Richard, Leona und Luisa sind echte Energiebündel. Während sich die achtjährige Leona an diesem Mittag auf ihren Schwimmkurs freut und kaum abwarten kann, bis sie ins Schwimmbecken der Nachsorgeklinik Tannheim hüpfen darf, entdeckt die zweijährige Luisa die Welt und der fünfjährige Richard ist mit seinen Pokémon-Figuren, kleinen Phantasiewesen, beschäftigt.

Eine ganz normale Familie könnte man meinen. Wären da nicht die dauernden Sorgen um Richard, die Sandra Bracholdt und Ronald Böhle seit der Geburt ihres Sohnes begleiten.

Richards Herz liegt verkehrt herum in seiner Brust

Richard kam mit einem seltenen und gleichzeitig sehr schweren Herzfehler zur Welt. Sein Herz liegt spiegelverkehrt in seinem Brustkorb. Außerdem ist eine Herzklappe verschlossen und die Arterie zur Lunge verkümmert.

Kaum auf der Welt musste Richard mit neun Tagen zum ersten Mal operiert werden. Es folgten weitere Operationen. Richard musste dabei jeweils an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden, damit sein Herz angehalten und operiert werden konnte.

Ronald Böhle und Sandra Bracholdt sind kurz vor Weihnachten mit ihren Kindern Luisa (von links), Leona und Richard zur Familienreha in ...
Ronald Böhle und Sandra Bracholdt sind kurz vor Weihnachten mit ihren Kindern Luisa (von links), Leona und Richard zur Familienreha in die Nachsorgeklinik Tannheim gekommen. | Bild: Cornelia Putschbach

„Vereinfacht gesagt, wurde Richards Herz so umgebaut, dass er jetzt ein halbes funktionierendes Herz hat“, erklärt Sandra Bracholdt das, was zuletzt bei der Fontan-Operation erfolgte.

Doch nicht alle körperlichen Probleme konnten mit den Operationen behoben werden.

Noch immer besteht ein Sauerstoffmangel. Die Sättigung von Richards Blut ist noch immer niedrig. Fehlende Ausdauer ist die Folge. Richard hat außerdem oft blau scheinende Lippen und Finger.

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Lange Krankenhausaufenthalte haben ihre Spuren hinterlassen. Nach der letzten Operation vor zwei Jahren lag Richard fast fünf Wochen auf der Intensivstation und weitere zwei Wochen auf der Normalstation. Motorische Probleme sind die Folge. Der damals 3,5-Jährige musste vieles, vom Essen bis zum Laufen neu lernen, seinen Gleichgewichtssinn neu trainieren.

Ronald Böhle war in dieser Zeit mit seinem Sohn in der Klinik. Sandra Bracholdt mit den beiden Mädchen zu Hause. Die Jüngste war noch ein Säugling. 20 Tage vor Richards Operation kam sie zur Welt.

„Wir hatten keine andere Wahl als die Operation“

„Die Operation ging uns so richtig an die Nieren. Wir hatten aber keine andere Wahl“, erinnert sich Ronald Böhle.

Den Schrecken der Nacht, als zwei Wochen nach der Fontan-Operation der Anruf von der Intensivstation kam, dass Richard aufgrund einer Einblutung in der Lunge nochmals notoperiert werden musste, kann Sandra Bracholdt bis heute nicht vergessen.

Richard ist ein kleiner Fachmann für Pokémon-Figuren. Er kennt sie alle ganz genau beim Namen.
Richard ist ein kleiner Fachmann für Pokémon-Figuren. Er kennt sie alle ganz genau beim Namen. | Bild: Cornelia Putschbach

Jetzt, zwei Jahre nach der großen Operation bekam die Familie endlich einen Rehaplatz in der Nachsorgeklinik Tannheim.

„Es wäre sinnvoll gewesen, die Reha bald nach der Operation zu machen, aber die Nachfrage nach Reha Plätzen ist viel zu groß. Die Nachsorgeklinik kann der hohen Anzahl an Nachfragen einfach nicht nachkommen“, bedauert Sandra Bracholdt.

