Der erste Wasserstoff-Lastwagen in Baden-Württemberg fährt jetzt bei Spedition Bächle in Villingen-Schwenningen. Tanken kann er aber in unserer Region noch nirgends. Dazu muss der Lastkraftwagen (Lkw) erst in die Schweiz fahren, denn nur dort gibt es eine passende Wasserstoff-Tankstelle.
Für Bächle im Industriegebiet Herdenen ist das aber kein Problem. Das Fahrzeug ist ohnehin jeden Tag im Auftrag der Schweizer Post unterwegs und kann auf dem Rückweg gleich voll tanken.
„Wenn man in der Logistik-Branche tätig ist, hat man auch eine Verantwortung für den Klimaschutz und wir wollten hier voran schreiten und einen Anfang machen. Abwarten ist für uns keine Alternative“, sagt Geschäftsführer Marius Neininger. Ihm sei das Thema Nachhaltigkeit auch persönlich wichtig.
Der 40-Tonner kostet etwa eine halbe Million Euro, kann aber genau so viel wie seine Verbrenner-Kollegen. Statt Diesel hat er 31 Kilogramm Wasserstoff dabei, das reicht ihm für 400 Kilometer Fahrt.

Pro 100 Kilometer verbraucht er Wasserstoff für ungefähr 150 Euro, das ist etwa dreimal so viel wie ein Diesel-Laster an der Tankstelle ausgibt. Dafür entfällt in der Schweiz bei diesem Lkw die Schwerlastabgabe, durchaus ein nicht unerheblicher Kostenfaktor.
Stadt will Thema Tankstelle angehen
„Diese Investition wäre uns ohne eine Förderung seitens des Bundes so noch nicht möglich gewesen“, sagt Neininger. Eigentlich habe das Unternehmen sinnvollerweise auch gleich noch eine Wasserstofftankstelle bauen wollen. Dafür gab es aber noch keine Fördergelder.
An solch einer Wasserstoff-Tankstelle in Villingen-Schwenningen wären jedoch viele interessiert. „Das würden wir sehr gerne möglichst bald zusammen mit Investoren wie der Spedition Bächle angehen“, sagt jedenfalls Oberbürgermeister Jürgen Roth. „Wo die dann genau hinkommen kann, ist noch offen, aber wir hätten dann die Chance bei solch einer Elektrolyse-Anlage die Abfallprodukte Wärme und Sauerstoff ebenfalls zu nutzen.“
Es gibt Bedarf und Hürden
Philipp Hilsenbeck von der Industrie- und Handelskammer (IHK) sieht einen Bedarf für Wasserstoff im Mobilitäts-Sektor. Das Interesse von Handwerk und Industrie sei durchaus erkennbar.

Um die Energiewende zu schaffen, muss seiner Meinung nach noch einiges geschehen, um die Akzeptanz bei den Unternehmern weiter voran zu treiben. Vor allem sollte es wesentlich einfacher sei, entsprechende Fördermittel zu beantragen. „Im Moment sind das alles noch komplizierte und zeitintensive individuelle Projekte. Das kann ein normaler Betrieb ohne Hilfe nicht stemmen“, sagt Hilsenbeck.
Pipeline statt Leuchtturm
Der FDP-Landtagsabgeordnete Frank Bonath ist der Ansicht, dass es neben diesen lokalen Initiativen für die Region entscheidend sein werde, an ein angedachtes Wasserstoff-Pipelinenetz angebunden zu werden.
Generell sieht er auch das Problem, dass im Land meistens nur Leuchtturm-Projekte gefördert werden, bei denen die Gelder vornehmlich an Institutionen und große Konzerne gehen. Praktikable Projekte im ländlichen Raum, wie in diesem Fall, stünden eher weniger im Fokus der Verantwortlichen. „Auch das muss sich ändern, damit wir die Energiewende schaffen“, findet Bonath.
Deutschland verpasst den Wasserstoff-Zug
So verwundert es alle Anwesenden auch etwas, dass dieser innovative Wasserstoff-Lkw aus Südkorea kommt, weil immer noch kein deutscher Hersteller diese Technologie liefern kann. Die Spedition Bächle hatte schlichtweg kein anderes Angebot. In der Schweiz laufen bereits seit zwei Jahren solche Lkw erfolgreich in einem großen Feldtest. Darauf will man jetzt auch im Schwarzwald aufbauen.
Edgar Schmieder – der St. Georgener Wasserstoffexperte unterstütze Bächle beim Förderantrag – vertritt auch die Meinung, dass Deutschland sehr wohl den zukünftigen Bedarf an grünem Wasserstoff selbst produzieren könne.

„Dazu müssen wir die Themen viel mehr Gesamtheitlich denken und unangetastete Potentiale einfach nutzen“, so Schmieder.
So sicher und leise ist die Technik
Für Fuhrparkleiter Alexander Klee steht neben den Betriebskosten und Umweltfreundlichkeit vor allem auch das Thema Sicherheit im Fokus. „Eine Brand- oder Explosionsgefahr gibt es bei diesen Fahrzeugen nicht. Selbst wenn ein Ventil mal undicht werden sollte, kann nichts brennen oder giftige Gase entstehen, diese Technologie ist in dieser Anwendung absolut ungefährlich“, erklärt Klee.
Und Lärm erzeugt dieser Lkw auch nicht, wenn sein Elektromotor beschleunigt hört sich das an wie bei einer Straßenbahn, so wie man das inzwischen auch von Elektroautos kennt.
Flotte soll noch 2023 wachsen
Für Spedition Bächle ist das alles auch erst ein Anfang. Neben diesem neuen Wasserstoff-Lkw betreibt sie bereits einen kleineren batteriebetriebenen Lastwagen für den städtischen Bereich und mehrere vollelektrische Autos. Bis Ende 2023 soll die Flotte um weitere sechs große Wasserstoff- und sechs kleinere Batterie-Lastwagen aufgestockt werden.

Bis dahin dürfte auch die Wasserstoff-Zulassung beim Landratsamt einfacher werden. „Das hat dieses Mal noch ein paar Stunden länger als normal gedauert, weil bei der Zulassungsstelle in Villingen niemand so richtig wusste, wie man die Daten für dieses Fahrzeug im Computer eingeben muss, um auch ein Kennzeichen mit dem entscheidenden E an der hinteren Stelle ausstellen zu können“, erzählt Fuhrparkleiter Alexander Klee belustigt.