Der Fall des betrügerischen Hausverwalters aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis beschäftigt die Justiz auch weiterhin: Nachdem die Berufungstermine vor dem Konstanzer Landgericht geplatzt sind, heißt es nun: neue finden.
Gar nicht einfach, wie Mirja Poenig, Richterin und Pressesprecherin am Landgericht sagt. Viele Rädchen müssen ineinander greifen, damit ein Verfahren überhaupt eröffnet werden kann. In Pandemiezeiten oft ein mehr als schwieriges Unterfangen, wie der Hausverwalter-Fall zeigt.
Komplexes Verfahren
In erster Instanz war der heute 64-jährige Finanzbeamte wegen Untreue in 90 Fällen verurteilt worden. Zahlreiche Zeugen wurden dazu an vier Verhandlungstagen vor dem Villinger Amtsgericht gehört. Das Procedere steht erneut an: Das Landgericht entscheidet im Berufungsverfahren als so genannte Tatsacheninstanz, erklärt Mirja Poenig.
„Das heißt: Das Verfahren wird nicht nur auf Rechtsfehler hin untersucht, sondern der ganze Fall wird noch einmal neu verhandelt.“ Rund 20 Zeugen sollen gehört werden. Am ersten Verhandlungs-Nachmittag sollte außerdem der polizeiliche Hauptsachbearbeiter gehört werden.
Viele Verfahrensbeteiligte
4000 Seiten Akten bei der Staatsanwaltschaft lassen es schon erahnen: An diesem Verfahren sind viele beteiligt. Während Zeugen grundsätzlich die Pflicht haben, zu den Terminen zu erscheinen, müsse die Beteiligung anderer wiederum gut koordiniert werden, sagt Mirja Poenig: Gutachter oder Sachverständige beispielsweise seien oft auf lange Zeit ausgebucht.
„Wenn da ein Mosaiksteinchen wegfällt, weil etwa der Sachverständige an Corona erkrankt ist, kann man nicht einfach einen anderen einladen.“ Gleiches gelte für die Richter und Schöffen. Wer das Urteil beschließe, muss beim Verfahren dabei gewesen sein. Umso mehr Zeugen, Beteiligte und eventuelle Nebenkläger es gebe, umso schwieriger gestalte sich die Terminierung.
„Wahnsinnig aufwändig“ sei beispielsweise das Mafia-Verfahren gewesen, das im April 2020 nach 99 Verhandlungstagen endete. In jeder Sitzung seien sowohl Ersatzschöffen als auch ein Ersatzrichter mit dabei gewesen. Diese wären eingesprungen, wenn an einem folgenden Verhandlungstag jemand ausgefallen wäre. „Und in dieser Zeit können Ersatzschöffen und -richter natürlich nichts anderes arbeiten, sondern müssen dem Verfahren folgen“, so die Pressesprecherin.
Voller Terminplan
Der Terminplan der Kammer sei sehr voll, weshalb es schwierig sei, neue Termine kurzfristig anzuberaumen, sagt Mirja Poenig. „Darunter sind auch Haftsachen, die beschleunigt stattfinden müssen, damit die Untersuchungshaft nicht so lange dauert.“ Der Hausverwalter ist auf freiem Fuß. Der Haftbefehl gegen ihn war kurz nach der Verurteilung aufgehoben worden.
Zudem stünden nun Pfingst- und Sommerferien bevor, was es erschwere, zeitnah hintereinander Termine zu finden. Zeugen, die beispielsweise schon vor Längerem eine Urlaubsreise gebucht haben, dürfen einem Gerichtstermin entschuldigt fernbleiben.
Nicht zuletzt macht Corona vielen Verfahren einen Strich durch die rechnung. Insgesamt sei das Landgericht zwar „halbwegs gut“ durch die Pandemie gekommen, bilanziert Mirja Poenig. In den zurückliegenden Wochen und Monaten mit den sehr hohen Inzidenzen seien erstinstanzliche Strafrechtsprozesse jedoch oft auch kurzfristig geplatzt.