natürlich sofort verstand. Nach den Aufregungen der letzten Zeit genoss ich diesen unglaublichen Abend mit meinen Freunden sehr.

Als ich mitten in der Nacht nach Hause kam, war ich so aufgekratzt, dass ich spontan mit Max, der hoch erfreut war, mich zu sehen, noch kurz um die Ecke ging.

Faszinierend: die überdimensionalen Bühnen beim Dorffest.
Faszinierend: die überdimensionalen Bühnen beim Dorffest. | Bild: Birgit Reuner

Und das Beste war: Ich hatte an diesem Abend keine zehn Euro ausgegeben. Übrigens wachte ich am nächsten Tag davon auf, dass die nächste Trommelgruppe den Berg hinauf kam und und für das Fest des nächsten Heiligen sammelte. Also feiern können die Portugiesen, ohne dass es allzu viel Geld kostet – das hat mich wirklich sehr beeindruckt.“