Hubert Scheu aus Blumberg-Epfenhofen wird auf seiner nächsten Geburtstagsfeier ganz sicher nicht Felix Stiegeler, den Geschäftsführer der gleichnamigen Internet Service GmbH, einladen. Ladungen tauschen die beiden zwar aus. Es handelt sich aber um Ladungen vor Gericht.
Zugang ist aktuell blockiert
Der Konflikt hat inzwischen eine solche Tragweite erreicht, dass er nicht nur die Zivilkammern, sondern sogar die Strafgerichte beschäftigt. Der Kern des Konflikts ist die fehlende Bereitstellung eines Glasfaseranschlusses für ein Mehrfamilienhaus, das von Scheu in Epfenhofen vermietet wird. Obwohl bereits tausende Euro in die interne Verkabelung des Hauses investiert wurden, ist der Zugang seitens der Firma Stiegeler weiterhin blockiert. Und bleibt es im Moment auch.
Glasfaserkabel durchschnitten
Dabei geht es um mehrere Zankäpfel. Zankapfel Nummer eins: Das Glasfaserkabel am Haus wurde durchtrennt, was letztlich auch in einem Strafprozess mündete. Des Weiteren bestehen zivilrechtliche Ansprüche, wobei die genauen Umstände des durchtrennten Kabels bislang nicht abschließend geklärt werden konnten.
„Ich wurde inzwischen vom strafrechtlichen Vorwurf freigesprochen, Telekommunikationseinrichtungen angeblich zerstört zu haben“, erklärt Scheu.
Ein einziger Anschluss für ein Mehrfamilienhaus
Zankapfel Nummer zwei: Scheu beabsichtigte, den Mietern seines Hauses einen kostenlosen Internetzugang über einen gemeinsamen Internetanschluss zur Verfügung zu stellen. Stiegeler sieht sich nicht in der Lage, dieser Idee zuzustimmen, da die Vertragsbedingungen eine Weitergabe des Netzsignals an Dritte ausschließen. Scheu erachtet dies als Preistreiberei.
„Ein Glasfaseranschluss reicht vollständig für das gesamte Haus. Allerdings verfünffachen sich die Gesamtkosten unnötigerweise, wenn jede Mietpartei einen eigenen Vertrag abschließen muss“, begründet Scheu seinen Ansatz.
Aber was sagt die Bundesnetzagentur in Bonn, ob eine solche Vorgehensweise zulässig ist? Hierzu nimmt Pressesprecher Michael Reifenberg wie folgt Stellung: „Ein Vermieter hat sicherzustellen, dass kundenschützende Regelungen des Telekommunikationsgesetzes eingehalten werden, sofern er als Vermieter/Verpächter im Rahmen von Miet- oder Pachtverträgen Verbrauchern Telekommunikationsdienste zur Verfügung stellt (vgl. § 71 Absatz 2 Telekommunikationsgesetz).“
Eingriffe in Datenverkehr befürchtet
Die kundenschützenden Regelungen umfassen vor allem die Bereiche Datenschutz und Netzneutralität. Eine Überwachung oder Kontrolle des Datenverkehrs durch den Vermieter ist demnach nicht zulässig.
Das alles ist Scheu bewusst und im Interesse seiner Mieter würde er auch in dieses Risiko gehen. „Ich bin sicher, das kann ich regeln“, gibt sich Scheu zuversichtlich.
Gibt es Anbieteralternativen?
In Zuge der Auseinandersetzung mit Stiegeler wurde Scheu empfohlen, den Anbieter zu wechseln. Und zwar von Felix Stiegeler höchstpersönlich. „Wenn der Scheu nicht mehr mit uns will und wir übrigens auch nicht mit Herrn Scheu, dann kann er ja jederzeit zu cabel4 oder RST wechseln“, verriet Felix Stiegler im Gespräch mit dieser Zeitung.
Doch auch hier gibt es Hindernisse, so einfach scheint es dann doch nicht zu sein. Wie Reimund Schilder, Geschäftsführer der RST Datentechnik GmbH, zunächst erklärt, verweigert Stiegeler die Freischaltung wegen der offenen Rechnungen im Zusammenhang mit dem Zankapfel eins – dem durchtrennten Kabel.

Wunderliche Wendung bei RST ein Tag später. „Wir werden Herr Scheu ganz normal ans Netz nehmen“, widerspricht Raphael Wagner, Senior System Engineer von RST telefonisch. „Die Bearbeitungszeit betrage halt ein bis zwei Wochen und dann gibt es bei Herrn Scheu in Epfenhofen einen ganz normalen Internetzugang“.
Auf Anfrage beim Zweckverband Breitbandversorgung Schwarzwald-Baar, der beim Breitbandausbau im Schwarzwald-Baar-Kreis den Hut aufhat, erklärte Sprecherin Katrin Merklinger, dass dieser Fall bekannt sei. Sie sagt aber auch, dass sich der Zweckverband auch nur an den Netzbetreiber Stiegeler wenden könne, der das Glasfasernetz im Auftrag des Zweckverbands betreibt.
Nach der ersten Berichterstattung, die am Samstag, 8. September, online ging, bekam die Redaktion am Montag, 9. September schriftliche Rückmeldungen von der Firma Stiegeler und dem Zweckverband Breitbandversorgung Schwarzwald-Baar. Sie sind hier in redaktioneller Bearbeitung angeführt:
Felix Gieger, PR-Manager der Firma, verweist auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Stiegeler. Wenn Scheu mit einem Internetvertrag bei Stiegeler mehrere Haushalte mit Internet versorgen möchte, sei dies durch die AGB explizit ausgeschlossen.
In Paragraph 15 Pflichten und Obliegenheiten des Kunden heißt es bei Punkt (14): „Soweit im Einzelfall nichts Anderweitiges schriftlich vereinbart worden ist, darf der Internet-Zugang nur von Haushaltsangehörigen des Kunden genutzt werden. Insbesondere darf der Internet-Zugang nicht zum Angebot von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit genutzt werden.“
Dieser Passus regele klar, dass in einem Mehrfamilienhaus wie dem von Herrn Stiegeler, wie auch in jedem anderen Mehrfamilienhaus, in dem Stiegeler versorgt, pro Haushalt jeweils ein Internetvertrag abgeschlossen werden muss.
Abgesehen davon, dass Scheus Plan einen klaren Vorstoß gegen die AGB darstelle, würde ein solches Vorgehen die Versorgung aller gefährden, warnt Gieger: „Denn so wird das Geschäftsmodell der Internetversorgung unterlaufen.“
Der Zweckverband – und damit alle Kommunen des Landkreises und der Landkreis selbst – refinanziere die Kosten für den kommunalen Glasfaserausbau durch die Pachteinnahmen für jeden abgeschlossenen Tarifvertrag bei Stiegeler oder anderen Anbietern, weist Verbandssprecherin Katrin Merklinger hin. „Daher würde sich Herr Scheu strafbar machen, sollte er seinen Plan, einen Privat-Tarif mit seinen Mietern zu teilen, umsetzen“, führt sie weiter aus.