Schlaghosen, farbenfrohe Mustertapeten, Prilblumen an Küchenfliesen, Einführung der Anschnallpflicht im Auto und vieles mehr prägte die 1970er-Jahre. Jeder verbindet seine Erinnerungen an das Jahrzehnt mit persönlichen Erlebnissen. In St. Georgen war zu diesem Zeitpunkt das Nachtlokal und Tanzcafé „Ex“ in der Hauptstraße der Anlaufpunkt in St. Georgen. Bis es an Ostern 1978 ein Raub der Flammen wurde.
Einer, der sich noch gut an das „Ex“ erinnert, ist Werner O. Seinen ganzen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Er war 1973 bis 1978 hauptberuflicher DJ in den Lokalen der „Ex“-Kette, die neben St. Georgen auch in Schramberg, Rottweil, Ebingen und in Laufen an der Eyach waren. Als „DJ Jerry“ sorgte er für die richtige Musik. Er erinnert sich noch gut an seinen damaligen Arbeitsplatz.
„Das Ex in St. Georgen war ein eher rustikales, aber nobles Lokal mit weißem Rauhputz und dunklen Eichenbalken, an denen Kutschenlampen aus Messing hingen“, beschreibt DJ Jerry das Interieur. In der Mitte war eine Tanzfläche mit einem Glasboden. Im zweiten Stock war eine Balustrade, von der aus man das Geschehen auf der Tanzfläche beobachten konnte. Musikalisch war das „Ex“ am Mainstream der damaligen Zeit orientiert. „Ich habe normale Tanzmusik gespielt. Foxtrott, Rock‘n‘Roll, Discofox. Hits von Sweet, Boney M., den so genannten Philisound. Mainstream halt“, erinnert sich der ehemalige Discjockey.
Das Tanzcafé war täglich von 20 Uhr bis 4 Uhr früh geöffnet. Immer wieder gab es auch besondere Aktionen. „Wir haben die Wahl der Disco-Queen und des Disco-Kings gemacht. Und einmal im Monat gab es freitags einen bayrischen Bierabend mit Fassanstich und lustigen Wettbewerben, wie Maßkrug stemmen.“

An seine Gäste erinnert sich der DJ, der auch selbst begeisterter Musiker ist, noch gerne. „Wir hatten viele tolle Stammkunden, die eigentlich mehr Freunde als Gäste waren.“ Auch an die In-Getränke von damals erinnert sich DJ Jerry noch genau. „Asbach-Cola und Apfelkorn.“ Sonntagnachmittags war das „Ex“ immer auch für Jugendliche geöffnet, die dort bei einer Cola abtanzen konnten.
1978 trat im „Ex“ in St. Georgen auch Drafi Deutscher auf. Der Schlagersänger (“Marmor, Stein und Eisen bricht“) versuchte nach einem Karriereknick ein Comeback und tingelte durch Diskotheken. „Das war ein schöner Abend“, erinnert sich Werner O.
Auch an eine bislang in der Öffentlichkeit nicht bekannte Anekdote erinnert sich DJ Jerry. „Eines Abends, ich war eigentlich im Ex in Laufen an der Eyach (Zollern-Alb-Kreis) eingeteilt, erhielt ich einen Anruf. Ich sollte sofort nach St. Georgen fahren und dort auflegen, weil der dort eingeteilte DJ ausgefallen wäre. Auf die Frage, weshalb der DJ ausgefallen sei, sagte man mir, dass er wegen der Beteiligung an einem Bankraub verhaftet worden sei“, sagt er und muss noch heute darüber schmunzeln.

Die Geschichte des Tanzcafé „Ex“ endete jäh. Am frühen Morgen des Ostersonntags 1978 brannte das Tanzcafé komplett nieder. Die genaue Brandursache ist bis heute ungeklärt.
Unsere Serie
In der großen SÜDKURIER-Sommerserie „Gedächtnis der Region“ blicken wir in unseren Lokalteilen zurück in die 70er Jahre und zeigen Ihnen anhand von Bildern und Geschichten, wie sich das Leben in unserer Region verändert hat. Alle Folgen der Serie finden Sie hier.