Die Corona-Zahlen bewegen sich seit Wochen auf einem hohen Niveau. Das merken auch diejenigen, die sich um Verstorbene und deren Angehörige kümmern. Der SÜDKURIER hat mit einem Bestatter und einer Seelsorgerin gesprochen.
„Bei der ersten Corona-Welle hatten wir in vier Monaten etwa 25 Menschen, die an oder mit Covid-19 verstorben sind. Seit Dezember sind es ein bis zwei Corona-Tote am Tag“, sagt Norbert Hirt. Er ist der Chef des Bestattungshauses Preidel, Hirt und Butz aus Villingen-Schwenningen. Die meisten Verstorbenen seien über 80 Jahre alt und lebten bis zu ihrem Tod in Pflegeheimen. Es sei nicht immer leicht zu ergründen, ob Corona letztlich der Auslöser für das Ableben der Menschen gewesen ist. Aber: „Wir merken klar einen Anstieg bei den Todesfällen“, so Hirt.

Die Versorgung der Menschen, die an oder zumindest mit Corona verstorben sind, ist für den Bestatter und seine Mitarbeiter besonders aufwendig. Hirt: „Es gibt ein Video von unserem Landesverband, in dem detailliert erläutert wird, wie wir uns selbst vor Covid schützen müssen.“ Denn: Bislang ist es laut Robert-Koch-Institut (RKI) nicht klar, ob Corona-Tote nach ihrem Ableben weiterhin ansteckend sind oder nicht. Genau heißt es auf der Seite des RKI: „Es existieren keine belastbaren Daten zur Kontagiösität von Covid-19-Verstorbenen. Aus diesem Grund muss ein mit Sars-CoV-2 infizierter Verstorbener als kontagiös angesehen werden.“
Für die Praxis bedeutet das, dass Bestatter vor dem Versorgen von Verstorbenen einen Ganzkörperanzug, einen FFP2-Mundschutz, einen Augenschutz in Form einer die Augen komplett umschließenden Brille, Füßlinge und Handschuhe tragen muss. „Wir haben immer zwei Paar Handschuhe an. Das erste Paar solange, bis der Verstorbene versorgt und im Sarg ist“, erläutert Hirt.
Bis dahin wird der Mensch im Sterbebett desinfiziert. Er erhält einen Mundschutz mit Desinfektionsmittel. Dann wird er in ein Tuch eingeschlagen, das ebenfalls desinfiziert wurde. Anschließend kommt er in eine desinfizierte Bergehülle, dann in den Sarg. Hirt: „Wir verbrauchen pro Corona-Toten bis zu 750 Milliliter Desinfektionsmittel. Dieses und auch alle Schutzsachen, bezahlen die Angehörigen. Ein Einmalschutzset kostet etwa 60 Euro“, so Bestatter Hirt weiter. Etwa eine Stunde dauert die fachmännische und coronaforme Versorgung eines Toten.
Noch musste Hirt trotz des gestiegenen Aufwands Termine ablehnen: „Das liegt an meinen tollen Mitarbeitern. Die setzen sich bis ins Letzte ein und ziehen voll mit.“ Bedeutet: Urlaub kann momentan niemand nehmen, an Wochenenden wird gearbeitet und die Ausgleichstage dafür können nicht genommen werden.
Ähnlich ist die Situation bei der katholischen Seelsorgeeinheit zwischen Brigach und Kirnach. „Auch bei mir gibt es mehr Corona-Verstorbene als noch im vergangenen Jahr“, sagt Elisabeth Auer. Die Seelsorgerin arbeitet seit über 20 Jahren für die Kirche und ist seit 2013 in der Gemeinde tätig. Während er ersten Pandemie-Welle begleitete sie Angehörige von vier Corona-Toten, jetzt sind es ein bis zwei pro Woche.
In der Regel wird sie, wenn das die Angehörigen wünschen, vom Bestatter kontaktiert. Sie nimmt dann Kontakt auf. „Normalerweise finden die Gespräche dann bei den Angehörigen zu Hause statt. Das geht derzeit nicht. Deswegen telefonieren wird oder treffen uns in den Gemeinderäumen. Natürlich mit Abstand und Maske“, erzählt Auer. In den Gesprächen geht es um die vergangenen Wochen, wie die Trauerfeier aussehen soll, wer der Verstorbene war und um weitere Themen.
Scham wegen Corona-Tod
„Zu Beginn der Pandemie habe ich eine Art Scham bei den Angehörigen wahrgenommen, wenn jemand wegen Corona verstorben ist. Es gab bei diesem Thema eine größere Zurückhaltung“, sagt die 55-Jährige. Jetzt sei Covid-19 als Todesursache üblicher geworden. Es werden offener etwa darüber gesprochen, wie schwer es ist, einen Angehörigen nicht mehr bis zum Schluss begleiten zu können. Auer: „Man kann sich nicht mehr richtig verabschieden, weil Corona-Tote in der Regel im Krankenhaus oder im Pflegeheim sterben. Viele Menschen haben ihre Vertrauten auch noch selbst angekleidet. All das fällt weg.“
Problematisch werde das vor allem in den Wochen nach der Beerdigung während der Trauernachsorge, wenn der Tod eines geliebten Menschen noch realer wird. Das liege auch daran, dass die Beerdigung selbst anders abläuft. „Der ordentliche Rahmen zum Verabschieden fehlt jetzt mehr als früher“, sagt Auer. Auch das Zusammensitzen im Nachgang an eine Trauerfeier entfalle.