Der Winter ist im Kreistierheim Donaueschingen nicht ganz so stürmisch wie die wärmeren Monate. Wirklich durchschnaufen können Leiterin Nadine Vögel, ihre sieben Tierpflegerinnen und die Auszubildende aber dennoch nicht: „Über 100 Tiere sind eigentlich immer im Haus“, sagt Vögel.

Nadine Vögel, Leiterin des Kreistierheims Donaueschingen, mit ihrem Hund Titus.
Nadine Vögel, Leiterin des Kreistierheims Donaueschingen, mit ihrem Hund Titus. | Bild: Daniel Vedder

Um den eigentlichen Bedarf zu decken, bräuchte das Tierheim zwölf statt sieben Festangestellten – und deutlich mehr Geld.

Pauschale der Kommunen deckt den Bedarf nicht

„Wir haben dasselbe Problem, das alle Tierheime haben“, so Vögel. „Die Finanzierung ist schwierig.“ Kürzlich hatte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbunds, Alarm geschlagen. Die Lage beim Tierschutz sei in Deutschland „dramatisch wie noch nie“.

Viele Tierheime seien überfüllt. Da es keine einheitliche Regelung zur Finanzierung gibt, müssten sie oft selbst mit den Kommunen und Landkreisen über das Geld verhandeln.

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Grundsätzlich gibt es laut Nadine Vögel Tagessätze für die Unterbringung von Tieren im Kreistierheim. Eine Katze zu versorgen kostet die Einrichtung etwa 15 Euro pro Tag. Statt der Tagessätze zahlt der Landkreis allerdings eine jährliche Pauschale.

Diese hat der Kreistag 2023 auf 250.000 Euro angehoben und wird laut Heike Frank, Pressesprecherin des Landratsamts (LRA), alle zwei bis drei Jahre angepasst. Ein positiver Schritt sagt Vögel, der den eigentlichen Bedarf allerdings nicht ansatzweise decken würde.

Profis sind schwer zu halten

„Glücklicherweise haben wir viele tierliebe Menschen hier, die spenden.“ Das sieben Jahre alte Gebäude sei abbezahlt und ein kleines Polster, um Not-Operationen für Tiere zu zahlen, für die sich niemand zuständig fühlt, sei ebenfalls vorhanden.

Die Tierpflegerinnen im Kreistierheim kümmern sich nicht nur um Hunde und Katzen. Unter anderem wachsen hier aktuell auch drei junge ...
Die Tierpflegerinnen im Kreistierheim kümmern sich nicht nur um Hunde und Katzen. Unter anderem wachsen hier aktuell auch drei junge Kaninchen auf. | Bild: Daniel Vedder

Auch viele Ehrenamtliche engagieren sich im Kreistierheim. Doch Vögel sagt auch: „Wir brauchen Profis, gerade für den Umgang mit gefährlichen Tieren.“

Gute Tierpfleger zu halten, sei schwierig. Vollzeit zu arbeiten, müssen die sich laut Vögel leisten können, denn das Kreistierheim könne allen Angestellten nur den Mindestlohn zahlen.

Mehrfach zu Aufnahmestopp gezwungen

Vor allem eine Entwicklung bereitet dem Kreistierheim große Sorgen: „Es gibt in Deutschland zwei Millionen Straßenkatzen. Im Kreis seien die Straßenkatzen nicht so auffällig präsent.

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Viele Freigänger seien nicht gekennzeichnet, nicht kastriert und vermehren sich deshalb stark im Freien. Immer mehr Katzen werden von Menschen über längere Zeiträume draußen beobachtet und an das Tierheim übergeben.

Im Jahr 2015 wurden laut Vögel noch 328 Katzen im Schwarzwald-Baar-Kreis aufgegriffen, 2023 waren es mit 645 bereits fast doppelt so viele. Den starken Anstieg an Straßenkatzen nennt Vögel eine „große Bombe“ für alle Tierheime.

