Daniel Löble ist Frühaufsteher. „6 Uhr. Dann geht es gleich los“, sagt er voller Motivation und gut gelaunt beim frühen Interview mit dem SÜDKURIER. Einerseits ist das ungewöhnlich, würde man seine Aktivität aufgrund seines Berufes doch eher in den Abendstunden vermuten. Andererseits passt es auch wieder. Der 48-Jährige ist Profimusiker und gibt als Schlagzeuger den schnellen Takt bei der Kult-Band Helloween an, da ist Dynamik und Ausdauer gefragt.

Helloween ist garantiert nicht nur für Heavy-Metal-Fans ein Begriff. Ende der 80er-Jahre schaffte die in Hamburg gegründete Formation mit zwei legendären Alben „Keeper of the Seven Keys“ Teil eins und zwei den weltweiten Durchbruch. Seither sind die Rocker nicht mehr von den großen Festival-Bühnen der Welt wegzudenken, zum Beispiel beim Wacken oder bei Rock in Rio vor 100.000 Menschen. Daniel Löble ist seit 16 Jahren dabei, tourt mit Bandkollegen und einem riesigen Tross an Helfern regelmäßig durch die Welt. Helloween-Alben stehen in nahezu jedem gut sortierten Plattenregal.

Unser Bild zeigt Daniel Löble 2018 beim Auftritt auf dem Wacken-Festival.
Unser Bild zeigt Daniel Löble 2018 beim Auftritt auf dem Wacken-Festival. | Bild: Daniel Löble

Aktuelle Situation

Und jetzt, ja jetzt sitzt Löble quasi in Steißlingen fest, seit mittlerweile einem Jahr. Keine Auftritte mehr, keine Touren. „Am Anfang war alles neu, eigentlich eine ganz spannende Zeit“, erinnert er sich. Endlich habe er mal wieder Zeit zum Üben und Ausprobieren neuer Dinge an seinem Instrument gehabt. „Aber nach einem dreiviertel Jahr wurde es dann schon langsam demotivierend.“ Und weil die Bandmitglieder in ganz Europa verteilt ihre Wohnsitze haben, jeder mit eigenem Studio, trifft man sich nicht mal ebenso zum Quatschen oder gemeinsames Proben. „Ein Probetag kostet richtig viel Geld“, verrät Löble, „für Unterkunft, Reisen und die Crew.“ Denn ohne geht es bei so einer großen Band nicht mehr. „Wir sind quasi ein Großbetrieb.“

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Aber immer nur alleine zuhause zu üben, mal eine Studioaufnahmen hier, mal ein Videodreh dort sowie einige Promo-Termine via Videostream, das waren die Aufgaben, die dem Musiker geblieben sind. Alles schön und gut, so Löble, aber die Musik lebe von Live-Konzerten vor echten Fans. Das gehöre einfach dazu, sich gegenüber zu stehen, die Musik, die Lautstärke und die Massen zu spüren. Aus diesem Grund hält er auch nicht viel von sogenannten Wohnzimmerkonzerten mit Livestreams, die während den Lockdowns in den sozialen Medien in Mode kamen, von anderen Notlösungen für Kulturveranstaltungen und von den vielen Onlineformaten während der Fasnet. „Das ist ein komplett falsches Signal.“ Lieber ganz absagen und in einem Jahr wieder eine richtige Veranstaltung organisieren, so seine Meinung.

Daniel Löble darf sich in das Goldene Buch der Nachsorgeklinik Tannheim eintragen.
Daniel Löble darf sich in das Goldene Buch der Nachsorgeklinik Tannheim eintragen. | Bild: Fröhlich, Jens

Ein letztes Mal richtig auskosten konnte Löble das Musikerleben bei der großen Welttournee im Jahr 2019, zusammen mit den Bands Whitesnake und Scorpions. Bei Rock in Rio spielte er noch vor 100.000 Fans und das Fernsehen war live dabei. „Das war schon ein geniales Erlebnis“, schwärmt er noch heute. Ende vergangenes Jahr hätte die Reise eigentlich weitergehen sollen. „Die Proben für die Tournee wurden jetzt auf das Jahr 2022 verschoben.“ Zwei Konzert-Termine sind in diesem Jahr bislang noch nicht abgesagt. Dass diese Termine am Ende stattfinden werden, daran glaubt Löble nicht. „Mit dem Glauben bin ich vorsichtig.“

Welcher Helloween-Song passt am besten zur Corona-Zeit?

Dazu sagt Löble: „Das ist eine gute Frage.“ Nach kurzer Überlegung nennt er zwei Lieder. Einmal „Eagle fly free“, ein eher beflügelnder Song als Kontrast zur bedrückten Stimmung.

Und zweitens „Mr. Torture“, welcher genau diese Stimmungslage ganz treffend transportiere.

 Was hat Corona finanziell verändert?

