Ingrid Seliger und ihre drei Freundinnen hatten sich so gefreut auf die Radtour an jenem schönen Donnerstag Ende August. Doch schon frühmorgens am Villinger Bahnhof war erst einmal Schluss mit dem Vergnügen. Der Ringzug, mit dem die Damen von Villingen zum Startpunkt nach Rottweil fahren wollten, ließ das Quartett einfach stehen. Der Grund: wegen Überfüllung für Fahrräder geschlossen.

„Das ist einfach nur ärgerlich“, kommentiert Ehemann Berthold Seliger die Situation. Auch er ist passionierter Radler und oft gemeinsam mit seiner Frau unterwegs. Immer wieder nutzen die beiden Unterkirnacher bei ihren Ausflügen auch den Ringzug oder die Schwarzwaldbahn. Und haben dabei eine wenig schöne Entwicklung festgestellt: „Vor Jahren war das immer noch gut möglich, aber die Situation hat sich wirklich verschlechtert“, sagt Berthold Seliger.

Keine Stoßzeit – und doch ein Problem

Die Damen-Tour im August ist nicht die einzige schlechte Zug-Erfahrung, die allein Ingrid und Berthold Seliger aus diesem Sommer erzählen können. Da war auch noch das Erlebnis Ende Mai, an einem Mittwoch, ebenfalls weitab der gefürchteten Stoßzeiten.

Im Villinger Bahnhof wartet der Ringzug auf Fahrgäste. Doch für Fahrräder ist nicht immer Platz.
Im Villinger Bahnhof wartet der Ringzug auf Fahrgäste. Doch für Fahrräder ist nicht immer Platz. | Bild: Block, Andreas

Die Unterkirnacher waren mit einigen Bekannten unterwegs, acht, neun Räder insgesamt, erzählt Berthold Seliger. Von Rottweil sollte es am Ende per Ringzug zurück nach Villingen gehen. Die Gruppe und ihre Drahtesel schaffen es zunächst auch in den Zug hinein. „Der Platz dort war sehr eng, wir mussten die Räder teilweise in die Gänge verschieben“, erinnert sich Seliger.

Warten? Das Risiko ist den Radlern zu groß

Vom Lokführer seien sie deswegen wieder aus der Bahn verwiesen worden – mit dem Rat, doch die Verbindung zwei Stunden später zu nutzen. „Das Risiko war uns aber zu groß, deswegen sind wir mit den Rädern zurückgefahren“, so der Unterkirnacher.

Zu viele Fahrräder, zu wenig Platz im Zug – die Verantwortlichen der Ringzug-Betreiber SWEG Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH kennen das Problem. „In den vergangenen Jahren hat sowohl die Zahl der Fahrgäste mit Fahrrad als auch die Größe der Räder zugenommen“, so SEWG-Pressesprecher Christoph Meichsner. Stoßzeiten, so sagt er, träten insbesondere bei gutem Wetter auf. Am stärksten betroffen seien die morgendlichen Schülerzüge sowie Wochenendverbindungen zwischen Rottweil und Villingen.

Baden-Württemberg will Radland sein

Die Pressestelle der Deutschen Bahn hat die gleiche Beobachtung gemacht. Schließlich verfolge Baden-Württemberg das Ziel, ein „Radland“ zu sein. „Tatsächlich übersteigt die Nachfrage zeitweise das Angebot. Das ist tendenziell eher am Wochenende und insbesondere über Pfingsten und in den Herbstferien der Fall“, heißt es hier. Die kostenfreie Fahrradmitnahme – außer in den Hauptverkehrszeiten Montag bis Freitag zwischen 6 und 9 Uhr – sei „sehr attraktiv“. Auch im Ringzug fahren Fahrräder ab 9 Uhr umsonst mit.

So viele Räder passen rein

Doch wie viele Räder finden eigentlich überhaupt Platz in einem Zug? „Es gibt Züge mit fünf und mit zwölf Stellplätzen“, erklärt Christoph Meichsner. Die Anzahl der tatsächlich verfügbaren Plätze könne jedoch variieren – abhängig von der Größe der Fahrräder, zusätzlichem Gepäck oder der Belegung durch mobilitätseingeschränkte Personen. „Die Sicherheit steht dabei immer im Vordergrund und die Fluchtwege müssen frei bleiben.“

Noch mehr Platz ist auf der Schwarzwaldbahn: „Wir fahren grundsätzlich mit vier Wagen mit je einem Mehrzweckabteil-Abteil. Einzelne Wagen haben sogar zwei Mehrzweck-Abteile. Das würde Platz für 45 Räder bieten“, so die Deutsche Bahn.

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Das Problem erkannt haben nach eigenen Angaben sowohl SWEG als auch Deutsche Bahn. „Das Problem der begrenzten Fahrradkapazitäten ist bekannt und wird derzeit in Zusammenarbeit mit dem Aufgabenträger diskutiert“, so Pressesprecher Meichsner. Man habe bereits gegengesteuert und setzte die geeignetsten Fahrzeuge mit Tiefeinstieg ein, sagt auch die Deutsche Bahn. Sie benennt ein zusätzliches Problem: „Die zunehmende Anzahl an E-Bikes stellt uns vor neue Herausforderungen, da diese schwerer sind und mehr Platz benötigen.“

„Fahrradfahrer existieren im Grunde nicht für die Bahn“, meint jedoch Berthold Seliger aus Unterkirnach. Dazu passe auch ein drittes, wenig schönes Erlebnis: Bei einem Umstieg in Immendingen musste das Ehepaar seine E-Bikes samt Gepäck die Treppen hinab und hinauf auf ein anderes Gleis tragen. Gewicht pro Zweirad: Rund 30 Kilo. Einen Platz im Anschlusszug, den haben sie aber an dem Tag wenigstens bekommen.

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