Viele Vierbeiner, wie dieses Katzen-Baby, dem ein Auge fehlt, kommen in schlimmem Zustand im Kreistierheim an.
Viele Vierbeiner, wie dieses Katzen-Baby, dem ein Auge fehlt, kommen in schlimmem Zustand im Kreistierheim an. | Bild: Kreistierheim Donaueschingen

Oft bleibt nur der Aufnahmestopp

Untergebracht waren im Kreistierheim vor zwei Jahren insgesamt 365 Katzen. 2017 waren es noch 140. Dabei gingen mehr als 300 Katzen im Jahr eigentlich nicht, sagt Vögel. „Und weil die Katzen nicht gekennzeichnet sind, werden auch nur vier bis fünf pro Jahr zu ihren Besitzern zurückvermittelt.“

Die Situation bringt das Kreistierheim ans Limit. Dass es im Jahr 2024 gleich mehrfach gezwungenermaßen zum Aufnahmestopp bei Katzen kam, bestätigt auch LRA-Sprecherin Heike Frank. So entwickelt sich die Lage zum Teufelskreis: Wenn Tierheime Katzen nicht mehr aufnehmen können, bleiben sie im Freien und vermehren sich weiter und mehr Katzen geraten in Not.

Wartelisten sind lang

Alleine für die Unterbringung der Fundkatzen bräuchten Nadine Vögel und das Tierheim bereits 329.000 Euro im Jahr. Im Kreistierheim sind aber auch andere Tiere untergebracht. Die Warteliste für Hunde sei auch „wahnsinnig lang“, so Vögel.

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Insgesamt lagen die Ausgaben 2024 bei 445.000 Euro. Deutlich mehr als die vom Kreis gezahlte Pauschale von einer Viertelmillion Euro. „Unterfinanziert sind wir definitiv noch. Wir dürfen es aber nicht verteufeln, nur weil wir nicht genug Geld bekommen.“

Test für neue Regelung

Sie hält die Unterstützung vom Kreis für lobenswert. Auch alle Gemeinden seien daran interessiert, dass es dem Kreistierheim gut geht. Laut Heike Frank sind im Veterinäramt des Kreises 2,7 Tierarztstellen und 1,3 Kontrolleurstellen für die Überwachung des Tierschutzes vorgesehen.

Aktuell gebe es zudem eine testweise neue Regelung, so Tierheimleiterin Nadine Vögel. So sollen die Kommunen den eigentlichen Tagessatz für eine Unterbringung von Tieren zahlen, solange ein Tier bis nach sechs Wochen wieder aus dem Tierheim ist.

Katzenschutzverordnung soll entlasten

Aber auch eine Lösung für den starken Anstieg an Straßenkatzen wollen der Kreis und das Tierheim gemeinsam vorantreiben. „Das Veterinäramt setzt sich mit dem Kreistierheim gemeinsam sehr stark für die Umsetzung von Katzenschutzverordnungen ein, um die Anzahl an wild lebenden Katzen zu reduzieren“, sagt Heike Frank vom LRA.

Ein verwildertes Katzenpärchen nach seiner Ankunft im Kreistierheim.
Ein verwildertes Katzenpärchen nach seiner Ankunft im Kreistierheim. | Bild: Kreistierheim Donaueschingen

Nach der Verordnung sollen Besitzer ihre Freigänger kastrieren, registrieren und chippen müssen. „Das soll uns als Tierheim ein bisschen retten, weil dann auch weniger Katzen kommen“, so Nadine Vögel.

Bald sind alle Kommunen dabei

Seit Jahren kämpft sie dafür, dass sich alle Gemeinden im Landkreis der Schutzverordnung anschließen – mit Erfolg. Nur noch in Gütenbach muss die Leiterin den Plan im Gemeinderat vorstellen, dann wäre der gesamte Schwarzwald-Baar-Kreis mit an Bord.

„Teilweise treten diese Verordnungen aber erst im Laufe des nächsten halben Jahres in Kraft“, sagt LRA-Sprecherin Heike Frank. Erste positive Effekte könnten damit zwar erst verzögert eintreten, doch für Nadine Vögel und das Kreistierheim ist es ein wichtiger Schritt für den Tierschutz.

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