Doch auch jetzt ist Familie Bracholdt Böhle sehr dankbar für die Möglichkeiten, die die Reha für alle fünf bietet.

In der Nachsorgeklinik bekommt Richard wichtige Hilfe

Richard hatte die vergangenen Jahre immer wieder psychisch zu kämpfen. Während seine Freunde Fußball spielen, kann er nicht mithalten. Die Ausdauer fehlt und Treffer auf den Brustkorb sollten vermieden werden. Weil er Gerinnungshemmer nehmen muss, drohen beim Spielen durch Stöße auf Bauch oder Kopf, die für ein gesundes Kind kein großes Problem darstellen, innere Verletzungen, die umgehende Behandlung verlangen.

Ganz und gar keine einfache Situation für einen Fünfjährigen.

Jetzt, in der Reha in Tannheim, unterstützen ihn Heilpädagogen bei der Verarbeitung seiner Probleme. Ergotherapeuten arbeiten mit Richard an der Feinmotorik. Und auch spezielle Atemübungen werden trainiert. Die sind wichtig, weil Richards Blutkreislauf sehr stark auf der Arbeit der Lunge basiert.

Seine Cleverness sei eine der Stärken von Richard. Er rätselt zum Beispiel gerne, berichten seine Eltern.

Familienzeit: Ronald Böhle und Sandra Bracholdt genießen mit ihren Kindern Leona (von links), Luisa und Richard die gemeinsamen Momente ...
Familienzeit: Ronald Böhle und Sandra Bracholdt genießen mit ihren Kindern Leona (von links), Luisa und Richard die gemeinsamen Momente in der Nachsorgeklinik Tannheim. Sie freuen sich aber auch Kontakte zu anderen Familien in ähnlicher Situation knüpfen zu können. | Bild: Cornelia Putschbach

Im kommenden Herbst wird Richard eingeschult. Für den Kindergarten konnten seine Eltern nach der Überwindung vieler bürokratischer Hürden eine Integrationshilfe erreichen. Jetzt hoffen sie, dass ihr Sohn einen Platz in einer Schule für Körperbehinderte bekommen wird.

Dort könne Richard viel individueller unterstützt werden, sagen sie. Doch auch der Weg zu diesem Schulplatz ist mit vielen Hürden gepflastert. Hürden, die Sandra Bracholdt und Ronald Böhle viel Kraft kosten und zermürben. Hürden, die emotional stark belasten – zusätzlich zur Sorge um ihren Sohn.

Der Kontakt zu anderen Familien ist wichtig

Die Reha in der Nachsorgeklinik Tannheim ist für die ganze Familie eine wichtige Unterstützung.

Ein besonderes Augenmerk wird neben Richard auch auf seine Schwestern Leona und Luisa gelenkt. Auch für sie ist Richards Krankheit mit Belastungen verbunden. Leona hat Richards Operation und die Sorgen der Eltern schon bewusst mitbekommen.

In Tannheim kann sie jetzt zum Beispiel viel öfter schwimmen gehen als zu Hause, wo im Alltag zwischen vielen Terminen und zwischen den Sorgen um Richard die Zeit dafür schlicht fehlt. Auch der Umgang mit den Pferden des Therapiestalls tut ihr sehr gut.

Die Eltern können hier Kraft tanken. Sie haben mal wieder Zeit etwas für sich zu tun, während sie die Kinder in besten Händen wissen. Sie profitieren vom Wissen der Fachleute in Tannheim, die um die Probleme und Hürden wissen, die Eltern schwer kranker Kinder im Alltag oft nehmen müssen. Außerdem kann die ganze Familie Kontakte zu Familien in ähnlicher Situation knüpfen. „Es tut einfach gut zu wissen, dass wir nicht alleine sind“, sagt Sandra Bracholdt.

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