Schon im Mai 2021 hatte das Amtsgericht Tuttlingen einen heute 40-Jährigen zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Dabei ging es um einen versuchten Einbruch und eine gefährliche Körperverletzung. Dagegen hatte er Berufung eingelegt, die jetzt in Rottweil verhandelt wurde. Sein Ziel: ein Freispruch.

Der Vorwurf: Der Angeklagte sei am 14. Januar 2020 gegen 1 Uhr nachts in ein Privathaus im Tuttlinger Gewerbegebiet eingebrochen sein – und zwar mit unbekannten Mittätern. Dabei soll sie der 89-jährige Hausbewohner und Seniorchef der benachbarten Firma überrascht haben.

Mehrfacher Nasenbeinbruch

Die Einbrecher sollen den alten Mann niedergeschlagen haben. Dieser erlitt laut Landgerichts „mehrfachen Nasenbeinbruch, eine Riss-Quetschwunde an der Stirn und mehrere Hämatome und Hautabschürfungen“ und musste ins Krankenhaus.

Um die Tatnacht ging es jetzt wieder in der Berufungsverhandlung am Dienstag, 6. August, vor dem Landgericht Rottweil – also drei Jahre nach der Tat.

War es ein Komplize?

Dazu kam: Es war nicht eindeutig nachweisbar, ob der 40-Jährige der Täter war, der den inzwischen verstorbenen Seniorchef misshandelt hatte. Oder ob es nicht ein Komplize gewesen sein könnte, nach dem die Ermittler offenbar noch suchen.

Richter Geiger hatte im Vorfeld nichts Näheres über diesen einst in Tuttlingen polizeibekannten Mann herausfinden können. „Sonst hätte ich ihn als Zeugen geladen.“

Der Angeklagte selbst stellte sich als untadeligen Bürger dar, der durch den Prozess seine Arbeit und beinahe auch seine Partnerin und seine Tochter verloren habe, der seitdem von seinem Umfeld geschnitten werde.

Er sei aber unschuldig, habe nur eben diesem polizeibekannten Mann, auf dessen Bitte ein Handy gekauft. Und weil dem Bekannten so kalt gewesen sei in jenem Winter, habe er ihm seine warme Jacke und seine Handschuhe geliehen.

So seien dann wohl auch jene DNA-Spuren von ihm selbst an den Fenstersims gelangt, über den die Täter in das Wohnhaus des Seniorchefs gelangten. Ein Wohnhaus, das angebaut an die Firma ist und in dem ein Safe stand, genau in dem Raum, dessen Fenster die Täter zunächst aufhebeln wollten.

Klirren weckt Hausbewohner

Als das nicht gelang, wurde die Scheibe eingeschlagen. Von dem Geräusch ist der 89-jährige offenbar wach geworden. Seine 90-jährige Ehefrau lag noch im Bett, wurde aber durch die Tat wach und rief die Polizei.

Die Tatverdächtigen flüchteten zwar unerkannt, obwohl die Beamten fünf Minuten später vor Ort waren. Sie teilten offenbar aber rege Infos. Nämlich Details wie jenes, dass ein Mädchen am Steuer des Fluchtwagens gesessen hatte und die beiden Männer ins Haus eingestiegen seien. Der Angeklagte hatte laut Aussage eines Zeugen zudem einen Diamanten bei sich – offenbar, um das Glas der Scheibe aufzuschneiden.

Das könnte Sie auch interessieren

Eine Sachverständige beschrieb, wie die Spuren auf dem Fenstersims mit der DNA des Angeklagten übereinstimmten – wohl mehr, als dass sie alleine durch einen ausgeliehenen Handschuh übertragen werden konnten. Ganz hundertprozentig lasse sich das aber nicht festlegen.

Ebenso wenig wie die Authentizität einer Tonaufnahme, die ein Zeuge bei einem Gespräch mit dem Angeklagten gemacht haben will. Darin gibt der 40-Jährige angeblich die Tat zu, beschreibt Details, die nur ein Täter wissen kann. Ob der Redner hier der Angeklagte war, blieb offen, denn diese Aufnahme lag dem Gericht nicht vor.

Möglicher Komplize abgetaucht

Sein möglicher Komplize hat offenbar noch einige weitere Taten auf dem Gewissen, wie ein Beamter als Zeuge aussagte. Der Gesuchte sei berühmt-berüchtigt, so der Polizist, ein inzwischen abgetauchter „amtsbekannter Tuttlinger“.

Der Komplize wechsle häufig seinen Aufenthaltsort und begehe dann dort immer wieder Straftaten. So sei die Handynummer des Telefons, das ihm der Angeklagte gekauft haben will, im Umfeld von mehreren Einbrüchen immer wieder geortet worden.

Das könnte Sie auch interessieren

Am Endes des langen Prozesstages war das Landgericht Rottweil von der Schuld des 40-Jährigen überzeugt. Es urteilte, dass der Mann doch ins Gefängnis muss, allerdings nur für zwei Jahre und zwei Monate. Er war zunächst in Untersuchungshaft, kam dann aber mit einer Kaution von 5000 Euro auf freien Fuß.

Gegen das Urteil kann er noch Rechtsmittel einlegen.

Das könnte Sie auch interessieren