„Uns geht es noch gut. Allerdings schmilzt der Eisberg. Wir haben nun seit über einem Jahr keine Einnahmen, Kosten für beispielsweise Lager, Management laufen aber weiter.“ Löble sorgt sich weniger um sich selbst. Vielmehr macht er sich Sorgen um die große Mannschaft, die sich um die Band schart und die über die Jahre wie eine zweite Familie für ihn geworden ist. „Der Crew geht es schlecht. Viele sind in andere Jobs abgewandert“, bedauert er. Während Helloween in Teilen noch von der schieren Bekanntheit profitiert, zum Beispiel über Plattenverkäufe und Streaming-Angebote, seien für die Crewmitglieder mit der Pandemie alle Einnahmen komplett weggebrochen. Da würden auch die Hilfsgelder kaum helfen. „Ein Tropfen auf den heißen Stein, mehr auch nicht.“ Löble hofft daher, dass die Politik Hilfsgelder künftig unkompliziert und nach einfachen Regeln zur Verfügung stellt. Viele Menschen in der Musikbranche würden derzeit auf Kosten ihrer Rentenrücklagen leben.

Daniel Löble unterhält sich bei einem Besuch in der Nachsorgeklinik Tannheim mit einem Fan.
Daniel Löble unterhält sich bei einem Besuch in der Nachsorgeklinik Tannheim mit einem Fan. | Bild: Fröhlich, Jens

Respektvoller Umgang

Aber, das sagt Löble auch: „Ich fühl mich wohl und lebe gerne hier.“ Auch wenn nicht alles nach seinem Geschmack funktioniere, lohne sich immer ein Blick in andere Länder. Mit Bekannten und Freunden aus England, Italien oder Japan würde er ungern tauschen. „Letztlich geht es uns hier echt super.“ Was ihn aber stört, ist die aufgeheizte Stimmung im Land. Helfen würde da ein respektvollerer Umgang miteinander und mehr Toleranz für andere Meinungen, da ist er sich sicher.

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Und wie geht es jetzt weiter?

Erst einmal kommt im Juni eine neue Helloween-Platte heraus. Dafür läuft auch bereits die Werbetrommel. Die Studioaufnahmen fanden teils während der Corona-Pandemie statt.

Nach zwei bis drei Monaten mit Proben steht 2022 dann die verschobene Tournee ins Haus unter dem Titel „United Forces Tour“, zusammen mit der Band Hammerfall. „20 Jahre würde ich das gerne noch so machen“, so Löble. „Dann vielleicht nicht mehr mit drei Stunden langen Shows.“ Noch sei das machbar. Löble ist körperlich fit und ernährt sich vegan. Vor einer Tour stehen zudem Extra-Einheiten auf dem Programm für den letzten Schliff am Fitnessfaktor. Als Vorbild nennt er Schlagzeugkollegen Tommy Aldridge, der mit über 70 Jahren noch immer mit Whitesnake die Bühnen rockt.

Und wie kam es zum Engagement für die Nachsorgeklinik Tannheim?

Das sei eine Verwicklung von Zufällen gewesen. Wegen Schulterproblemen nach einer Tour sei er in Behandlung bei einem Physiotherapeuten gewesen. Über diesen entstand Kontakt zu Anwalt Wolfgang Hoppe, der gerade den Hit „Stark wie ein Löwe“ für Tannheim organisierte (wir berichteten).

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Einige Anrufe später spielte Löble schließlich Anfang 2020 im Studio die Schlagzeugspuren für das Lied ein. „Jetzt wurde überlegt, wie man die Veröffentlichung noch etwas bewerben könnte“, erinnert sich der Schlagzeuger. „So entstand die Idee mit der Kochshow.“ Diese zu Beginn kleine Idee wuchs aber schnell zum großen Projekt heran (wir berichteten.)

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Vor wenigen Tagen konnte sich Löble im Rahmen der Vorbesprechungen für die Show erstmals selbst ein Bild vom Klinikalltag machen. „Wenn man das hört und sieht, ist man schon berührt und betroffen“, zieht er Bilanz nach dem Besuch. Es sei aber auch beschämend, dass sich so eine Einrichtung aus Spenden finanzieren müsse. „Es ist schade, dass so eine tolle Sache nur so möglich ist.“

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Zur Person

Aufgewachsen ist Löble im kleinen Ort Öhningen am Bodensee. Heute lebt er zusammen mit seiner Frau in Steißlingen. Die Musik wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. Beide Eltern und auch der Opa waren Musiker, der Vater zudem Instrumentenbauer. Das Schlagzeug war für ihn schon immer interessant. Zunächst lernte er Trompete zu spielen im örtlichen Musikverein. Inspiriert von der Fernsehsendung Disco Disco – wo ihn ein Auftritt der Band Krokus besonders fesselte – begann Löble selbst zu trommeln. Seine Schwester meldete ihn dann zum Schlagzeugunterricht an, da war er 11. Mit 14 folgte seine erste eigene Band.

Geprobt wurde in einer alten Wirtschaft im Ort. Über weitere Bands und viele Auftritte erweiterte sich sein Musiknetzwerk stetig. Am Ende kam über einen gemeinsamen Produzenten der Kontakt zur Band Helloween zustande. „Sie haben einen Drummer gesucht und bei mir angerufen. Zwei Tage später habe ich auf Teneriffa im Studio das Album Keeper of the Seven Keys – Teil 3 eingespielt“, erzählt der gelernte Instrumentenbauer. „Das hat mein Leben auf den Kopf gestellt.“ Diese Zeit war aber auch nicht einfach. Innerhalb der Band mit starken Persönlichkeiten musste Löble erst seinen Platz finden und das viele Reisen macht ihm bis heute zu schaffen.

Schlagzeug-Kostprobe von Daniel Löble Video: Fröhlich, Jens