Kerstin Schäfer sagt, sie spreche jeden Tag mit ihren Krebszellen. Jenen unsichtbaren Feinden, die noch in ihr schlummern, die aber – das steht fest – ihr Leben erneut bedrohen werden. „Ich sage dann immer, meine lieben Zellen, haltet bitte die Füße still“, sagt sie.
Der Rückfall wird kommen
Und zwar so lange, bis für die zweifache Mutter aus Obereschach ein passender Stammzellspender gefunden ist. Ein Wettlauf gegen die Zeit, zumal niemand voraussagen kann, wann der Rückfall kommt. Vielleicht nächste Woche, vielleicht in zwei Monaten.

Eigentlich hatte für Kerstin Schäfer, geborene Lischker, alles so gut ausgesehen. Am 4. Dezember 2022 wurde die 60-Jährige als geheilt aus dem Schwarzwald-Baar-Klinikum entlassen.
Eine Knochenmarkpunktion kurz vor Weihnachten ergab ebenfalls: Alles in Ordnung. Der Krebs, die akute myeloische Leukämie (AML), an der sie ein halbes Jahr zuvor erkrankt war, hatte sich scheinbar geschlagen gegeben.
„Als die Ärztin sagte: Ich habe leider schlechte Nachrichten, da sind mir schon die Tränen gelaufen.“Kerstin Schäfer, Leukämiepatientin
Die nächste Kontrolle im März ergab einen unklaren Befund, der sich zunächst nicht habe näher eingrenzen lassen, erinnert sie sich. „Das hätte auch ein Fliegendreck sein können“, sagt sie.
Tumormarker steigen an
Doch die nächste Kontrolle wurde sicherheitshalber vorgezogen. Mit einem niederschmetternden Ergebnis.
„Als die Ärztin sagte: Ich habe leider schlechte Nachrichten, da sind mit schon die Tränen gelaufen“, erinnert sich Kerstin Schäfer an jenen 15. Juni 2023, den Tag der Befundbesprechung. „Ein Scheißtag. Gott sei Dank war mein Mann an meiner Seite.“
Die molekularen Marker seien angestiegen, berichtete die Ärztin dem Ehepaar. Damit ist die AML bei Kerstin Schäfer zwar noch nicht zurück, doch der Rückfall ist vorprogrammiert.
Und: Die 60-Jährige braucht eine Stammzelltransplantation. Ein passender Spender wurde noch nicht gefunden. Und eine andere Therapieoption gibt es für Kerstin Schäfer derzeit nicht, heißt es in einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Freiburg, wo Kerstin Schäfer aktuell behandelt wird.
Typisierung im Vereinsheim
Deshalb wird in Zusammenarbeit mit der Stammzelldatei der Uniklinik am kommenden Sonntag, 23. Juli, eine Typisierungsaktion im Vereinsheim des SV Obereschach veranstaltet.
Noch hat die Diplom-Kauffrau zwar keine Krebszellen im Blut und kann ihren Alltag gut bewältigen. „Doch ich bin natürlich total sensibilisiert, achte auf jedes mögliche Signal“, sagt sie.
Muskelschmerzen, Herzrasen
Die Diagnose AML traf Kerstin Schäfer im Frühsommer 2022 aus heiterem Himmel. Zwar habe sie sich schon in den Wochen vor der Diagnose häufig schlapp gefühlt, erinnert sie sich: Muskelschmerzen, Herzrasen, Atemnot, wenn sie eine Treppe hinaufstieg.

Zunächst habe sie es auf eine Blutarmut geschoben. Schließlich wurden ihr beim letzten Blutspendetermin Eisentabletten mitgegeben, weil ihre Werte zu niedrig waren.
Dann kam jener Tag im Mai, als sie eine Fahrradtour mit ihrem Mann Eckhard nach 17 Kilometern abbrechen musste. Für die sportliche Frau, die viel joggt und auch mehrtägige Radtouren über mehrere hundert Kilometer fährt, ein Alarmsignal. Als sie am nächsten Tag hohes Fieber bekommt, geht sie direkt zu ihrer Hausärztin.
Viel zu viele Leukozyten
Noch am Abend kommt der Anruf aus der Praxis: Verdacht auf Leukämie. In Kerstin Schäfers Blut sind viel zu viele Leukozyten – weiße Blutkörperchen – , denen die Erkrankung ihren Namen verdankt: Leukämie bedeutet „weißes Blut“. Ein Verdacht, der sich nur wenig später im Schwarzwald-Baar-Klinikum bestätigen sollte.

„Ich habe mich gefühlt wie in einem schlechten Film. Ich habe das erstmal gar nicht kapiert“, erinnert sie sich an den Tag der Diagnose. Danach sei alles ganz schnell gegangen: Knochenmarkpunktion, viele Untersuchungen, der erste von mehreren Zyklen Chemotherapie.
Untergebracht wird Kerstin Schäfer in einem luftgereinigten Isolationszimmer, weil das körpereigene Immunsystem durch die Chemotherapie auf Null heruntergefahren wird und jeder Schnupfenvirus in dieser Zeit lebensbedrohlich werden kann.
Ein Lichtblick in dieser Zeit: Das Team der Onkologie im Schwarzwald-Baar-Klinikum und vor allem Oberarzt Martin Henkes. „Er hat mich so toll betreut. Ihm bin ich bis heute dankbar.“
„Es nützt ja nichts, nach dem Warum zu fragen“
Nun muss sie ihrer Erkrankung erneut den Kampf ansagen. Wobei die Naturliebhaberin vor allem eines tut: „Mitnehmen, was geht, so lange es mir gut geht“, sagt sie.
Sie hat Kuchenspenden für die Typisierungsaktion organisiert, trifft sich mit Freundinnen, die bei der Verteilung von Flyern und Plakaten für die Typisierung viel geholfen haben und versucht, sich abzulenken.
„Es nützt ja nichts, nach dem Warum zu fragen. Das ist Quatsch.“ Ihr ist wichtig, dass auch ihre Familie stark ist. „Wenn ich nur in einem emotionalen Loch hänge, ziehe ich alle anderen mit herunter.“