Es sind keine angenehmen Wohnverhältnisse, in denen Marion Gabrahn in Schwenningen wohnt. Bespuckte Wände, dreckige Flure, ständig kaputte Aufzüge, blutverschmierte Böden und zuletzt noch eine monatelang vor sich hin verwesende Leiche. Die Senioren weiß sich keinen Rat mehr und möchte eigentlich nur noch eines: hier weg.
Ihre kleine Zwei-Zimmer-Wohnung hat sich Gabrahn ganz nett eingerichtet. Alles ist sauber und ordentlich. Sobald sie den Fuß vor die Tür setzt, grault es der Seniorin jedoch. Aktuell plagt sie vor allem der stechend süßlich Geruch, der von der Wohnung unweit ihres Zuhauses in der Harzerstraße 10 aus verströmt wird.
Leiche verwest vor sich hin
Ein Stockwerk tiefer sei im Juni ein Nachbar verstorben, berichtet Gabrahn. Bis die Leiche aus der Wohnung geschafft wurde, war es Anfang September. „Der Gestank war furchtbar“, sagt Gabrahn. Sie hatte es ihrer Hausverwaltung Ende Juni gemeldet und auch die Polizei alarmiert. Passiert sei aber erst einmal nichts. Erst mehr als zwei Monate später sei die Leiche dann nachts um vier Uhr abtransportiert worden.
Das sagt die Hausverwaltung
„Ich meine, die Kollegin stand noch im Juli mit der verstorbenen Person in Kontakt“, sagt indes eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung Budig aus Villingen. Dann seien aber die Zahlungen ausgeblieben. Nachdem sich auch Bewohner bei der Hausverwaltung über den Geruch beschwerten, sei eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung wenige Tage später zu dem Objekt gefahren und habe die Polizei kontaktiert.
Diese habe zusammen mit Rettungssanitätern die Wohnung betreten und dort den Leichnam eines Bewohners vorgefunden. „Die Person lag da schon ein paar Tage oder Wochen“, sagt die Mitarbeiterin am Telefon. Sie selbst sei bei dem Vorfall nicht dabei gewesen. Die Person, die das Objekt betreue, sei gerade im Urlaub und daher nicht greifbar.

Es stinkt noch immer
Wieso die Wohnung des Verstorbenen noch nicht geräumt sei, wundert sich Gabrahn. „Das steckt doch bestimmt alles noch in dem Teppich“, sagt auch Gabrahns Tochter Katja Bartsch angeekelt. Der Geruch sei immerhin fast genauso schlimm, wie vor dem Abtransport des Leichnams. „Wir warten aktuell noch auf die Sterbeurkunde“, heißt es dazu vonseiten der Hausverwaltung. Erst dann könne der Verstorbene abgemeldet werden.
Defekte Aufzüge seit Monaten
Der Geruch in dem Wohnhaus mit über 80 Parteien ist für Gabrahn allerdings nur die Spitze des Eisberges. Um in den dritten Stock zu kommen, muss die Seniorin seit Monaten laufen. Beide Aufzüge sind derzeit defekt. Und das nicht zum ersten Mal. Bereits im Juli hatte der SÜDKURIER über die Zustände und die defekten Aufzüge in dem Haus berichtet. Passiert sei seitdem wenig. „Kurz ging mal einer der Aufzüge, dann waren beide wieder kaputt“, sagt Gabrahn, die aktuell darauf angewiesen ist, dass ihr jemand die Einkäufe hochträgt.

Angst im Aufzug stecken zu bleiben
Laut Hausverwaltung warte man aktuell noch auf ein Angebot der Herstellerfirma, die vor Ort gewesen sei und sich den Defekt angeschaut habe. „Das Angebot soll noch diese Woche kommen“, sagt die Mitarbeiterin Ende September. „Die Aufzüge in dem Haus sind immer wieder ein Anliegen. Es gibt immer wieder Personen, die sich über diese beschweren.“
Die Bewohner haben derweil bereits Angst, in einen der Aufzüge einzusteigen. „Ich bin schon mehrmals steckengeblieben“, sagt Gabrahn. Zuletzt im April diesen Jahres. Mit Hilfe der Feuerwehr wurde sie aus dem Aufzug geholt. „Wofür zahle ich denn für Hausmeister und Aufzug?“, fragt die Mieterin.
Was hat der Putzdienst gemacht?
Auch ein Putzdienst werde ihr abgerechnet. „Davon sieht man aber nichts. Sonst wären doch nicht monatelang Blutspritzer auf dem Boden.“ Laut einer Liste, die in der Nähe einer der ständig offenen Haustüren aushängt, hat der Putzdienst erst vor einer Woche geputzt.
„Nie im Leben“, sagt Gabrahn. „Sonst würde es doch nicht so aussehen.“ Beschmierte Wände, Blutspritzer am Boden, Müll und Zigarettenkippen auf den Treppenstufen und seit Monaten verstaubte Lampen lassen in der Tat daran zweifeln, wann hier zuletzt jemand geputzt hat.
Seit 30 Jahren wohnt die Seniorin in dem Objekt in der Schwenninger Innenstadt. So schlimm, sei es aber noch nie gewesen.
Angst vor noch schlimmerem
„Wir sind dran, die Mutter hier rauszubekommen“, sagt Katja Bartsch. „Wir suchen eine Wohnung, aber sie hat ein begrenztes Budget.“ Und bei dem aktuellen Mietmarkt sei es schwierig, was zu bekommen, sagt Bartsch. Auch die Mutter zu sich zu nehmen, sei keine Option, weil sie mit ihrem Mann selbst zur Miete wohne.
„Ich wünsche mir einfach, dass sich endlich was ändert“, sagt Gabrahn. Am liebsten würde sie in dem Wohnhaus wohnen bleiben. Es sei stadtnah, erschwinglich und in ihrer Wohnung fühle sie sich wohl. „Ich habe auch Angst, dass es mich noch schlimmer trifft, wenn ich umziehe“, sagt sie.